ohne Wasche76 000 GarniturenFrauen=Seidenwasche89 000 Garnituren
insgesamt: 34 WaggonsLumpen400 Waggons2 700 000 kgBettfedern130 Waggons270 000 kgFrauenhaare1 Waggon3000 kgAltmaterial5 Waggons19 000 kginsgesamt: 2 992 000 kginsgesamt: 536 Waggons570 Waggons
Ein neuer Kapo, der bestechlicher war als der vorherige, verschaffte ihm unter der Hand eine Tube mit Creme, die hoffentlich seine Hande wieder geschmeidig machen wurde. Als Gegenleistung bot er ihm Zigaretten an, die er eine nach der anderen von Freund erhalten und aufgespart hatte, der sie wiederum regelma?ig von den Chauffeuren in der Werkstatt zugesteckt bekam. Seit dem letzten Besuch Raschers und des Kommandanten waren inzwischen knapp zwei Wochen vergangen, und an diesem Tag, der nur zogerlich zur Neige ging, hatte eine Reihenuntersuchung der Haftlinge stattgefunden.Vielleicht aufgrund irgendwelcher Verordnungen, oder aber es handelte sich um eine Anweisung von hoherer Stelle, vom Arzt mit den kalten Augen. Die Befehlshaber verschiedener Dienstgrade,
Daniel lag mit sorgfaltig eingecremten Handen auf seiner Pritsche und dachte, dass er sich glucklich schatzen konnte, die Reihenuntersuchung heil uberstanden zu haben, denn diesmal hatten sie sich nicht auf einen fluchtigen Blick beschrankt, wie vor den korperlichen Zuchtigungen. Immerhin, da das Lager klein war, hatten sie alles an einem Tag erledigt. Splitternackt war er gewogen, abgehort, rucksichtslos abgetastet und – wie alle anderen auch – angewiesen worden, Kniebeugen zu machen; schlie?lich hatte man ihn fur arbeitsfahig befunden, nicht reif fur den Schlachthof, fur das Todeslager mit den schwarzen Rauchwolken. Die »Gesunden« hatten sie fruher als sonst in die Baracken geschickt.
Daniel lag in dieser Nacht noch lange wach, wahrend seine Kameraden schliefen oder so taten als ob, um nicht reden zu mussen, um nicht uber die grauenvolle Selektion nachzudenken, und so horte er ganz deutlich das Motorengerausch der viel zu fruh zuruckkommenden Lastwagen. Sie konnen sie in kein anderes Lager geschafft haben, dachte er, fur eine Fahrt nach Auschwitz-Birkenau und zuruck hatten sie mehr Zeit benotigt. Die Kameraden mussten schon tot und begraben sein, nackt und ohne Totenhemd, ohne letzten Abschied, auf irgendeiner Waldlichtung verscharrt, hier ganz in der Nahe des
»He, hast du das Motorengerausch gehort? Das waren doch die Lastwagen, oder?«
»Ja, das waren sie«, bestatigte dieser hellwach, er hatte gar nicht geschlafen. »Weit gefahren sind sie jedenfalls nicht«, fuhr er fort. »Die haben sie auch nicht erschossen, die Dreckskerle, diese Morder! Ich hatte schon vorher einen Verdacht, wie sie es machen wurden, weil wir zwei Saurer-Lastwagen mit kaputten Bremsen bei uns zur Reparatur hatten. Verdammt seien sie alle und ich genauso, weil mich diese Schei?verbrecher dazu gezwungen haben, bei der Reparatur zu helfen.«
Unterdrucktes Schluchzen schnitt ihm die Stimme ab. Es bedurfte keiner weiteren Erklarung. Auch gab es keine Worte, die ihn hatten trosten konnen. Und so schwiegen sie beide. Das Gerucht uber die Lastwagen des Todes, das im Lager umging, stimmte also, dieses Gemunkel, von dem niemand wusste, woher es stammte und wie es sich, einer Epidemie gleich, unter den Haftlingen hatte ausbreiten konnen. Diese Fahrzeuge gingen deshalb so oft kaputt, weil sie die Hauptstra?e verlie?en und uber holprige, morastige Wege fuhren, ohne ihre Fracht abzuladen, um Aufruhr und Fluchtversuche zu vermeiden. Im Wageninneren, in dieser todlichen Falle, wurden die Kranken schnell geheilt, indem man sie die Abgase des Dieselmotors einatmen lie?, sobald der Fahrer, der danach mit einer doppelten Ration Schnaps belohnt wurde, den Hebel druckte; auch die Kinder wurden auf diese Weise schlagartig aus den trugerischen Fangen ihrer Ahnungslosigkeit befreit. Dieser Gedanke erfullte Daniel mit solch unbandiger Wut, dass er sich am liebsten die Knochel seiner geballten Fauste blutig gebissen hatte, aber er konnte sich nicht einmal diese sinnlose Geste erlauben, wenn er uberleben wollte.
Er hatte den Eindruck, soeben erst eingeschlafen zu sein, als die Sirene allen Schrecken zum Trotz einen neuen Tag ankundigte. Der Appell an diesem Morgen fiel kurzer aus als sonst, und einige zahlten ihre Toten. Die Sonne loste schamlos die Nebelschwaden auf, der Wind schien die Namen der Ermordeten ins Nichts fortzutragen.
Aber nicht alle hatten sie vergessen; die unerbittliche, niemals stillstehende Organisation, die sie inhaftierte und dezimierte, hatte sie bereits verbucht, und die zweckma?igen Befehle waren schon bei der Lagerleitung angelangt. Wie sie feststellten, gab es kein Stuck Brot zu viel, und auch der sogenannte Kaffee war um kein bisschen starker. Die Listen waren rasch ausgebessert worden, und nun wartete man auf die unglucklichen Neuzugange, um in den Pritschenreihen, in den Werkstatten und beim Appell die Lucken wieder zu fullen. Die Anzahl der Neuankommlinge, mit der sie rechneten, wurde jedoch nicht eintreffen: Im Lager wusste man bereits, dass viele den Weg der Rebellion gewahlt hatten, den Tod einer Deportation vorzogen und im Warschauer Ghetto Widerstand leisteten.
Freund ging leise fluchend in die Reparaturwerkstatt, wo er gewiss mehr denn je zu tun haben wurde. Wie jeden Morgen galt es, die Arbeit mit einem Loch im Magen und nun auch noch mit einem schrecklich bitteren Nachgeschmack zu beginnen. Der Geigenbauer betrat niedergeschlagen die Werkstatt. Der alteste Kamerad, ein Tischler, der seit Tagen gehustet hatte, wurde fur immer fehlen. Weder der Anblick »seiner« Werkzeuge noch die bereits vollendeten Teile des Instruments konnten ihn von der Beklemmung befreien, die ihm die Brust zuschnurte. Die Arme schienen ihm schlaffer, seine Hande langsamer zu sein. Ich muss die Erinnerung an gestern abschutteln, dachte er, ich habe keine Zeit, an jene zu denken, die schon nicht mehr unter uns weilen, wenn ich mich nicht zu ihnen unter die Birken gesellen will. Nach und nach beruhigten ihn die gewohnten Handgriffe und der Duft der Holzer ein wenig, und die druckenden Bande der Erinnerung schienen ihn nicht langer zu ersticken. Die drei?ig Kniebeugen vom Vortag, eine an sich nicht au?ergewohnliche Anstrengung, hatten an seinem geschwachten Korper Spuren hinterlassen; die Knie schmerzten noch, die Hande allerdings fuhlten sich spurbar glatter an. Die plotzliche Kalte der letzten Tage und starker Wind aus Russland hatten die Haut ganz rissig gemacht. Durch die Creme war sie jedoch wieder geschmeidiger geworden, und das war au?erst wichtig fur ihn. Er lebte nun mit einer sehr begrundeten Hoffnung: Sie wurden ihn sicher am Leben lassen, bis er die Geige fertiggebaut hatte. Mittlerweile wusste er, dass der Lagerkommandant Instrumente sammelte. Er wurde ihn also nicht in den Steinbruch schicken, solange diese im Lager gefertigte Raritat nicht vollendet war, immerhin wurde sie seiner Eitelkeit schmeicheln. Dennoch durfte er die Arbeit nicht in die Lange ziehen, sonst lief er Gefahr, wegen zu langsamen Vorwartskommens oder gar Sabotage ausgepeitscht zu werden. Selbst der Mechaniker, auf den sie ungern verzichteten, hatte eine ganze Woche im Arrest verbracht, weil ihm ein Werkzeug kaputt gegangen war!
Er arbeitete daher in seinem gewohnten Tempo, versuchte den gleichen Rhythmus wie zu glucklichen Zeiten in seiner Werkstatt in Krakau zu finden. Wie durch ein Wunder hatte er bereits den Hals der Geige fertiggestellt, der wirklich gelungen war, und auch die Decke, an der er heute mit au?erster Sorgfalt den Bassbalken anbringen wurde. Bis zum Mittag sollte er ihn angeleimt haben, da am Sonntagnachmittag die einzige Ruhepause der ganzen Woche anstand und er noch ein paar Kleidungsstucke waschen wollte. Er prufte die Maserung des Fichtenholzstabes und setzte ihn derart auf, dass das Muster genau mit jenem der Decke ubereinstimmte. Dann schob er ihn in seine richtige Position, damit er so lag, wie die tiefen Saiten spater verlaufen sollten. Um sich zu vergewissern, dass sich der Bassbalken exakt der Deckenwolbung anpasste, prufte er das Resultat im Gegenlicht. Nun wusste er genau, wie er den Fichtenholzstab anleimen und an welcher Stelle er ihn fester andrucken musste. Die mit Filz uberzogenen Holzklemmen zum Einspannen des verleimten Stuckes lagen bereit. Als er die funf Klemmen angebracht hatte, gonnte er sich eine Pause, er musste warten, bis der Leim trocken war; den uberschussigen Klebstoff hatte er bereits weggetupft, und um mit etwas Neuem zu beginnen, war es schon zu spat. Der Aufseher, der in seinen ersten Wochen hier im Lager nicht mit Schlagen gespart hatte, lie? ihn