Handgemenge die Treppe hinunter. Nasta war ein starker Mann, und er kampfte mit dem Mute der Verzweiflung, doch dem starksten Mann von Zululand war er nicht gewachsen. Wenn er auch schwer verwundet war, so besa? er doch immer noch schier ubermenschliche Krafte. Der Kampf sollte nicht lange dauern. Ich sah, wie der alte Umslopogaas taumelnd auf die Beine kam - und dann, alle Krafte zusammennehmend, hob er den verzweifelt um sich tretenden und schlagenden Nasta hoch uber seine Schultern und schleuderte ihn mit einem gellenden Triumphschrei uber das Gelander der Brucke in die Tiefe, wo er mit zerschmetterten Gliedern auf den Felsen liegenblieb.

Inzwischen waren auch die Manner, die die Madchen aus dem Hafen geholt hatten, eingetroffen, und die lauten Rufe, die von den Au?entoren zu uns heruberhallten, verrieten uns, da? auch die Stadt inzwischen auf den Beinen war, und da? die Manner, die von den Madchen geweckt worden waren, Einla? begehrten. Einige von Nylephtas tapferen Zofen, die in ihren Nachtgewandern und mit offenem Haar, gerade so, wie sie aus dem Schlaf geholt worden waren, so aufopferungsvoll mitgeholfen hatten, die Marmorblocke aufzuschichten, liefen flugs zum Seiteneingang, um die Manner hereinzulassen, wahrend andere mit Hilfe der Manner, die vom Hafen gekommen waren, die Marmorblocke, die sie mit soviel Muhe aufgestapelt hatten, wieder abtrugen.

Bald war die Mauer wieder verschwunden, und durch die Toroffnung wankte der alte Umslopogaas, gefolgt von der Schar von Rettern, herein. Er bot einen furchterlichen und zugleich doch so erhabenen Anblick. Sein Korper war von Wunden ubersat; ein kurzer Blick in seine flackernden Augen verriet mir, da? er starb. Der >Keshla<-Gummiring auf seinem Kopf war von Schwerthieben in zwei Stucke zerschlagen; eines davon hing direkt uber dem seltsamen Loch in seinem Schadel. Sein Gesicht war uber und uber mit Blut besudelt, das aus zahlreichen Schnittwunden und klaffenden Spalten auf seinem Kopf quoll. Auf der rechten Seite seines Halses war eine tiefe Stichwunde von einem Speer; es war die, die Agon ihm beigebracht hatte. Auf seinem linken Arm, direkt unterhalb der Stelle, wo das Kettenhemd aufhorte, war eine weitere tiefe Schnittwunde, und auf der rechten Seite seines Oberkorpers wies das Kettenhemd einen sechs Zoll langen Ri? auf; es war die Stelle, an der Nastas gewaltiger Schwerthieb das stahlerne Gewebe durchschlagen hatte und tief in den Leib des Zulu gedrungen war.

Er torkelte weiter, der grausam zugerichtete, prachtige alte Zulu, die Axt noch immer in der Hand. Die Damen verga?en ob dieses schauerlichen Anblicks ohnmachtig zu werden und jubelten ihm sturmisch zu. Er beachtete sie nicht und torkelte weiter wie ein Trunkener. Mit ausgestreckten Armen wankte er uber den mit Muschelschalen bestreuten Pfad. Wir folgten ihm nach, vorbei an der Stelle, wo die Marmorblocke lagen, und dann durch den runden Torbogen und die dicken Vorhange, die in ihm herabhingen. Jetzt taumelte er durch den kurzen Gang und trat in die gro?e Halle, die sich mittlerweile mit Man-nern gefullt hatte, die durch den Seiteneingang hereinstromten. Er ging mitten durch die gro?e Halle, wobei er eine breite Blutspur hinter sich herzog. Jetzt hatte er den heiligen Stein erreicht, der sich in der Mitte der Halle befand, und hier schienen ihn endgultig seine Krafte zu verlassen, denn er blieb plotzlich stehen und stutzte sich schwer auf seine Axt. Doch dann reckte er sich mit einem Mal hoch und rief mit lauter Stimme:

»Ich sterbe, ich sterbe - aber es war ein koniglicher Kampf. Wo sind die, die die gro?e Treppe heraufsturmten? Ich sehe sie nicht. Bist du da, Macumazahn, oder bist du schon vorausgegangen in die Dunkelheit, die mich gleich einhullen wird, um mich zu erwarten? Das Blut macht mich blind - alles dreht sich im Kreise - ich hore die Stimmen der Wasser.«

Dann, plotzlich, als ware ihm ein neuer Gedanke gekommen, hob er die rote Axt und ku?te die Schneide.

»Leb wohl, Inkosi-kaas«, rief er laut. »Nein, nein, wir werden zusammen von hinnen gehen; wir konnen nicht auseinandergehen, du und ich. Zu lange haben wir miteinander gelebt, du und ich.

Ein letzter Schlag, ein einziger, letzter Schlag nur! Ein guter Schlag! Ein gerader Schlag! Ein fester Schlag!« Und mit diesen Worten reckte er sich zu voller Gro?e auf, stie? einen wilden, markerschutternden Schrei aus, der einem das Blut in den Adern gefrieren machte, und begann, Inkosi-kaas mit beiden Handen hoch uber seinem Kopf wirbeln zu lassen, bis es den Anschein hatte, als sei sie ein einziges kreisformiges Band aus blitzendem Stahl. Und dann, ganz plotzlich, lie? er sie mit furchterlicher Wut auf den heiligen Stein hinabsausen. Ein wahrer Schauer von Funken spruhte hoch, und die Schneide fuhr mit solch gewaltiger, ja ubernaturlich anmutender Wucht in den Stein, da? der massive Marmorklotz mit einem furchterlichen Krachen in tausend Stucke zersplitterte. Von Inkosi-kaas blieb nichts weiter ubrig als ein paar Bruchstucke aus Stahl und ein zerfasertes Band aus zerschmettertem Horn, das einst der Griff gewesen war. Mit lautem Poltern und Klirren fielen die Bruchstucke des heiligen Steins auf den Marmorboden, und mit einem dumpfen Aufprall folgte ihnen der tapfere alte Zulu, den Griff von Inkosi-kaas noch immer fest umklammernd. - Er war tot.

Und so starb ein Held.

Ein erstickter Aufschrei der Ehrfurcht und der Bewunderung erscholl aus den Kehlen all derer, die Zeuge dieser au?ergewohnlichen Szene geworden waren. Jemand schrie: »Die Weissagung! Die Weissagung! Der heilige Stein! Er hat ihn zerschmettert!« Und sogleich ging ein Raunen durch die Halle.

»Furwahr«, rief Nylephta, die mit der ihr eigenen schnellen Auffassungsgabe, die sie so auszeichnete, sofort die Tragweite dessen, was geschehen war, erkannt hatte. »Furwahr, mein Volk! Er hat den Stein zerschmettert! Und siehe da, die Prophezeiung hat sich erfullt; denn ein Konig, der aus einem fremden Land zu uns kam, herrscht nun uber Zu-Vendis. In-cubu, mein Gemahl, hat Sorais' Truppen zuruckgeschlagen. Ich furchte sie nun nicht mehr. Dem aber, der die Krone so heldenhaft gerettet hat, soll auch die Ehre zuteil werden, sie auf sein Haupt zu setzen. Und jener Mann dort«, fugte sie, an mich gewandt, hinzu, und legte ihre wei?e Hand auf meine Schulter, »ritt, wiewohl er in der Schlacht schwer verwundet ward, zusammen mit jenem gro?en alten Krieger, der dort am Boden liegt, hundert Meilen zwischen Sonnenuntergang und Morgengrauen, um mich zu retten vor der Verschworung heimtuckischer Meuchelmorder. Ja, und er errettete mich in letzter Sekunde. Und dafur, fur die gro?en Taten, die sie vollbracht haben -Taten von solcher Gro?e und solchem Heldenmute, wie sie in der Geschichte unseres Volkes ohne Beispiel sind, sollen ihre Namen, der Name von Macu-mazahn und der Name des toten Umslopogaas, ja, und der Name von Kara, meinem treuen Diener, der ihm so tapfer zur Seite stand, als er die Treppe verteidigte, in goldenen Lettern uber meinem Throne prangen und fur immer, solange dieses Reich existiert, vom Ruhme dieser glorreichen Helden Zeugnis ablegen. Ich, die Konigin, befehle dies, und so soll es geschehen.«

Als diese feurige Rede beendet war, erschollen sturmische Jubelrufe, und ich sagte, wir hatten schlie?lich nur unsere Pflicht getan, wie es bei Englandern und Zulus ublich sei. Daraufhin wurden die Jubelrufe nur noch lauter. Dann half man mir, den Weg uber den au?eren Hof zu meinem Quartier zuruckzulegen, wo ich mich erst einmal ins Bett legen sollte. Wahrend ich, gestutzt von hilfreichen Armen, den Weg entlanghumpelte, fiel mein Blick auf das brave Pferd Daylight, das dort auf der Erde lag, den wei?en Kopf nach vorn gestreckt, in derselben Stellung, in der es schon dagelegen hatte, nachdem es auf dem Hofe zusammengebrochen war. Ich bat jene, die mich stutzten, mich nahe an das tapfere Tier heranzubringen; ich wollte es noch einmal anschauen, bevor man es davonschleifen wurde. Und wie ich es anschaue, da offnet es zu meinem gro?en Erstaunen die Augen, hebt seinen Kopf ein wenig und wiehert leise. Ich hatte vor Freude laut schreien konnen, als ich sah, da? es noch nicht tot war, hatte ich noch die Kraft zu schreien gehabt. Sofort schickte man nach den Stallknechten, die das Pferd auf die Beine stellten und ihm Wein einflo?ten. Vierzehn Tage spater war es wieder so gesund und munter wie eh und je, und heute ist es der Stolz der Leute von Milosis. Sobald sie es auf der Stra?e sehen, zeigen sie es ehrfurchtsvoll den kleinen Kindern und flustern ihnen ins Ohr, dies sei das beruhmte Pferd, das der Konigin das Leben gerettet hat<.

Ich humpelte weiter und legte mich ins Bett. Man wusch mich und zog mir vorsichtig das Kettenhemd aus. Das bereitete mir schreckliche Schmerzen - kein Wunder: meine linke Brustseite war eine einzige schwarz angelaufene Wunde.

Das nachste, woran ich mich erinnere, war das Trappeln von Pferdehufen; es war etwa zehn Stunden spater. Ich richtete mich in den Kissen auf und fragte, was los sei. Man sagte mir, da? soeben ein gro?er Trupp Kavallerie, den Curtis der Konigin zu Hilfe gesandt hatte, vom Schlachtfeld eingetroffen sei. Die Manner seien zwei

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