Schnauzbartes und seines weibisch anmutenden Gehabes.) »Er soll sich vorsehen, sonst stutze ich ihm seine Horner. Hute dich, kleiner Affe, hute dich!«

Zu seinem Ungluck jedoch lachte Alphonse, der inzwischen seine Furcht uberwunden zu haben schien, immer lauter uber »ce drole d'un monsieur noir«. Gerade wollte ich ihm die Warnung zurufen, da? er besser damit aufhoren solle, als plotzlich der riesige Zulu mit einem gewaltigen Satz von der Veranda sprang und vor Alphonse landete. In seinen Augen leuchtete eine Art bosartiger Begeisterung. Er begann, seine Axt im Kreise dicht uber dem Kopf des Franzosen wirbeln zu lassen.

»Bewegen Sie sich nicht!« rief ich. »Bleiben Sie ganz still stehen, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist. Er wird Ihnen nichts tun.« Ich bezweifle, da? Alphonse mich uberhaupt horte. Zu seinem Gluck schien der Schreck ihn fast versteinert zu haben, so da? er sich auch ohne meine Warnung nicht vom Fleck ruhrte.

Was dann folgte, war die au?ergewohnlichste Darbietung mit dem Schwert, oder besser, mit der Axt, die ich jemals gesehen habe. Zuerst kreiste die Axt uber Alphonses Kopf, mit einem scharfen Pfeifton und einer so immensen Geschwindigkeit, da? die Schneide aussah wie ein durchgehendes Band aus blitzendem Stahl. Der wirbelnde Kreis kam immer naher an den Kopf des ungluckseligen Alphonse, bis er schlie?lich wie eine Sense durch den Haarschopf des Kochs fuhr. Plotzlich anderte der singende Kreis seine Richtung, und nun flog die Schneide buchstablich am Korper des Franzosen entlang, immer auf und ab, nie mehr als ein Achtelzoll von den Gliedma?en entfernt, ohne sie jedoch auch nur zu streifen. Es war ein faszinierender Anblick: Der kleine Mann, dem offenbar klar geworden war, da? er sich nicht bewegen durfte, ohne einen raschen Tod zu riskieren, stand zur Salzsaure erstarrt da, wahrend sein schwarzer Peiniger sich drohend uber ihm erhoben hatte und ihn mit den stahlernen Blitzen seiner Axt gleichsam einwickelte. Dies ging so langer als eine Minute, bis ich plotzlich das pfeifende Ungeheuer seitlich am Kopf des Franzosen vorbeihuschen sah. Es folgte ein bogenformiger Schwung nach au?en, und dann blieb die Schneide abrupt hoch erhoben in der Luft stehen. Ein schwarzes, buschiges Etwas fiel im selben Moment zu Boden; es war eine der hochgezwirbelten Bartspitzen des kleinen Franzosen.

Umslopogaas lehnte sich auf den Stiel von Inkosi-kaas und brach in ein langanhaltendes, drohnendes Lachen aus. Alphonse sank, uberwaltigt und ermattet vor Furcht, auf die Knie, wahrend wir wie gebannt dastanden, noch immer gefangen in atemloser Faszination uber diese Lehrstunde nahezu ubermenschlicher Meisterschaft in der Handhabung einer Waffe. »Inkosi-kaas ist scharf genug!« rief Umslopogaas. »Der Hieb, der der Buffelkuh das eine Horn abschnitt, hatte ausgereicht, den Schadel eines Mannes vom Scheitel bis zum Kinn zu spalten. Nur wenige hatten ihn so fuhren konnen wie ich; und keiner hatte ihn au?er mir so fuhren konnen, da? er nicht auch die Schulter mit abgehackt hatte. Sieh her, du kleines Kalb! Glaubst du noch immer, da? man ungestraft uber mich lachen kann? Nur um Haaresbreite bist du dem Tode entronnen. Lache nicht noch einmal, sonst wird diese Haaresbreite schwinden! Ich habe gesprochen!«

»Was soll diese Narretei?« rief ich Umslopogaas emport zu. »Bist du verruckt geworden? Zwanzigmal warst du nahe daran, den Mann zu toten!«

»Und doch habe ich ihn nicht getotet, Macumazahn. Dreimal erschien in mir, als Inkosi-kaas noch uber ihm kreiste, das Begehren, ihm ein Ende zu bereiten und sie ihm mit lautem Krachen durch den Schadel fahren zu lassen. Und doch tat ich es nicht. Nein, es war nur ein Scherz. Aber sag der >Kuh<, da? es nicht gut ist, einen wie mich zu verspotten. Und nun gehe ich mir einen Schild machen, Macumazahn, denn ich rieche Blut; furwahr, ich rieche Blut. Hast du nie gesehen, wenn vor der Schlacht plotzlich die Geier am Himmel erscheinen? Sie riechen das Blut, Macumazahn, und meine Nase ist feiner als ihre. Dort hinten ist eine getrocknete Ochsenhaut; daraus werde ich mir einen Schild machen.«

»Da haben Sie aber einen ungemutlichen Gefolgsmann bei sich«, sagte Mr. Mackenzie, der Zeuge dieser au?ergewohnlichen Szene gewesen war. »Er hat Alphonse zu Tode erschreckt; schauen Sie doch nur!« Er machte eine Geste in die Richtung des kleinen Franzosen, der sich wieder aufgerappelt hatte und mit kalkwei?em Gesicht und zitternden Knien ins Haus wankte. »Ich glaube kaum, da? er noch einmal seine Spa?e mit >le monsieur noir< treiben wird.«

»Ja«, antwortete ich, »mit Umslopogaas ist nicht gut Kirschen essen. Wenn man ihn reizt, dann ist er wie ein Rasender; und doch hat er auf seine Weise ein weiches Herz. Ich erinnere mich noch, wie er vor Jahren mal wochenlang ein krankes Kind gesundpflegte. Er ist schon ein eigenartiger Mensch, aber er ist treu wie Gold und eine ehrliche Haut, und wenn Gefahr droht, dann ist er eine Stutze von unschatzbarem Wert.«

»Er sagt, er rieche Blut«, fuhr Mr. Mackenzie fort. »Ich will nur hoffen, da? er nicht recht behalt. Ich beginne mir langsam gro?e Sorgen wegen meiner Tochter zu machen. Sie mu? sehr weit gegangen sein, sonst ware sie schon langst wieder hier. Es ist schon halb vier.«

Ich erinnerte ihn daran, da? Flossie doch Proviant mitgenommen hatte und auch, wenn alles glatt abliefe, nicht vor Einbruch der Dunkelheit zu erwarten sei. Dabei machte ich mir langst selber gro?e Sorgen und furchtete, da? der Missionar nicht merken wurde, wie wenig ich von dem, was ich gesagt hatte, uberzeugt war.

Kurz darauf kehrten die Manner zuruck, die Mr. Mackenzie ausgesandt hatte, um nach Flossie zu suchen. Sie hatten wohl die Fahrte des Esels ein paar Meilen verfolgen konnen, hatten sie dann jedoch auf steinigem Boden verloren und nicht wiederfinden konnen. Daraufhin hatten sie die ganze Umgebung der Stelle, an der die Spur aufhorte, durchkammt, jedoch ohne Erfolg.

Der Nachmittag schleppte sich trage dahin; die Stimmung war sehr gedruckt. Als allmahlich die Abenddammerung hereinbrach und von Flossie noch immer kein Lebenszeichen gekommen war, wuchs die Besorgnis fast ins Unertragliche. Die arme Mutter schien von ihrer Furcht arg mitgenommen und machte einen au?erst niedergeschlagenen Eindruck. Der Vater indessen behielt einen bewundernswert kuhlen Kopf. Alles, was getan werden konnte, wurde auch getan. In alle Himmelsrichtungen wurden erneut Spaher ausgesandt; Schusse wurden abgefeuert und der Ausguck auf dem gro?en Baum wurde nun standig besetzt gehalten. Aber auch diese Ma?nahmen fruchteten nichts.

Die Nacht kam, und von der kleinen blonden Flossie war nach wie vor nichts zu sehen.

Um acht Uhr a?en wir zu Abend. Es war ein trauriges Mahl, Mrs. Mackenzie war gar nicht bei Tisch erschienen. Wir drei schwiegen die ganze Zeit uber; denn abgesehen von unserer naturlichen Sorge um das Verbleiben der kleinen Flossie lastete schwer das Gefuhl auf uns, da? wir es waren, die unseren freundlichen Gastgeber in diese traurige Lage gebracht hatten. Kurz bevor das Essen beendet war, stand ich auf, entschuldigte mich und verlie? die Tafel. Ich wollte nach drau?en und die Situation uberdenken. Ich ging auf die Veranda, zundete meine Pfeife an und setzte mich auf einen Stuhl, der etwa zwolf Fu? von der rechten Seite des Gebaudekomplexes entfernt stand, das hei?t - der aufmerksame Leser wird sich gewi? daran erinnern - genau gegenuber einer der engen Turen des Schutzwalles, der das Haus und den Blumengarten umschlo?. Ich hatte etwa sechs oder sieben Minuten dort gesessen, als ich glaubte, das Gerausch einer sich offnenden oder schlie?enden Tur wahrzunehmen. Ich schaute angestrengt in die Richtung der Tur und horchte, aber da sich nichts tat, war ich ziemlich sicher, mich getauscht zu haben. Es war stockfinster; der Mond war noch nicht aufgegangen.

Eine Minute war verstrichen, als plotzlich etwas Rundes mit einem weichen, dumpfen Aufschlag auf den Steinfu?boden der Veranda fiel und an mir vorbeikullerte.

Ich blieb einen Moment lang regungslos sitzen und uberlegte, was das Ding sein konnte. Ich kam schlie?lich zu dem Ergebnis, da? es sich um ein Tier handeln musse. Da scho? mir mit einem Mal ein ganz anderer Gedanke durch den Kopf, und ich sprang mit einem Satz auf. Das runde Ding lag nur ein paar Schritte von mir entfernt regungslos auf dem Boden. Ich streckte meine Hand danach aus; es ruhrte sich nicht. Ein Tier war es also ganz eindeutig nicht. Ich beruhrte es vorsichtig mit der Hand. Es fuhlte sich weich und warm an. Hastig hob ich es hoch und hielt es gegen das matte Licht der Sterne.

Es war ein frisch abgetrennter Menschenkopf!

Ich bin ein alter Haudegen und nicht mehr so leicht aus der Fassung zu bringen, aber ich gestehe freimutig, da? mir ubel wurde beim Anblick dieses grausigen Fundes. Wie war der Kopf hierhergelangt? Wes-sen Kopf war es? Ich legte ihn wieder auf den Boden und rannte zu der schmalen Tur. Nichts zu horen, niemand zu sehen. Ich wollte schon in die Dunkelheit au?erhalb des Schutzwalles hinausgehen, als mir bewu?t wurde, da? ich damit riskierte, erstochen zu werden. Ich trat also wieder zuruck in den Schutz der Mauer, zog die Tur zu und verriegelte sie. Dann ging ich zuruck auf die Veranda und rief mit so ruhiger Stimme, wie ich konnte, Curtis. Anscheinend hatte mich dennoch der Klang meiner Stimme verraten, denn nicht nur Sir Henry kam aufgeregt herausgelaufen, sondern auch Good und Mackenzie hatten sich vom Tisch erhoben und kamen auf die Veranda.

»Was ist passiert?« rief der Geistliche mit nervoser Stimme.

Es blieb mir keine Wahl; ich mu?te ihnen alles erzahlen.

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