Gru? an einen
»Wir mussen Hophra finden! Er mu? auf einem der Dacher rund um den Tempelplatz stecken!« Ohne sich nach Abimilku umzusehen, sturmte Philippos durch das Tor auf den Platz zuruck. Doch die Menschenmenge war noch dichter geworden.
Schreiend und rucksichtslos die Ellbogen benutzend, kampfte er sich vorwarts. Den Kopf hatte er in den Nacken gelegt und blickte zu den Dachern empor. Er hoffte auf ein verraterisches Funkeln von Metall, in dem sich die Sonne spiegelte, oder ein Zeichen, das der Gott des Lichtes geben mochte, um den Frevel zu verhindern. Jemand versetzte Philippos einen Sto?.
Der Grieche ging in die Knie. Ein Tritt traf ihn in die Seite. Er durfte hier nicht zu Boden gehen! Verzweifelt versuchte er, sich aufzurappeln. Wenn er sturzte, dann wurde er von den drangenden und schiebenden Massen zu Tode getrampelt werden.
Ein kraftiger Arm umschlang ihn von hinten. Er wurde hochgezogen. Abimilku! »Danke«, murmelte Philippos und rieb sich mit der Rechten uber die schmerzenden Rippen.
»Siehst du das dort oben?« Der Seemann wies mit ausgestrecktem Arm zum Dach des Tempels empor. »Kannst du die dunne Rauchsaule erkennen? Dort mu? er stecken!«
Philippos kniff die Augen zusammen und blickte in die Richtung, in die der Kapitan wies, doch konnte er nichts erkennen.
Eine Bo fegte uber die Dacher der Stadt hinweg, und am Horizont turmten sich drohend dunkle Wolken. Hatte der Wind die Rauchsaule aufgelost? Oder hatte Abimilku sich geirrt? Einen Augenblick lang zogerte Philippos. Wenn sie sich irrten, wurde keine Zeit mehr bleiben, um auf eines der anderen Dacher zu gelangen. Doch welche Wahl hatte er schon . Er blickte zum Hauptportal des Tempels, wo sich die Hohepriester und die Wurdentrager der Stadt versammelt hatten. Dort wurde man sie niemals durchlassen.
»Gibt es noch einen anderen Eingang zum Tempel?«
Abimilku nickte. »Auf der Ruckseite.«
»Dann la? uns nicht langer warten!«
Samu hatte darauf bestanden, Marcus Antonius mit in die Stadt zu begleiten. Zuerst war der Feldherr der Meinung gewesen, da? sie als Frau bei diesem gefahrlichen Unternehmen fehl am Platz sei, doch schlie?lich vermochte sie ihn dadurch zu uberzeugen, da? sie die einzige Ortskundige war.
Fur den Fall, da? sie aus der Stadt fliehen mu?ten, ware sie diejenige, die die Fuhrung ubernehmen wurde.
Schon zwei Stunden vor Morgengrauen hatte man Samu geweckt und in das Zelt des
Dort hatte sie einen groben Plan der Stadt in den Sand gezeichnet. Marcus Antonius wollte vor allem wissen, wie weit der sidonische Hafen vom Tempelplatz entfernt war und welche Fluchtwege man zum Hafen einschlagen konnte. Danach hatte er dafur gesorgt, da? man Samu ein parthisches Reiterkostum brachte.
Es war das erste Mal in ihrem Leben, da? die Priesterin Hosen hatte anziehen mussen. Obwohl dieses Kleidungsstuck zum Reiten unbestreitbar praktischer war als ein Rock, fuhlte sie sich darin unwohl, ja fast schon eingesperrt. Die Beine der Hose waren weit geschnitten und mit stilisierten Rosenbluten bestickt. Als Oberteil trug sie eine kurze Reittunica mit langen Armeln. Dazu trug sie eine skythische Mutze, die ihr langes Haar verbarg. So maskiert, konnte man sie auf ein paar Schritt Entfernung durchaus fur einen zart gebauten Knaben halten.
Mit Sonnenaufgang war der kleine Reitertrupp aufgebrochen.
Im Gefolge des
Flankiert von den Fu?soldaten, zogen sie durch die auf dem Festland gelegenen Viertel von Tyros, bis sie den gro?en Damm erreichten. Dort schlo? sich ihnen ein weiterer Trupp Soldaten an.
Die schwule Hitze machte Samu zu schaffen. Ihre Hose klebte ihr schwei?na? an den Beinen und scheuerte an ihren Leisten, so da? sie wunschte, sie wurde ein Kleid tragen. Schon auf dem Damm glaubte sie spuren zu konnen, welche Bedrohung von der Inselstadt ausging.
Dunkle Wolken ballten sich hinter den hohen Festungswallen weit drau?en auf dem Meer zusammen. Ob die Meeresgotter die Tyrener wohl unterstutzten? Nervos blickte die Priesterin auf die See und dachte daran, da? dort, wo sie jetzt ritt, eigentlich das Meer sein sollte. Der breite Damm kam ihr angesichts der weiten Wasserflache jetzt so schmal wie eine Nabelschnur vor, und ihr wurde bewu?t, wie verganglich das Werk der Menschen im Vergleich zu den Gewalten der Gotter war.
Die Gallier hinter ihr unterhielten sich gedampft in ihrer seltsamen Sprache, die der Priesterin so fremd wie Vogelgezwitscher war. Ihre Stimmen schienen ein klein wenig schriller zu klingen, und sie lachten auch lauter uber ihre Spa?e als zuvor.
Auch sie schienen die stumme Bedrohung zu spuren, die von der uralten Stadt ausging, die dereinst
Als sie das neue Tor erreichten, das dort errichtet worden war, wo der Damm auf die Insel traf und die Truppen Alexanders einst eine Bresche in die Stadtmauer geschlagen hatten, ertonten Horner zu Ehren des Feldherren.
Der Stadtkommandant schrie uber den Hornerklang hinweg seinen Truppen Kommandos zu. Die Tore offneten sich auf die breite, mit Mosaiken geschmuckte Stra?e, die geradewegs ins Herz der Stadt zum
Der Stadtkommandant hatte dafur gesorgt, da? jetzt rechts und links des Reitertrupps flankierend Fu?soldaten marschierten. Auch in der Front und im Rucken waren die Reiter abgeschirmt. Laut ertonte der Marschtritt der Soldaten auf den Mosaiken und ubertonte das Gerausch der unbeschlagenen Pferdehufe.
Die Menschenmenge war fast still. Hier und dort tuschelten einige leise miteinander und zeigten auf den Feldherren, der fur den Einritt in die Stadt einen bronzenen Muskelpanzer angelegt hatte und einen schweren, von einem wei?en Federbusch gekronten Helm trug.
Samu empfand die Blicke der Menschen und ihr Schweigen als bedrohlicher als jeden laut herausgeschrieenen Fluch. Sie hatte den Eindruck, da? die Tyrener auf etwas warteten.
Selbst die Gallier waren verstummt. Nervos musterten sie die Stadtbewohner. Glei?end brach sich das Sonnenlicht auf ihren blankpolierten Speerspitzen.
Vor ihnen offnete sich jetzt der weite Tempelplatz. Samus Hande krallten sich in die Zugel. Hier wurde sich das Schicksal des Feldherren entscheiden! Marcus Antonius hielt sich betont gerade im Sattel. Samu konnte ihn nur von hinten sehen, doch hatte sie den Eindruck, da? er, stolz erhobenen Hauptes, bereit war, die ganze Stadt zu fordern. Ob er sich jetzt gro?er als Alexander fuhlte? Die Priesterin konnte nicht begreifen, warum sich der
Einen Herzschlag lang dachte Samu daran, was wohl geschehen mochte, wenn tatsachlich der Gott der Stadt die Herausforderung annehmen wurde ... Doch ein Blick auf die zornigen Gesichter der Menschen, die den Tempelplatz wie eine lebende Mauer umschlossen, genugte, um ihr erneut klar zu machen, da? es keines Gottes bedurfte, um die Romer zu vernichten.
Keuchend hetzte Philippos die letzten Treppenstufen hinauf.
Vom Platz her konnte er den schweren Marschtritt der Legionare horen. Nicht mehr lange, und der Agypter wurde schie?en. Wahrscheinlich konnte er Marcus Antonius schon sehen!
Ein letzter gro?er Schritt, und er stand auf dem Flachdach des Tempels. Im gleichen Augenblick, in dem