»Ich mochte ... dich um ... Verzeihung ... bitten.« Hophras Atem ging nur noch flach. Er mu?te um jedes Wort ringen, »Ich wollte . dich nicht . schlagen . zu gefahrlich ... in der ... Stadt.«

Samu nickte und strich ihm das schwei?verklebte Haar aus der Stirn. Seine Haut fuhlte sich schrecklich kalt an. Ganz so, als habe Anubis ihn schon mit sich auf die Reise in das Reich des Osiris genommen.

»Ich habe ... den Pharao ... nicht verraten.«

Samu druckte ihm sanft die Hand. Was sollte sie dazu schon sagen. Offenbar war er bereits nicht mehr Herr seiner Sinne.

»Ich stehe . noch immer . in . seinem Dienst. Er wollte . den Aufstand. Er . hat mir uber . Simon meine . Befehle geschickt. Ich . durfte mich . dir nicht offenbaren . « Keuchend hielt der Krieger inne. Seine Wunde hatte wieder zu bluten begonnen.

Samu brauchte einen Augenblick, bis sie den vollen Umfang seiner Behauptung begriffen hatte. Ob er sie belog? Auf dem Sterbebett? Und woher kannte er Simon und wu?te, da? sie uber den Judaer Kontakt nach Ephesos halten sollte?

»Warum sollte der Neue Osiris einen Aufstand in Tyros wollen? Welchen Nutzen hatte er davon?«

»Es sollte ... so aussehen, ... als habe Berenike ... die Rebellion geplant. Gabinius hatte ... dann einen ... Grund gehabt ... in Alexandria ... einzumarschieren ... und Ptolemaios ... wieder zu ... seinem Thron zu verhelfen.«

»Aber Elagabal hatte doch Kontakt zu Berenike!«

Hophra lachelte. »Ich habe ihn . getauscht. Alle . Briefe waren ... gefalscht.«

»Und die Waffenlieferung? Woher kamen die Schwerter?«

»Pompeius . er hat sie . uns uber . Vertraute in Kreta . zugespielt. Hast .    du dich . nie gefragt . warum es . ausgerechnet . romische Schwerter waren? Sie . stammten von . einer seiner . ausgemusterten . Legionen.«

Samu konnte einfach nicht glauben, was sie horte. Zu widersinnig erschien ihr das Ganze. »Aber Marcus Antonius? Wenn der Aufstand gegluckt ware, dann hatte er dafur mit dem Leben bezahlt. Man hat mir erzahlt, da? es deine Aufgabe war, ihn auf dem Platz vor dem Tempel zu erschie?en! Er gehort zu den Vertrauten des Pompeius. Der Feldherr hatte niemals geduldet, da? er stirbt!«

»Du irrst . Pompeius hatte zugestimmt . und auch Gabinius ... war eingeweiht. Man hat ... Antonius ausgewahlt . weil er aus keinem . bedeutenden Geschlecht ... stammt. Sein Tod ... hatte in Rom ... keine Folgen gehabt. Gleichzeitig . war er aber bedeutend . genug, um . den Mord als . Anla? fur einen . Krieg zu nehmen.«

Samu fuhlte sich wie versteinert. Immer wieder versuchte sie, nach einem Widerspruch in dem Komplott zu suchen. Nach einer Lucke, die die Geschichte als Luge entlarvte. Doch vergebens! Je langer sie daruber nachdachte, desto glaubwurdiger erschien ihr alles. Zu dem Hophra, den sie einst gekannt hatte, hatte es nicht gepa?t, da? er seinen Pharao verriet. Und nun zeigte sich, da? der Krieger an seiner Treue zu dem verbannten Herrscher festgehalten hatte. Er war bereit gewesen, eine ganze Stadt voller Unschuldiger, die nicht einmal begriffen, fur welches hinterhaltige Spiel sie mi?braucht wurden, fur den Thron von Agypten zu opfern. Zum ersten Mal fragte sich Samu, ob es nicht besser ware, wenn Berenike in Zukunft herrschen wurde.

So wie es schien, hatte sie weder mit den Mordanschlagen auf Ptolemaios noch mit der Rebellion in Tyros zu tun. Und doch wurde man sie als die Verantwortliche hinstellen.

»Die Briefe .«

Samu beugte sich zu Hophra hinab. Seine Stimme wurde immer leiser. »Du mu?t . bei Simon . die Briefe . abholen und sie ... Antonius geben. Versprich ... es mir ...« Plotzlich umklammerte der Sterbende Samus Hand mit einer Kraft, die sie ihm nicht mehr zugetraut hatte. »Schwore . es mir!«

»Ich schwore, da? der Brief in die richtigen Hande geraten wird.«

Die Zuge des Kriegers entspannten sich. Einen Moment lang lag er still und sah sie an.

»Denkst . du manchmal . an . die . Lowen . jagd?«

Samu schluckte. »Ja, oft.« Es war, als wurde ihr eine unsichtbare Faust den Hals zudrucken. Sie hatte kaum die Kraft, ein Wort hervorzubringen.

»Ich . liebe . dich . seit . wir . am . Brunnen .« Hophra hatte nicht mehr die Kraft, den Satz zu Ende zu fuhren. Jetzt war Samu es, die seine Hand fester druckte.

»Ich erinnere mich noch an jedes Wort, das du damals zu mir gesagt hast. Du warst so uberzeugt von deinem Weg als Krieger und davon, da? es dem Aufrechten niemals schwerfallen wurde, zwischen Gut und Bose zu unterscheiden.« Samu spurte, wie ihr Tranen die Wangen hinabliefen.

»Du . bist . so . schon .«

Die Priesterin wischte sich uber das Gesicht und bi? die Zahne zusammen. Sie wollte nicht, da? er sie weinen sah und ihre Schminke dunkle Linien uber ihr Gesicht zog.

»Wir . werden . wohl . nie . wieder . Wasser . zusammen . holen . « Hophras Hande zitterten. Seine Wunde hatte aufgehort zu bluten. Ein Hustenkrampf lie? den Krieger erbeben. Blut tropfte von seinen Lippen. Dann lag er still.

Lange starrte die Priesterin auf das ebenma?ige, schmale Gesicht Hophras. Heute morgen noch hatte sie ihn verflucht und jetzt . Jetzt konnte sie nicht fassen, da? sie nie wieder seinen warmen Atem auf ihren Brusten spuren wurde.

Frostelnd schlang sie sich die Arme um den Leib. Dann beugte sie sich vor und ku?te ihn ein letztes Mal.

»Was war er fur dich?« Philippos blickte die Priesterin uber die Feuerschale hinweg an. Sie hielt ihre Hande dicht uber die gluhenden Kohlen. Seit sie den Eshmun-Tempel verlassen hatten, zitterte sie, und der kalte Regen hatte ihr die Lippen blau geschminkt. In Simons Haus hatte man sie in warme Decken gehullt und ein Feuer aus Holzkohle fur sie entfacht, doch die Kalte schien nicht von ihr weichen zu wollen.

»Es gab eine Zeit, da habe ich ihn fur die Klarheit bewundert, in der er die Dinge gesehen hat. Vielleicht war es das, worin ich mich verliebt habe. Wenn er sprach, dann erschien alles immer so einfach . Er hat mit den Jahren seinen Weg verloren, doch ich glaube, er hat es nicht einmal gemerkt.« Die Priesterin lachelte traurig. Sie blickte zu den beiden Briefen, die Simon ihnen gegeben hatte.

»Was steht darin geschrieben?« Philippos warf einen fluchtigen Blick auf die geoffneten Papyrusrollen und die langen Kolonnen der seltsamen Bildzeichen, mit denen sie beschrieben waren. Samu hatte ihm von der Intrige des Pharaos erzahlt, doch hatte er auch das Gefuhl, da? sie ihm manches verschwieg.

»Lugen!« schnaubte die Priesterin verachtlich. »Die Briefe tragen das Siegel Berenikes, und sie sind im Stil eines gebildeten Hofschreibers verfa?t. Wenn ich nicht wu?te, woher sie kommen, ich hatte sie sicherlich fur echt gehalten. Mit dem ersten verspricht die Herrscherin, Elagabal Waffen zu schicken. Der zweite Brief handelt davon, da? der Aufstand in Tyros ein Zeichen sein soll, auf das hin eine agyptische Armee nach Syrien in Marsch gesetzt wird.«

»Wenn diese Briefe nach Rom gelangen, dann kann der Senat Gabinius nicht langer einen Angriff auf Agypten verbieten. Ptolemaios wird uns reich entlohnen, wenn wir ihm diesen Dienst erweisen. Wir sollten allerdings darauf achten, da? Antonius nicht erfahrt, welche Rolle man ihm in diesem Spiel zugedacht hatte.«

Die Priesterin schuttelte den Kopf. »Glaubst du wirklich, da? man uns belohnen wird? Ich furchte, von diesem Geheimnis zu sprechen, hie?e, Anubis zu rufen. Glaubst du wirklich, der Pharao oder auch Pompeius wurden es guthei?en, da? au?er ihnen noch jemand um dieses Komplott wei??«

Der Grieche strich sich nachdenklich uber den Bart. Wenn die Priesterin sich irrte, dann hie?e es, auf sehr viel Gold zu verzichten, wenn die Briefe vernichtet wurden.

»Wir sind geschickt worden, um herauszufinden, wer hinter dem Giftanschlag steckt«, murmelte Samu leise. »Wir haben unsere Aufgabe erfullt. Ptolemaios hat uns nicht in seine Geheimnisse eingeweiht, warum sollten wir ihm jetzt die Wahrheit sagen?«

Philippos beugte sich vor und nahm die beiden Briefe an sich, die auf einem niedrigen Hocker neben der Feuerschale lagen.

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