Kruziturken!, fluchte er, setzte sich und griff nach den Rudern. Nathaniel Jago hatte in Mandrakes Lagerhaus die Bedrohung gespurt, als sa?e ihm der Teufel im Nacken. Und jetzt legte er sich in die Ruder, als ware ihm derselbe auf den Fersen.
»Was passiert, wenn wir sinken?«, fragte Hawkwood.
Lee blickte von seiner Taschenuhr auf und runzelte die Stirn. »Das ist ein verdammtes Unterseeboot. Es soll sinken.«
»Ja, aber wenn es au?er Kontrolle gerat, wie kommt man dann da raus?«
»Dann wird der Kiel losgemacht und das Boot taucht nach oben«, sagte Lee vollig ungeruhrt.
»Und wenn das nicht gelingt?«
»Dann halten wir die Luft an und beten.«
Hawkwood starrte Lee nur an.
Lee seufzte. »Wenn sich der Kiel nicht losmachen lasst und das Gewicht das Boot unter Wasser halt, dann bleibt nur der Ausstieg durch die Luke. Aber die kann man nicht einfach aufklappen und rausschwimmen. Der Druck des eindringenden Wassers ware zu stark. Also muss man die Ventile offnen, damit der Bootsrumpf bis zur Lukenoffnung geflutet wird. Dann herrscht innen wie au?en derselbe Druck. Erst wenn das eintritt, kann man die Luke offnen und auftauchen.« Lee lachte glucksend. »Eins muss ich Ihnen lassen, Officer Hawkwood: Ihr Selbsterhaltungstrieb ist bewundernswert, auch wenn in Ihrer Situation vollig sinnlos.«
Er klappte den Deckel seiner Taschenuhr zu. »Genug davon. Die Flut hat ihren hochsten Stand erreicht. Jetzt geht’s los. Bereit zum Auftauchen, Sparrow?«
Lee gab Anweisungen, und das Unterseeboot glitt nach oben. Lee spahte durch das vordere Bullauge. »Stopp!«
Hawkwood registrierte, dass die Spitze des Kommandoturms jetzt aus dem Wasser ragte. Er beobachtete den Amerikaner. Lee konzentrierte sich auf den Fluss und warf immer wieder einen Blick auf seine Uhr und den Kompass, um die Position zu uberprufen.
Sparrow nutzte die Gelegenheit und zog sein Hemd aus. Hawkwood sah, dass der Matrose zwar schmal, aber drahtig war, bestens geeignet, um in der Takelage eines Schiffs herumzuturnen. Schwei? glanzte auf seinem muskulosen Oberkorper und seinem flachen Bauch. Als Sparrow sich umdrehte, sah Hawkwood die Narben auf seinem Rucken. Wahrscheinlich ist er wie Scully ofter ausgepeitscht worden, dachte Hawkwood und das erklart auch, warum er fur den Amerikaner arbeitet. Noch ein misshandelter Seemann, der wahrscheinlich zu den Meuterern gehort und sich rachen will.
Die Augen am Bullauge, legte Lee nun seine Hand auf den Hebel des Steuerruders. »Jetzt, Sparrow. Ganz sachte.«
Sparrow drehte langsam die Kurbel. Zahnrader knirschten wie beim Aufziehen einer Uhr. Die
Lees Augen klebten formlich am Bullauge. Von Zeit zu Zeit warf er einen Blick auf den Kompass und regulierte die Stellung des Tiefenruders, um das Boot auf Kurs zu bringen. Er wusste, dass die
Lee hatte nicht viel Raum zum Manovrieren. Selbst beim Hochststand der Flut stieg der Wasserspiegel nicht uber sechs Meter. Im Laufe der Jahre war die Themse immer mehr verschlammt, und es war vorauszusehen, dass gro?ere Schiffe bald nicht mehr die flussaufwarts gelegenen Docks anlaufen konnten. Fur Kriegsschiffe war die Wassertiefe der Marinewerft in Deptford zu gering, um Proviant und Ausrustung an Bord nehmen und unter voller Takelage auslaufen zu konnen. Nur mit einem Notmast und einem Segel ausstaffiert, trieben die Schiffe nach Woolwich und nahmen dort alles an Bord, was fur die Kriegsfuhrung auf See notig war.
Und die HMS
Das Kriegsschiff bietet wirklich einen prachtigen Anblick, dachte Lee. Wie ein funkelnder Stern glanzt es im Morgenlicht. Der Notmast war schon aufgerichtet und reckte sich pfeilgerade in die Hohe. Wimpel und Flaggen flatterten an jeder Reling. Der Stapellauf war ein bedeutendes Ereignis und das Schiff entsprechend geschmuckt.
Ein Schauder der Erregung uberlief Lee.
Hawkwood zerrte verbissen an seinen Handfesseln. An der Anspannung des Amerikaners spurte er, dass Lee zum Angriff bereit war.
Mir lauft die Zeit davon, dachte Hawkwood. Ich kann ihn nicht mehr aufhalten.
»Die
Die
Lee gab Befehl zum Untertauchen. Lautlos versank die
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Die Entscheidung liegt bei Ihnen, Corporal«, sagte Jago aufgebracht. »Entweder Sie holen den Obersten Richter hierher, oder Sie bringen mich zu ihm. Und wenn das nicht sofort passiert, rei?e ich Ihnen den Arsch auf und suche den Richter selbst. Na, wie hatten Sie’s denn gern?«
Der Maat umklammerte seine Flinte und schluckte nervos. Ein wutender Jago war ein furchteinflo?ender Anblick. Der Corporal hatte Jago an der Treppe zum Kai der Marinewerft den Zutritt verwehrt. So lautete sein Befehl.
»Das geht nicht. Sie sind nicht autorisiert, das Gelande zu betreten«, entgegnete der Corporal, muhsam nach Worten ringend.
Da griff Jago unter seine Jacke und zog Hawkwoods Schlagstock hervor. »Mehr als diese Genehmigung brauche ich nicht, Kleiner. Also, zieh deinen Schwanz wieder ein, und auf geht’s. Aber dalli, dalli!«
Der Corporal musterte Jago jetzt unsicher.
»Na, wird’s bald?«
Der Corporal betrachtete den Schlagstock eingehend, erkannte die konigliche Krone darauf und lie? den Blick wieder zu Jagos unheilverkundendem Gesicht wandern. Dann sah er sich vorsichtig um, zogerte, bis er endlich seine Flinte schulterte und sagte: »Na, besser Sie kommen mit.«
Das prachtige Kriegsschiff prasentierte sich in vollem Glanz. Der Rumpf des Zweideckers war senfgelb gestrichen, die oberen Schandeckel und die Schie?scharten der Kanonen pechschwarz. Eine Flottille kleiner Boote umschwirrte das Schiff wie Arbeitsbienen ihre Konigin.
Kutter, Prahme, Pinassen, Skiffe und Leichter brachten Ausrustungsgegenstande und Proviant zum Schiff, wahrend die Offiziere und Mannschaften von Segelyachten, Jollen und Gigs an Bord gingen.
Am Heck prangte stolz ihr Name:
Auf der Werft herrschte ein Betrieb wie in einem Gewerbegebiet. Innerhalb der dicken Schutzmauern gab es