personliches Geschenk der Koniginnen. Als es verlesen war, schmetterten wieder die Fanfaren, und die Leibgardisten stie?en wie schon bei den anderen Gesetzen ihre Speere auf den Boden. Ich bemerkte, da? einige der Adeligen sich umwandten und miteinander tuschelten. Nasta mahlte wutend mit den Zahnen aufeinander. Es pa?te ihnen ganz und gar nicht, da? wir mit derlei Gunstbezeugungen bedacht wurden, was ja auch unter all den gegebenen Umstanden nicht weiter verwunderlich war.
Danach kam eine Pause, und schlie?lich trat Nasta vor den Thron und bat mit einer tiefen Verbeugung -der jedoch sein alles andere als unterwurfig zu bezeichnender Blick Hohn sprach - die Konigin Nyle-phta um Gehor.
Nylephta wurde ein wenig bla?, aber sie machte eine freundliche Verbeugung und forderte den »hochgeschatzten Fursten« auf, sein Ansinnen vorzubringen, woraufhin dieser sie mit wenigen, soldatisch anmutenden Worten bat, seine Frau zu werden.
Bevor sie uberhaupt die passenden Worte zu einer Erwiderung gefunden hatte, ergriff auch schon der Hohepriester Agon das Wort, und mit einer feurigen Rede von hochster Eloquenz und Uberzeugungskraft wies er auf die zahlreichen Vorteile hin, die eine solche Allianz mit sich bringen wurde; wie sehr sie dazu dienen wurde, das Konigreich zu konsolidieren (ich mu? dazu erlautern, da? Nastas Gebiet, uber das er de facto wie ein Konig regierte, im Verhaltnis zum ubrigen Zu-Vendis so etwas war wie Schottland im Verhaltnis zu England); wie sehr sie dazu beitragen wurde, endlich das wilde Bergvolk zu befriedigen; ja, und wie sehr das Militar diese Verbindung schatzen wurde, denn Nasta war ein beruhmter General. Eine solche Heirat wurde den Fortbestand ihrer Dynastie sichern und last not least ware dieser Allianz der Segen und die Zustimmung der »Sonne« (d.h. des Ho- hepriesters) gewi?; usw., usf. Viele der Argumente, die er vorbrachte, waren durchaus nicht von der Hand zu weisen, und, betrachtete man die Sache vom politischen Standpunkt aus, sprach eigentlich alles fur diese Heirat. Aber leider ist es nun einmal nicht so einfach, das Spiel der Politik mit den Personen zweier junger und reizender Koniginnen zu spielen, als waren sie nichts weiter als beinerne Abbilder ihrer selbst auf einem Schachbrett. Wahrend Agon noch daherschwadronierte, beobachtete ich Nylephtas Gesicht; es war eine perfekte Studie: Zwar lachelte sie, doch unter dieser Maske des Lachelns war ihr Gesicht hart wie Stein, und ihre Augen stie?en drohende Blitze hervor.
Schlie?lich war Agon mit seinem Sermon fertig, und Nylephta machte sich bereit, zu antworten. Bevor sie jedoch dazu kam, beugte sich Sorais zu ihr hinuber und sagte so laut, da? ich jedes Wort verstehen konnte: »Uberlege dir genau, was du sagen willst, meine Schwester, bevor du antwortest; mich deucht, da? unser Thron von deinen Worten abhangen kann.«
Nylephta gab ihr jedoch keine Antwort, und mit einem Lacheln lehnte sich Sorais schlie?lich achselzuckend in ihren Thronsessel zuruck.
»Es ist furwahr eine hohe Ehre fur mich«, begann Nylephta, »da? nicht nur um meine Hand angehalten wird, sondern da? sogar Agon sich beeilt, dieser Verbindung den Segen der Sonne zu erteilen. Mich dunkt, es hatte nicht viel gefehlt, und er hatte mich schon verheiratet, bevor ich noch mein Jawort gegeben habe. Nasta, ich sage dir Dank, und ich werde mich deiner Worte besinnen, aber mir steht nicht der Sinn nach Heirat, ist sie doch wie eine Tasse, deren Inhalt niemand kennt, bevor er nicht aus ihr trinkt. Ich danke dir abermals, Nasta.« Und dann deutete sie mit einer Handbewegung an, da? das Gesprach fur sie beendet war.
Das Gesicht des gro?en Fursten lief vor Wut dunkel an, so da? es fast die Farbe seines Bartes hatte; er wu?te, da? diese Antwort als endgultige Absage an seinen Heiratsantrag anzusehen war.
»Der Konigin sei Dank fur ihre huldvollen Worte«, antwortete er; nur mit Muhe konnte er an sich halten. »Ich werde diese Worte in meinem Herzen bewahren. Und nun bitte ich um eine weitere Gunst, namlich die, da? ich mich mit Ihrer Majestat huldvoller Erlaubnis zuruckziehen darf in meine eigenen armen Stadte im Norden. Dort werde ich warten, bis die Konigin endlich geruht, sich dazu zu entschlie?en, meinen Antrag mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Vielleicht«, fugte er mit einem hohnischen Lacheln hinzu, »la?t sich die Konigin dazu herab, mir dort einen Besuch abzustatten. Sie kann ja bei der Gelegenheit gleich diese fremden Herren da mitbringen.« Dabei warf er uns einen grollenden Blick zu. »Es ist zwar nur ein armes und rauhes Land, aber wir sind ein tapferes, hartes Bergvolk, und es werden dort drei?igtausend Schwertkampfer versammelt sein, Ihrer Majestat und ihren Begleitern den Willkommensgru? entgegenzurufen.«
Auf diese Worte, die fast als eine Erklarung offener Rebellion aufzufassen waren, folgte atemlose Stille. Nylephta stieg die Zornesrote ins Gesicht; sie beugte sich stolz vor und schleuderte Nasta ihre Antwort entgegen.
»Oh, sei gewi?, Nasta, ich werde kommen, und keine fremden Herren werden in meinem Gefolge sein, und jedem deiner Bergbewohner, der dich einen Prinzen hei?t, werde ich zwei aus dem flachen Lande entgegensetzen, die mich eine Konigin nennen. Und wir werden sehen, welche Rasse die starkste ist! Bis dahin - leb wohl.«
Ein Fanfarensto? erscholl, die Koniginnen erhoben sich, und dann loste sich die Versammlung unter verwirrtem Geraune und Getuschel auf. Ich fur mein Teil begab mich in tiefer Nachdenklichkeit zuruck in mein Quartier; ein Burgerkrieg schien unvermeidlich.
Nach diesem Ereignis herrschte ein paar Wochen Ruhe. Curtis und die Konigin trafen sich nicht sehr oft. Sie erlegten sich au?erste Zuruckhaltung auf, damit nichts von dem wahren Verhaltnis, in dem sie zueinander standen, in die Offentlichkeit durchsik-kerte. Aber so verschwiegen und vorsichtig sie auch waren; nach einiger Zeit erhoben sich Geruchte, die so schwer zu verfolgen waren wie eine umhersummende Fliege in einem dunklen Zimmer, und die doch ebenso deutlich horbar waren, und schlie?lich pfiffen es die Spatzen von den Dachern, da? die beiden mehr miteinander verband als Staatsgeschafte.
17
Und nun braute sich noch zu allem Uberflu? ein anderes Unheil wie eine drohende schwarze Wolke am Horizont zusammen, das schon eine ganze Weile uber wie eine zunachst noch kleine Regenwolke am blauen Himmel gelauert hatte: namlich Sorais' Zuneigung zu Sir Henry. Ich sah formlich, wie der Sturm naher und naher kam, und schlie?lich war es dann soweit. Die Liebe einer solch schonen und hochgestellten Frau ware unter normalen Umstanden fur jeden normal empfindenden Mann alles andere als ein trauriges Ereignis gewesen, aber fur Curtis bedeutete sie, in Anbetracht der Lage, in der sie sich befand, eine bedruckende Last.
Dazu mu? gesagt werden, da? Nylephta, so bezaubernd sie auch war, leider Gottes eine sehr eifersuchtige Person war, die haufig ihren Zorn uber die eindeutigen Blicke, mit denen ihre konigliche Schwester Curtis bedachte - Alphonse pflegte das als >bemer-kenswerte Consideration zu bezeichnen -, an ihrem armen Geliebten auslie?. Da seine wahre Beziehung zu Nylephta hochster Diskretion unterlag, traute Curtis sich nicht, diesen Anschuldigungen, die, was ihn anbetraf, jeglicher Grundlage entbehrten, ein Ende zu machen oder wenigstens den Versuch dazu zu unternehmen, indem er vielleicht gelegentlich Sorais diskret davon in Kenntnis gesetzt hatte, da? er die Absicht hatte, ihre Schwester zu heiraten. Eine dritte Fliege in Sir Henrys Suppe war die Tatsache, da? er sehr wohl um Goods ernsthafte Zuneigung zu der unheimlichen, aber nichtsdestoweniger hochst attraktiven »Herrin der Nacht«, wie Sorais vom Volk genannt wurde, wu?te. Der arme Bougwan hatte sich in der Tat zu einem Schatten seiner selbst heruntergehungert, um ihr zu gefallen; sein sonst so volles Gesicht war schon so hager geworden, da? er Muhe hatte, sein Monokel fest ins Auge zu klemmen; und sie ermunterte ihn in einer Art sorgloser Koketterie immer wieder soweit, da? er glauben konnte, berechtigte Hoffnungen zu hegen, sie eines Tages zu erobern. Zweifellos verfolgte sie damit die Absicht, sich den armen Kerl fur ihre Zwecke warmzuhalten. Ich versuchte, ihn so behutsam wie nur eben moglich darauf hinzuweisen - mit dem Erfolg, da? er sich zutiefst beleidigt von mir abwandte. Also entschlo? ich mich schweren Herzens dazu, ihn gewahren zu lassen, aus Furcht, alles nur noch schlimmer zu machen. Der arme Good ahnte gar nichts wie sehr er sich in seinem Liebeskummer zum Clown machte. In der Hoffnung damit seinem Ziel ein wenig naherzukommen, verfiel er in alle moglichen Tollheiten. Schlie?lich setzte er seinem Wahn die Krone auf, indem er - mit Hilfe eines der gesetzten, ehrwurdigen alten Herren, die uns unterrichteten - ein endloses Liebeslied auf Zu-Vendi verfa?te (der alte Herr mag zwar sehr gebildet gewesen sein; Verse zu schmieden war jedenfalls nicht seine starke Seite). Der sich standig wiederholende Refrain dieses schauerlichen Machwerks war: »Ich will dich kussen; o ja, ich will dich kussen!« Nun ist es bei den Zu-Vendi ein sehr verbreiteter und harmloser Brauch, da? junge Manner des Abends ihrer Angebeteten vor dem Fenster ein Standchen darbringen und allerlei liebestolle Liedchen schmettern, wie man es