aus den Wanden und der Decke hervorragten, nahm er nur verschwommen wahr – und das sowohl in optischer als auch in geistiger Hinsicht -, doch in der Mitte derSchleusenkammer war ein G-Schlitten festgebunden, auf dem zwei lange, offene Metallkasten standen. Hewlitt folgte dem Padre und blieb mit ihm neben den beiden Kasten stehen. Ihm fiel dabei auf, da? Sarge offenbar auf allen Welten gleich aussahen, wenngleich die Tatsache, da? diese Wesen anscheinend in ihre letzte Ruhestatte gelegt worden waren, bevor sie klinisch tot waren, nach seinem Dafurhalten von einem gewissen Mangel an Sensibilitat zeugte.
»Diese beiden sind klinisch tot«, korrigierte ihn Lioren mit leiser, mi?billigender Stimme, die Hewlitt deutlich werden lie?, da? er zuvor laut nachgedacht haben mu?te. »Sie sind beide innerhalb weniger Minuten nach meinem ersten Besuch gestorben. Man hat sie hier in der Schleusenkammer in der Nahe des Bordtunnels gelassen, damit die physische Anwesenheit ihrer Korper dem noch lebenden Teilwesen ihrer ehemaligen Gesamtgestalt keinen Kummer bereitet. Au?erdem ist es so fur die Pathologie bequemer, die Leichen abzutransportieren. Da die Telfis ihre Toten lediglich in der Erinnerung ehren, sind die Leichen dem Krankenhaus fur Forschungszwecke zur Verfugung gestellt worden, allerdings unter der Voraussetzung, da? die sterblichen Uberreste auf die Oberflache irgendeiner Sonne befordert werden. Bei den raumreisenden Gestaltwesen der Telfis hat sich dieser einheimische Brauch so eingeburgert. Entschuldigen Sie mich bitte kurz, denn ich mu? mich erkundigen, ob es uberhaupt noch moglich ist, Cherxic zu besuchen. Vielleicht ist er bereits gestorben… Ach, und bitte denken Sie daran, da? der Tod wahrend einer Unterhaltung mit einem Telfi nie angesprochen werden darf.«
»In Ordnung, und trotzdem habe ich noch eine Frage: Eben haben Sie gesagt, da? die korperliche Nahe zu…«
»Padre Lioren und Patient Hewlitt, ein DBDG-Terrestrier, mochten mit dem verletzten Teilwesen Cherxic Kontakt aufnehmen«, sagte Lioren in den Kommunikator. »Ware das wohl moglich?«
In Hewlitts Hormuschel knisterte so etwas wie eine lang anhaltende statische Entladung, die der Translator folgenderma?en ubersetzte: »Sowohl Sie Lioren, als auch der Fremde namens Hewlitt sindwillkommen. Ein kurzer Besuch ist moglich. Bitte warten Sie.«
Der Padre trat naher an Hewlitt heran und betrachtete mit ihm gemeinsam einen der toten Telfis. Als Lioren sprach, war seine Stimme von tiefem Bedauern durchdrungen. »Der Telfi leidet schon sehr lange unter seiner Einsamkeit, doch konnen wir beide wenigstens etwas dazu beitragen, ihm sein Los zu erleichtern.«
Nach dem, was ihm alles uber diese exotische strahlenverspeisende Spezies zu Ohren gekommen war, hatte Hewlitt niemals damit gerechnet, da? diese Wesen so gewohnlich aussehen wurden.
Mit Ausnahme eines zusatzlichen Paars Vorderglieder, die aus dem Halsansatz wuchsen, ahnelten die Telfis gro?en terrestrischen Eidechsen, die vom knolligen Kopf bis zum sparlichen Schwanz knapp anderthalb Meter lang waren. Die Leichname lagen auf dem Bauch, so da? die beiden kleinen lidlosen Augen und der geschlossene Mund die einzigen sichtbaren Gesichtsmerkmale waren. Die vier kurzen Gehgliedma?en lagen flach am Korper an, wahrend die beiden langeren Greiforgane uber Kreuz nach vorn ausgestreckt waren, damit das Kinn auf dem Kreuzungspunkt ruhen konnte. Die bla?graue Haut war uberall gesprenkelt und geadert, wodurch sie Statuen aus unpoliertem Marmor glichen.
Obwohl Hewlitt sich daran erinnerte, da? man die Toten ruhen lassen und nichts Nachteiliges uber sie sagen sollte, platzte es automatisch aus ihm heraus: »Die Hautfarbe sieht ja furchtb… ahm… wirklich sehr interessant aus. Man konnte fast sagen schon, wenn man farbenblind ware.«
»Sie durfen das Cherxic gegenuber niemals erwahnen, wenn Sie ihm begegnen«, ermahnte ihn der Padre in scharfem Ton. »Fur einen Telfi ist blasse Haut namlich weder interessant noch schon, sondern nur ein Symptom fur fortgeschrittenen Strahlenhunger und den lebensbedrohlichen Ausfall des Absorptionsmechanismus. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann konnen Sie die Leichen ruhig anfassen. Legen Sie Ihre flache Hand irgendwo auf die Korperoberflache.«
Nachdem sich Hewlitt mit seiner Bemerkung uber die vermeintlich schone Haut der Leichen etwas weit aus dem Fenster gelehnt hatte, fuhlteer sich nun dem Padre gegenuber verpflichtet, einen der toten Telfis zu beruhren. »Der fuhlt sich ja ganz warm an«, staunte er.
»Da er keine Energie mehr absorbiert, hat sein Korper die Raumtemperatur angenommen«, erklarte der Padre. »Fur Cherxic ist es nachher ubrigens am angenehmsten, wenn man seinen Kopf sanft und langsam streichelt. Korperlicher und verbaler Kontakt ist zwar nur ein durftiger Ersatz fur die Gestalttelepathie, aber beides scheint dem Patienten Trost zu spenden.«
Hewlitt horte auf, die blasse Eidechsenhaut zu streicheln, und lie? seine Hand darauf ruhen. »Moment mal! Ich habe Ihnen schon vorher diese Frage zu stellen versucht: Wollen Sie mir damit allen Ernstes sagen, da? Sie auch Cherxic mit der blo?en Hand beruhrt haben, genauso wie Sie Morredeths Fell angefa?t haben?«
»Ja«, antwortete der Padre. »Aber das ist kein Grund, sich daruber so aufzuregen. Physiologisch gesehen sind die Telfis keine geeigneten Wirtskorper fur die Virenkreatur. Schlie?lich ware es fast dasselbe, als wurde sie versuchen, einen Atomreaktor zu infizieren.«
Allmahlich ging Hewlitt ein Licht auf. »Ich habe Ihnen bereits erzahlt, da? dieses Wesen eine Kernexplosion uberlebt hat, und der Krankenhausreaktor funktioniert doch auch nicht mehr richtig und ist sozusagen sehr krank …«
Dann bemerkte Hewlitt, da? das Licht, das ihm aufgegangen war, nicht nur innerlich, sondern auch au?erlich schien, denn die gro?e Innenluke der Schleuse offnete sich und enthullte die Gestalt eines Telfi. Dahinter befand sich eine weitere, transparente Tur, die den Blick auf das Schiffsinnere freigab. Er kam zu der Uberzeugung, da? es sich um einen gesunden Telfi handeln mu?te, weil das Wesen trotz der unbeschreiblich grellen Beleuchtung uberhaupt kein Licht reflektierte. Sowohl dieser als auch die anderen Telfis, die Hewlitt hinter der durchsichtigen Luke entdecken konnte, wirkten auf ihn wie ein Haufen beweglicher schwarzer Locher in Eidechsenform.
Und jeden einzelnen Telfi, den er sehen konnte, erkannte Hewlitt sofortals einen ehemaligen und einen davon sogar als den gegenwartigen Wirtskorper der Virenkreatur.
Es ertonte eine knisternde Explosion statischer Entladungen als das Wesen, das in der offenen Luke stand, naherkam und sagte: »Ich bin das Teilwesen Cherxic. Bitte beruhren Sie mich, meine lieben Fremdweltler, moglichst immer nur einer zur gleichen Zeit. Unser Schiff wird in Kurze zum Planeten Telfi zuruckkehren, und es gibt wichtige Informationen, die ich Ihnen vorher noch mitteilen mu?.«
31. Kapitel
Hewlitt beobachtete, wie Cherxic sich zwischen sie gesellte, und wie der Padre, der wohl neugieriger oder vielleicht auch nur weniger feige als er selbst war, eine blo?e Mittelhand auf den Kopf des Telfis legte. Eine Weile zitterte Lioren fast am ganzen Korper, obwohl er nicht beunruhigt zu sein schien. Kein Wort wurde gesprochen, und