der darunterliegenden organischen Strukturen erschien. Ein vergro?ertes Scannerbild wurde auf den Bildschirm neben dem Bett ubertragen, wahrscheinlich als Information fur die Krankenschwester. Hewlitt verrenkte sich fast den Hals, um selbst einmal einen Blick aufsein › Innenleben‹ werfen zu konnen.

»Horen Sie bitte auf, so herumzuzappeln, Patient Hewlitt!« ermahnte ihn der Arzt. »So, und jetzt legen Sie sich bitte auf den Rucken. Danke.«

Eine der Zangen des Melfaners griff behutsam nach Hewlitts Handgelenk und bog seinen Arm gerade. Ein Fuhler krummte sich herunter und legte sich senkrecht in die Armbeuge, wahrend ihm der andere wie eine flauschig weiche Feder uber Mund und Nase strich, so da? er gegen den plotzlichen Drang zu niesen ankampfen mu?te. Einige Minuten spater zog der Arzt Zange und Fuhler zuruck und richtete sich wieder auf.

»Falls ich mich an die Anatomie und die Herz-Kreislauf-Funktionen der DBDG-Terrestrier richtig erinnere«, begann Medalont und fugte eine Reihe leiser und unubersetzbarer Schnalzlaute hinzu, die womoglich dem verhaltenen Lachen eines Melfaners entsprachen, »dann bin ich geneigt, mit Ihrer Selbstdiagnose ubereinzustimmen. Mit Ausnahme einer geringfugigen allgemeinen Muskelverspannung, die in Anbetracht der Umstande verstandlich ist, sind Sie in einer sehr guten korperlichen Verfassung.«

Wie Hewlitt befurchtet hatte, hielt ihn also auch dieser Arzt fur gesund, und somit endete diese Untersuchung mit demselben Ergebnis wie samtliche anderen, die an ihm uber all die Jahre vorgenommen worden waren. Anfangs war er sogar von einigen Arzte ausgelacht worden, oder sie hatten ihm vorgeworfen, da? er nur ihre Zeit vergeude. Obwohl dieser Medalont ein Extraterrestrier war, schien er doch einigerma?en hoflich zu sein, und nach Hewlitts Erfahrung wurde er sich wahrscheinlich gleich Klarheit verschaffen, indem er laut uberlegte, was der Patient hier zu suchen haben konnte.

Doch zu seiner Verwunderung sagte der Melfaner: »Ich wurde Ihnen nun gern ein paar Fragen stellen, Patient Hewlitt. Dabei handelt es sich umFragen, die Ihnen bestimmt schon oft gestellt worden sind und deren Antworten bereits in der Krankenakte festgehalten wurden. Dennoch besteht die Moglichkeit, da? diese Antworten gerade aufgrund der standigen Wiederholungen ungenau oder unvollstandig geworden sein konnten, und vielleicht gelingt es mir, die von meinen Vorgangern ubersehenen Informationen aufzudecken. Abgesehen davon, da? Sie als Saugling und als kleines Kind auf Etla gewesen sind, haben Sie nie Reisen au?erhalb der Erdatmosphare unternommen, richtig?«

»Ja«, antwortete Hewlitt.

»Hatten Sie auf Etla irgendwelchen Kontakt mit anderen Spezies?«

»Ich kann mich zwar daran erinnern, einige Extraterrestrier gesehen zu haben, aber nicht so genau, als da? ich sie jetzt beschreiben konnte. Ich war gerade mal vier Jahre alt und hatte Angst vor ihnen. Meine Eltern haben mir zwar damals gesagt, da? ich meine Abneigung eines Tages ablegen wurde, aber jedesmal, wenn wir Besuch von anderen Spezies bekamen, haben sie mich von ihnen ferngehalten. Offensichtlich habe ich diese Angst bis heute nie richtig uberwinden konnen.«

»Nun, es ist noch nicht zu spat dafur«, ermutigte ihn Medalont. »Hatten Sie irgendwelche Kinderkrankheiten? Wenn ja, dann beginnen Sie bitte mit der ersten, an die Sie sich erinnern konnen.«

»Soweit ich wei?, bin ich nicht oft krank gewesen«, antwortete Hewlitt. »Wie ich spater erfuhr, soll ich als Kleinkind ziemlich gesund gewesen sein. Aber als meine Eltern bei einem Flugzeugungluck ums Leben kamen, wurde beschlossen, mich zu meinen Gro?eltern auf die Erde zuruckzubringen, wo ich die ublichen Impfungen gegen terrestrische Kinder- und Erwachsenenkrankheiten erhielt. Danach begannen die eigentlichen Probleme. Damals lebten nur sehr wenige Terrestrier auf Etla, und da meine Eltern nicht vorgehabt hatten, zur Erde zuruckzukehren, hielten sie es auch nicht fur notwendig, mich vorsorglich impfen zu lassen.«

»Kennen Sie denn den wahren Grund dafur?« hakte der Arzt nach.

»Sicher«, antwortete Hewlitt leicht verdutzt.»Dann sagen Sie ihn mir bitte«, forderte Medalont ihn auf. »Wenn wir uns daruber unterhalten, nimmt Ihnen das vielleicht auch ein wenig von Ihrer Besorgnis, hier von Extraterrestriern umgeben zu sein.«

Hewlitt mochte es nicht, wenn man sich lustig uber ihn machte. Weder war er ein kleines Kind, noch ein seniler Greis, und es argerte ihn, wenn ein medizinischer Besserwisser ihm unterstellte, da? er geistlos oder, schlimmer noch, ungebildet war. »Wenn Sie niesen, kann ich mich durch ihre melfanischen Bazillen nicht anstecken, und umgekehrt gilt dasselbe, wie sich ubrigens alle artfremden Lebensformen hier im Krankenhaus gegenseitig nicht anstecken konnen. Das hangt mit der Evolution und den Umweltbedingungen zusammen. Krankheitserreger, die sich auf dem Planeten X entwickelt haben, konnen Wesen, die vom Planeten Y stammen, nicht befallen. Wie es hei?t, soll es auf der Erde immer noch einige zumeist sehr alte oder schlecht gefuhrte Krankenhauser geben, in denen man sich bei anderen Menschen anstecken kann, obwohl man eigentlich darauf hofft, die eigene Krankheit loszuwerden.

Ist das auch der Grund, weshalb es auf dieser Station immer nur jeweils einen Patienten einer Spezies gibt? Soll auf diese Weise das Risiko ausgeschlossen werden, da? sich Patienten derselben Spezies gegenseitig anstecken?« fragte Hewlitt abschlie?end.

Doktor Medalont blinzelte so heftig mit den Augen, da? Hewlitt das Klimpern der Lider horen konnte, dann antwortete er: »Offiziell wurde man das im Orbit Hospital zwar niemals zugeben, aber daruber hinaus gibt es wirklich noch andere Grunde. Nun, in medizinischer Hinsicht scheinen Sie ja recht gut informiert zu sein, dennoch ware ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich daruber unterrichten konnten, wann die Symptome Ihrer Krankheit zum ersten Mal aufgetreten sind.«

»Wenn Sie wu?ten, wie viele Arzte in all den Jahren uber meinen Fall diskutiert haben, dann wurden Sie sich nicht wundern, da? ich einiges davon verstehe«, erwiderte Hewlitt. »Aber um auf Ihre Frage zuruckzukommen: Als ich damals noch vor meiner Ruckkehr zur Erde eine erste Impfung erhielt, wurde mir gesagt, da? mein Korper ausgesprochenheftig reagiert habe. Ich soll unter Fieber, Hautausschlag und Schleimhautentzundung gelitten haben. Diese Symptome mussen allerdings nach ein paar Tagen verschwunden sein, und wie man mir spater erzahlte, seien sie auch keine typische Reaktion auf die Impfung gewesen. Nachdem ich auf der Erde eingetroffen war, erkrankte ich erneut, wobei andere Symptome auftraten und der Genesungsproze? immer langer dauerte. Und ich kann mich daran erinnern, da? es mir haufig sehr schlecht ging. Ich wurde oft schlagartig mude, auch wenn ich mich beim Spielen nicht besonders verausgabt hatte, oder mir wurde ohne ersichtlichen Grund ubel, und ich mu?te mich ubergeben oder hatte leichtes Fieber oder bekam einen Ausschlag. Dennoch waren die Krankheiten nicht schwer genug, als da? ich mich an die genauen Einzelheiten erinnern konnte oder daran, wie lange sie anhielten. Meine Gro?eltern beobachteten mich zwar genau, aber sie waren nie ernsthaft besorgt um mich. Sie brachten mich zu einem Arzt in unserem Ort, der mit ihnen die Meinung teilte, da? ich einfach nur ein krankliches Kind sei, das sich anscheinend jedes Virus einfing, das gerade im Schwange war.

Trotzdem bin ich kein krankelndes Kind gewesen, wie man es mir manchmal vorwarf«, erzahlte Hewlitt weiter, wobei er sich noch im nachhinein uber derlei ungerechtfertigte Anschuldigungen argern mu?te. »Zwischendurch bin ich sogar immer wieder in die Schulmannschaft berufen worden und hab an Laufwettbewerben teilgenommen, und das … «

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