umbringen lassen? Liebte er sie am Ende doch?

»Der Handel mit den Schatzen Agyptens wird dich noch zu einem reichen Mann machen!« brummte der Kameltreiber, der sich neben dem Karawanenfuhrer niedergelassen hat. »Wie es scheint, bist du ein Liebling der Gotter, Haritat!«

»Du wei?t, da? ich meinen Reichtum mit meinen Freunden teile .«

»Du reist oft nach Agypten?« Die Worte des Beduinen hatten die Priesterin aufhorchen lassen. Sollte sie hier die Spur finden, nach der sie im Archiv Elagabals vergeblich gesucht hatte?

»Ich war erst einmal in Alexandria, meine Schone. Eine prachtige Stadt. Ich habe dort allerlei Schatze eingehandelt. Es war keine schone Aufgabe. Ich mu?te mir eigens Soldner anmieten, weil zu befurchten war, da? wir in der Wuste uberfallen wurden, wenn sich herumspricht, was fur Kostbarkeiten meine Karawane transportiert.« Der Beduine grinste selbstzufrieden. »Du mu?t wissen, ich bin ein geschatzter und zuverlassiger Mann. Der Phonizier, fur den ich diese Waren transportiert habe, war zwar ein gottloser Verruckter, aber er war reich wie ein Pharao! Dieser Mann besitzt mehr als zwanzig Schiffe und la?t die Waren mit einer Karawane auf dem Landweg von Alexandria nach Tyros bringen! Ist das nicht verruckt? Zur See hatte es weniger als die halbe Zeit gedauert, und es hatte ihn nichts gekostet, denn die Schiffe gehoren ihm ja!«

»Manchen Mannern verwirrt der Reichtum den Verstand.« Samu nickte Haritat freundlich zu. »Ich kenne selbst einen dieser Verruckten. Er ist noch blutjung. War Elagabal dein Geschaftspartner? Hast du auf diese Weise Hophra kennengelernt? Diese Posse hort sich ganz nach seinem Herren an.«

Haritat zwinkerte ihr mit den Augen zu. »Halte mich nicht fur dumm, meine Prinzessin. Ich werde dir keine Namen verraten. Wer mich so gut bezahlt wie dieser Phonizier, der kann auf meine Verschwiegenheit rechnen.« Der Beduine erhob sich und gab seinem Gefahrten ein Zeichen, ihm zu folgen.

Philippos schabte nervos mit dem Fu? uber den gepflasterten Boden. Plotzlich war er nicht mehr sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Wie konnte er glauben, da? Chelbes besser war als all die anderen? Nur weil er ein guter Heilkundiger war? Es gab sonst niemanden, den er ins Vertrauen ziehen konnte. Der Hohepriester hatte ihm das Angebot gemacht, zu ihm zu kommen, wenn er Hilfe brauchte .

Chelbes trat durch das Eingangsportal des Heiligtums auf den Hof und nickte ihm freundlich zu. Philippos fluchte leise.

Jetzt war es zu spat, um noch zu gehen. Er konnte allenfalls irgendwelche Ausfluchte erfinden.

»Du siehst aus, als hattest du Sorgen, Bruder.«

Der Grieche schaute sich nervos um. Der Mann, der ihm schon den ganzen Morgen uber folgte, war vor einem kleinen Schrein an der Ruckseite des Hofes niedergekniet, und es schien, als bete er. »Gibt es einen Ort, an dem wir ungestort reden konnen? Es ist besser, wenn es fur unser Gesprach keine Zeugen gibt, Herr.«

Chelbes runzelte die Stirn. »Ist es so schlimm? Wirst du verfolgt? Hier im Tempel wird niemand es wagen, dir etwas zuleide zu tun.«

»Ich wurde nicht darauf dringen, wenn ich keinen guten Grund dazu hatte«, knurrte Philippos gereizt. »Mit dem, was ich Euch zu sagen habe, Herr, lege ich mein Leben in Eure Hand. La?t mich dies wenigstens an einem Ort tun, der mir dafur geschaffen erscheint.«

»Wenn du mich wieder wie deinesgleichen ansprichst und die formlichen Floskeln aufgibst, dann werde auch ich mich deinen Wunschen fugen.«

Philippos blickte den Hohepriester einen Moment lang verwundert an. Es ging hier um das Schicksal seiner Heimatstadt, und Chelbes diskutierte mit ihm uber Floskeln! Hatte er sich vielleicht in dem Mann getauscht? War er nicht minder verruckt als all die anderen Phonizier? Doch es war auf jeden Fall kluger, auf den Hohepriester einzugehen. »Es schmeichelt mir, da? du in mir deinesgleichen siehst, Chelbes. Ich nehme dein Angebot gerne an.«

Der Priester lachelte. »So ist es gut. Dann folge mir nun. Es gibt eine schmale Treppe, die auf das Dach des Tempels fuhrt. Dort oben werden wir alleine sein.« Chelbes fuhrte Philippos durch einen Seitenflugel des Tempels auf einen zweiten, verborgenen Hof, der allein den Priestern vorbehalten war. Dort erklommen sie die Stiege zum Dach. Der Eshmun-Tempel lag nicht weit vom Meer entfernt. Seine Ruckwand beruhrte fast die Stadtmauer, und von dem flachen Dach konnte man uber die Zinnen der Mauer hinweg auf die See blicken. In die andere Richtung hatte man einen guten Blick uber die Dacher der Stadt. Nur der Melkart-Tempel, der ungefahr in der Mitte von Tyros lag, war noch hoher.

»Nun, was hast du mir zu sagen, Bruder?« Der glatzkopfige Priester blickte Philippos mit seinen dunklen Augen erwartungsvoll an.

Der Arzt erzahlte ihm alles, was er uber die Verschworung wu?te, lie? die Geschichte um den Mordanschlag auf Ptole-maios allerdings aus. Chelbes horte ihm ruhig zu. Als der Grieche geendet hatte, zog der Priester die Stirn in Falten und blickte Philippos einige Herzschlage lang schweigend an.

Schlie?lich seufzte er leise. »Ich wei?, was in der Stadt vor sich geht. Auch ich beobachte die Ereignisse mit Sorge, doch kann ich nichts tun. Azemilkos, der Hohepriester des Melkart, behauptet, es sei der Wille des Gottes, da? Marcus Antonius stirbt und die Romer vertrieben werden. Ich werde mich nicht gegen einen Gott auflehnen, Soldner. Wie die anderen Hohepriester werde auch ich den Feldherren vor dem Tempel des Melkart erwarten. Wenn der Gott ihn nicht richtet, und ich sehe, da? es die Menschen sind, die sich gegen Marcus Antonius emporen, dann werde ich meine Stimme erheben und versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Sollte es aber der Wille Melkarts sein, da? wieder einmal Feuer und Schwert in unserer Stadt regieren, so werde ich treu zu den Meinen stehen.«

Philippos schuttelte verstandnislos den Kopf. »Du bist ein kluger Mann, Chelbes. Du mu?t doch wissen, was es hei?t, wenn die Romer Krieg fuhren. Keine Stadt hat ihnen je widerstehen konnen. Denk nur an Korinth, Syrakus oder das machtige Karthago!«

»Du hast mein Wort gehort, Grieche. Gleichgultig, was du mir zu sagen hast, ich werde meine Meinung nicht andern. Du kannst sicher sein, da? ich dich nicht verraten werde. Deine Sorge zeichnet dich als einen Ehrenmann aus, Philippos, doch mu?t du auch verstehen, da? ich als Hohepriester mich nicht wider die Gotter entscheiden kann.« 

19. KAPITEL

Samu war erwacht, als sie etwas auf ihrem Bein krabbeln spurte. Still verharrte sie und wartete, was geschehen wurde. Etwas hockte auf ihrem linken Oberschenkel. 

Es schien keine Schlange zu sein. Einen Augenblick uberlegte sie, ob sie die Decke zuruckschlagen sollte, um nachzusehen.

Vielleicht war es ja nur eine Wustenmaus ... Doch wenn nicht? Es war besser, still liegenzubleiben!

Haritat hatte ihr ein eigenes, kleines Zelt errichten lassen, in dem sie unbehelligt von den Blicken der Manner die Nacht verbringen konnte. Der Beduine hatte ihr zur Nacht sogar die Fesseln abgenommen. Gleichzeitig hatte er sie allerdings eindringlich davor gewarnt, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Wenn sie seinen Worten glauben konnte, dann waren nabataische Bogenschutzen als Wachen aufgestellt worden.

Das Ding unter ihrer Decke bewegte sich wieder! Deutlich spurte Samu, wie das Tier ihren Schenkel weiter hinaufkroch ... Spurte die starren Fu?e auf ihrer Haut.

Angstlich bi? sie sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien. Jetzt hatte sie keine Zweifel mehr, da? ein Skorpion unter ihrer Decke hockte. Endlich verharrte das Tier und pre?te seinen kalten Leib auf ihren Bauch.

Samu betete leise. Die vertrauten Worte nahmen ihr ein wenig Angst. Als Isis vor Seth in die Wuste geflohen war, da hatten sieben Skorpione sie begleitet, um sie zu beschutzen. Vielleicht war es ja die Gottin, die ihr das Tier geschickt hatte?

Drau?en dammerte es. Die Priesterin konnte horen, wie das Leben im Lager erwachte. Sie atmete nur flach, so da? sich ihr Bauch kaum hob. Der Skorpion hockte jetzt unmittelbar unter ihrem Rippenbogen. Samu kam es so vor, als ware das Tier ungewohnlich gro?. Sie wurde es gerne sehen. Es war leichter, mit einer Gefahr umzugehen, der man ins Auge blicken konnte. Auch wu?te sie dann, ob es sich um einen der Skorpione handelte, deren Gift selbst Menschen zu toten vermochte, oder aber um eine harmlose Art.

Vorsichtig krallte sie ihre Zehen in den weichen Leinenstoff, und jedesmal, wenn sie ausatmete, zog sie die Decke mit den Fu?en einen Finger breit tiefer. »Petet, erhore mich! Sage deinem Bruder,

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