torichte Vorgehensweise der Krankenhausleitung war. »Jetzt glauben Sie mir doch bitte, da? Sie absolut nichts zu befurchten haben.«
»Tut mir leid, Hewlitt«, antwortete O'Mara erstaunlich gefa?t. »Sollte der Padre den Kommunikator ausgeschaltet haben, dann sagen Sie ihm bitte, da? wir jetzt mit ihm sprechen mochten. Die Diagnostiker Conway und Thornnastor sowie Murchison, Prilicla und Colonel Skempton sind gerade bei mir. Wie Sie vielleicht bereits wissen, ist Lioren fruher im Orbit Hospital ein hochangesehener Chefarzt gewesen. Das soll keine Beleidigung fur Sie sein, Hewlitt, aber im Augenblick wurden wir lieber den Bericht eines ausgebildeten Fachmanns horen.«
Eins von Liorens Augen bewegte sich und betrachtete Hewlitt fur einen Moment, dann widmete der Padre seine ganze Aufmerksamkeit wieder den beiden toten Telfis. Hewlitt konnte Liorens gegenwartigen Kummer und den in ihm aufsteigenden Schmerz fast spuren.
»Lioren kann oder will jetzt weder mit Ihnen noch mit mir sprechen«, sagte Hewlitt. »Aber wir sind dem Telfi und auch uns wahrend der vergangenen Minuten sehr nahe gekommen. Ich wei? genauso gut uber die Situation Bescheid wie Lioren und bin gern bereit, daruber zu sprechen.«
»Es sieht dem Padre uberhaupt nicht ahnlich, sich so zu verhalten«, beklagte sich der Chefpsychologe, in dessen Stimme Ungeduld und Sorge mitschwangen. »Trotzdem furchte ich, da? wir uns mit einem blutigen Anfanger zufrieden geben mussen. Also los, dann reden Sie endlich, verflucht noch mal!«
Hewlitt ri? sich mit aller Anstrengung noch mehr zusammen und begann: »Der Padre konnte durchaus gekrankt sein, weil Sie uns unterstellt haben, da? wir lugen. Ich bin es auf jeden Fall. Vor allem aber bekummert ihn der Tod zweier Telfis, die wahrscheinlich nicht gestorben waren, wenn wir vorher das gewu?t hatten, was wir jetzt wissen. Doch als die beiden im Sterben lagen, beschlo? der Padre, dem Patienten Cherxic Trost zu spenden, dessen Erkrankung sich ebenfalls im Endstadium befand, wenngleich sein Zustand nicht so weit fortgeschritten war wie bei denbeiden anderen. Der Fehler, den der Padre nicht bewu?t begangen hat und der bestimmt kein Grund ist, sich Vorwurfe zu machen, war zwar langst nicht so schlimm wie die falsche Entscheidung, die er vor einigen Jahren getroffen hatte. Lioren hat seinen Kummer uber die Ereignisse auf Cromsag nierichtig…«
»Lioren hat mit Ihnen uber Cromsag gesprochen?« unterbrach ihn O'Mara. »Normalerweise spricht er nie mit jemandem daruber, nicht einmal mit mir.«
»Er hat nicht mit mir daruber gesprochen«, stellte Hewlitt klar. »Seit die Virenkreatur vor wenigen Minuten vorubergehend von Cherxic zu Lioren und dann zu mir gewechselt ist, wei? ich alles, was der Padre im Gedachtnis gespeichert hat…«
Er mu?te seinen Bericht unterbrechen, denn es horte sich so an, als ob sechs Stimmen gleichzeitig versuchten, sechs verschiedene Fragen auf einmal zu stellen. Hilfesuchend blickte er in Richtung des Padre, aber dessen Augen ruhten immer noch auf den toten Telfis, und er wu?te, da? Lioren mit den Gedanken in der Vergangenheit bei dem schrecklichen Ereignis war, als ein Planet aufgrund einer einzigen, versehentlich getroffenen Fehlentscheidung beinahe entvolkert worden ware. Sein Mitgefuhl fur den Tarlaner lie? Hewlitts Stimme rauher klingen, als es ihm lieb war.
»Wenn Sie nicht aufhoren, alle auf einmal Fragen zu stellen, kann ich nicht eine einzige davon beantworten. Und jetzt seien Sie bitte ruhig und horen mir zu.«
Hewlitt war uberrascht, wie schnell die Stimmen verstummten, bis ihm klar wurde, da? O'Mara ihnen dasselbe mitgeteilt hatte, wenngleich in einer viel weniger hoflichen Ausdrucksweise.
»Ja, die Virenkreatur ist tatsachlich kurz wieder in meinen Korper und vor allem in mein Gehirn eingedrungen. Und zu Ihrer anderen Frage: Dieser Vorgang hat mich nicht zum Telepathen gemacht. Die Wirkung entspricht eher der Erfahrung mit den Schulungsbandern, woran sich Lioren als ehemaliger Chefarzt noch recht gut erinnern kann. Allerdings verlauft dieserVorgang sanfter und ohne die psychologische Desorientierung, die durch die plotzliche Vermittlung des Wissens und der Personlichkeit eines vollig fremden Bandurhebers ausgelost werden kann. Bei uns handelte es sich aber nicht um einen mechanisch verlaufenden Wissenstransfer, sondern um die Ubertragung von Erinnerungen durch ein denkendes, empfindsames Wesen. Da es sich uns gegenuber verpflichtet fuhlte, wollte es uns keine seelischen Qualen bereiten… «
»Warten Sie!« fiel ihm O'Mara ins Wort, und seine Stimme klang au?erst mi?trauisch, als er fortfuhr: »Wollen Sie etwa damit sagen, da? die Ihnen vermittelten Erinnerungen zuvor verandert oder sogar korrigiert worden sind?«
»Im Laufe der Zeit haben sie sich naturlich etwas abgeschwacht, sind aber nie verfalscht worden«, antwortete Hewlitt. »Sie haben doch mit der Behandlung telepathischer Spezies Erfahrungen gesammelt und mu?ten eigentlich wissen, da? es fur diese Wesen unmoglich ist, gedanklich zu lugen. Ich wei? alles, was diese Virenkreatur im Sinn hat – die ubrigens keinen Namen tragt, weil sie von ihrer Art anscheinend das einzige Exemplar ist -, und das schlie?t auch ihre zukunftigen Absichten mit ein, die sie als telepathisches Wesen weder verbergen noch verfalschen kann.«
»Fahren Sie fort«, forderte ihn O'Mara ungeduldig auf.
»Wahrend des Besuchs der Virenkreatur in meinem Gehirn gelangten samtliche Erinnerungen der vorherigen Wirte in mein Bewu?tsein. Am starksten waren die von Lioren, Cherxic und den ganzen Teilwesen der Telfigestalt, unter denen sich die Virenkreatur frei bewegen konnte. Wenn Sie mal daruber nachdenken, dann hat eine organisierte und intelligente Virenansammlung sehr viel mit einem Gestaltwesen gemein. Aber erst die telfische Kontakttelepathie ermoglichte es dieser Kreatur zum allerersten Mal, eine perfekte Kommunikation mit anderen intelligenten Wesen herzustellen. Ohne genau zu wissen, wieso oder weshalb, ist das genau die Befahigung, nach der sie sich ein ganzes Leben lang gesehnt hat. Dazu war es besonders wichtig, da? sie sich dem auf direkter Strahlenumwandlung basierenden Metabolismus und den lebensfeindlichen Umweltbedingungender VTXMs anzupassen lernte, zusammen mit dem Versprechen der Telfis einer langfristigen Zusammenarbeit, was der Virenkreatur zukunftig einen anderen und sehr viel riskanteren Wechsel von Wirtskorpern ermoglichen wird. Aus diesem Grund fuhrten die Telfis mit der Virenkreatur anfangliche Untersuchungen und Experimente durch, die auch die Ursache fur die Probleme mit der Energieversorgung waren. Das hatte zwar fur das Krankenhaus besorgniserregende Folgen, stellte aber zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Bedrohung dar.
Leider verfuge ich nicht uber das technische Vokabular, aber es scheint ganz so, als ob die Virenkreatur uber einen Korperbau verfugte, der es ihr ermoglicht, sie in ein Reaktorgehause einzuschleusen und dort auf subatomarer Ebene ein erhebliches Ma? an Kontrolle auszuuben.«
Hewlitt hielt fur einen Moment inne und begab sich dann wieder auf vertrauteres Terrain. »Mir wurden auch Morredeths Gedanken ubertragen und merkwurdigerweise ebenso die Gefuhle der Kreatur, die sie einst empfunden hatte, als sie mich als kleines Kind zum ersten Mal zu ihrem Wirtskorper machte. Glauben Sie mir, das Ganze ist eine ziemlich verruckte Erfahrung. Au?erdem habe ich alles uber ihre gemeinsam mit Lonvellin verbrachte Zeit erfahren und uber noch sehr viel weiter zuruckliegende Perioden, die sie mit einer ganzen Reihe nicht intelligenter Wirte verbracht hat und die so weit zuruckreichen, da? sie sich selbst nicht mehr daran erinnern kann.
Diese Virenkreatur ist alt, sehr alt sogar …«