sich gerade mit seinen Tribunen und hat keine Zeit.« 

Samu blickte an sich hinab. Ihr schlichtes Gewand war von Staub bedeckt. Es war kein Wunder, da? der Legionar sie nicht in das Lager lassen wollte. Noch dazu, wo sie diesen schweigsamen, tatowierten Beduinen an ihrer Seite hatte. Haritat hatte ihr den Mann als Wache und Fuhrer mitgegeben.

Den ganzen Weg uber hatte der Kerl keine drei Worte mit ihr gesprochen, ja, er hatte sie kaum eines Blickes gewurdigt. Vermutlich interessierte er sich mehr fur Manner als fur Frauen.

»Wenn Marcus Antonius erfahrt, da? du mich, die Gesandte des Ptolemaios, abgewiesen hast, dann wird er dir den Kopf vor deine Fu?e legen lassen. Ich bin nicht den weiten Weg von Ephesos gekommen, um mich von dir aufhalten zu lassen. Glaube mir, ich werde einen Weg finden, um den Magister equitum zu sprechen. Nenn mir deinen Namen, Soldat. Der Feldherr soll wissen, wer mich aufgehalten hat.«

Der Mann kratzte sich unbehaglich hinter dem Kinnriemen seines Helms, ganz so, als fuhle er bereits das Schwert des Henkers an seinem Hals. Dann lachelte er verlegen. »Ich denke, der wachhabende Centurio soll entscheiden, ob Ihr vorgelassen werdet. Ich werde ihn holen.« Er drehte sich zu einem Mann um, der ein Stuck weiter im Schatten einer Palme sa?.

»Marius! Bring den Gesandten frisches Wasser und kummere dich um ihre Reittiere!« Der Legionar nickte Samu noch einmal kurz zu und entfernte sich dann eilig.

Samu lie? ihr Kamel niederknien und sprang ungelenk aus dem Sattel. Sie hatte schon fur Pferde nicht viel ubrig, doch Kamele waren noch erheblich unkomfortablere Reittiere. Um richtig im Sattel sitzen zu konnen, hatte sie ihr Chitonion bis weit uber die Knie raffen mussen.

Sie nahm die kleine, lederne Tasche vom Sattelhorn, in der die drei Schrifttafeln verwahrt waren, die ihr Haritat vor der Abreise gegeben hatte. Sie stammten aus dem Archiv Elagabals. Der Beduine hatte die Tafeln von Hophra mit der Anweisung bekommen, er solle sie an die Priesterin aushandigen, sobald sie Jerusalem erreichten. Es handelte sich um die Frachtliste des Schiffes, das unter dem Kommando von Oiagros nach Ephesos gesegelt war. Auf ihr waren all jene Geschenke verzeichnet, die man an den Hof des Ptolemaios gebracht hatte. Doch wichtiger noch war der Name, der auf den Tafeln stand. Der Name des Mannes, der das Schiff von Elagabal gemietet hatte. Es war der gleiche Name, den Haritat ihr genannt hatte, als sie zum Abschied nach dem Mann fragte, der die Luxusartikel aus Agypten hatte kommen lassen.

Der Soldat, der davongeeilt war, um seinen Centurio zu holen, kehrte mit einem bulligen, rotgesichtigen Krieger an seiner Seite zuruck. Schnaufend blieb der Kerl vor Samu stehen.

»Du behauptest also, eine Gesandte des Konigs Ptolemaios zu sein?« Der Offizier musterte sie eingehend. »Ich habe schon agyptische Hofdamen gesehen. Fur mich hast du nicht sehr viel Ahnlichkeit mit ihnen. Aber wenn man dich wascht, magst du vielleicht ganz ansehnlich sein. Mach dich daraufgefa?t, da?, wenn du dir hier einen Spa? erlaubst, der Praefectus equitum ein Mann ist, der sich herausnehmen konnte, auch seinen Spa? mit dir zu haben.« Der Centurio lachelte anzuglich und wischte sich mit dem Arm uber das verschwitzte Gesicht.

Samu nickte ihm zu und erwiderte sein Lacheln. »Dann hoffen wir, da? auch du deinen Spa? haben wirst, nachdem ich Marcus Antonius erzahlt habe, auf welche Weise du mich empfangen hast.« Die Priesterin drehte sich um und nickte dem Beduinen, der sie begleitet hatte, kurz zu. »Du kannst jetzt zu Haritat zuruckkehren und ihm sagen, da? ich den Fluch von ihm genommen habe.« Dann folgte sie dem romischen Offizier in das Lager.

Die Legionare hatten ihr Nachtlager nahe der Kustenstra?e um einen Brunnen herum gebaut. Es war von einem hufttiefen Graben umgeben und zusatzlich durch einen niedrigen Erdwall geschutzt, der von einer Holzpalisade gekront wurde.

Ein Teil der Legionare war noch damit beschaftigt, Zelte aufzuschlagen. Der Duft von frisch gebackenem Brot lag in der Luft. Einige gro?gewachsene, blonde Reiter striegelten ihre Pferde. Sie verfolgten Samu mit Blicken und machten Spa?e in einer Sprache, die die Priesterin nicht verstand, doch war sie sicher, da? diese Barbaren sich nicht daran storten, da? sie zerzaust und ungewaschen war.

Die Priesterin folgte dem Centurio auf einer Stra?e, die durch die Mitte des Lagers direkt zum Praetorium fuhrte. Dort war ein gro?es Zelt aus rot gefarbtem Leder aufgeschlagen, vor dem ein Trupp fremdlandischer Soldaten mit struppigen, rotblonden Schnauzbarten auf Wache stand.

»Warte hier«, brummte der Centurio und bedachte sie mit einem hamischen Blick. »Ich will sehen, ob der Praefectus equitum Zeit fur dich hat.« Der Offizier gru?te die Wachen und verschwand dann im Zelt.

Es verging eine ganze Weile, bis er in Begleitung eines jungen Soldaten wieder heraustrat. Fast hatte Samu in ihm nicht mehr den Mann wiedererkannt, von dem sie sich vor mehr als einem halben Jahr im Hafen von Misenum verabschiedet hatte. Seine Haut war sonnengebraunt, sein Gesicht von Bartstoppeln gerahmt, und tiefe, dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Marcus Antonius wirkte erschopft, und in seinen Zugen spiegelte sich eine Harte, an die sich die Priesterin von ihrer letzten Begegnung nicht erinnern konnte. Der Feldherr musterte sie einen Augenblick und wirkte im ersten Moment unschlussig, bis plotzlich ein Lacheln um seine Lippen spielte. »Samu, nicht wahr?«

Die Priesterin verneigte sich. »Es schmeichelt mir, da? Ihr Euch an eine unbedeutende Dienerin des Pharaos erinnern konnt.«

»Ich habe weder dich noch deine charmante, kleine Schulerin vergessen, Priesterin. Wenn ich mich recht erinnere, haben wir fruher in einem vertrauteren Ton miteinander gesprochen. Ich bin zwar jetzt der kommandierende Feldoffizier in diesem Lager, doch davon abgesehen bin ich immer noch derselbe Mann wie fruher. Es gibt also keinen Grund, mich so formell anzusprechen. Mit solchen Kleinigkeiten halten wir uns hier im Lager nicht auf.«

»Ich danke dir fur diesen warmherzigen Empfang. Ich mu? gestehen, da? ich mit einiger Sorge gekommen bin, nachdem der Centurio der Torwache mir in Aussicht gestellt hatte, man konnte mich vielleicht wie eine Hetaire behandeln.«

Marcus Antonius lachte und blickte zu dem Offizier, der sich sichtlich unwohl in seiner Haut fuhlte. »Ich furchte, Sextus hat schon zu lange kein Weib mehr begluckt. Du mu?t wissen, da? meine Manner seit fast vier Monaten im Feld stehen und sie kaum Gelegenheit hatten, sich nach Unterhaltung umzusehen. Da kann es schon einmal passieren, da? eine so schone Frau wie du sie auf unziemliche Gedanken bringt. Doch la? uns nicht langer hier drau?en stehen.« Der Praefectus gab seinen Leibwachen ein Zeichen, und die Krieger lie?en Samu passieren.

Das Zelt des Feldherren wurde von einem gro?en Tisch beherrscht, auf dem Landkarten und allerlei Schriftrollen lagen. Drei junge Tribunen standen um den Tisch herum und musterten Samu kritisch, als sie eintrat.

Die Priesterin rausperte sich verlegen. »Ich habe eine wichtige Nachricht fur dich, die ich dir lieber unter vier Augen mitteilen wurde.«

»Mach dir keine Gedanken, ich habe keine Geheimnisse vor meinen Mannern.« Antonius lachte laut. »Au?erdem ware es schlecht fur die Moral der Truppe, wenn ich allein mit dir in diesem Zelt bleiben wurde. Bislang habe ich mir kein Vergnugen gegonnt, das ich nicht auch einem einfachen Soldaten zubilligen wurde. Nicht, da? ich dir zu nahe treten wollte, Samu, doch da ich einen gewissen Ruf unter den Mannern habe, wurde es bestimmt Gerede geben ...« Der Praefectus lachelte verschmitzt.

Die Priesterin spurte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Doch dann fa?te sie sich und begann, dem Feldherren von den Giftmorden in Ephesos und den Vorfallen in Tyros zu erzahlen.

Marcus Antonius hatte sich inzwischen einen Becher voller Wein eingeschenkt und sich auf einer Ecke des Kartentischs niedergelassen. Als Samu ihren Bericht beendet hatte, schuttelte er nachdenklich den Kopf. »Diese Phonizier! Sie denken zu kompliziert. Kein Wunder, da? sie ihre Macht verloren haben. Heute morgen erst hat mich ein Bote dieses Kaufmanns Iubal aufgesucht. Er hat mich genau wie du vor dem Anschlag gewarnt, den man auf mich veruben will. Und jetzt kommst du daher und erklarst mir, da? der Mann fur ein Mordkomplott verantwortlich ist, das sich gegen den Pharao richtet. Was soll man davon halten? Iubal versucht, mein Leben zu retten und will zugleich einen Verbundeten Roms ermorden lassen. Mir scheint, wir werden morgen einen interessanten Tag mit den Stadtvatern von Tyros verleben.«

Samu starrte den jungen Feldherren entgeistert an. »Du willst doch nicht etwa trotz der Warnungen in die Stadt? Ganz Tyros ist bereit zum Aufstand! Es wird ein Blutbad geben!«

»Ich kann nicht anders«, entgegnete Antonius zynisch lachelnd. »Der Hohepriester hat mich eingeladen, an

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