«Ein andrer Indsman hatte den Kerl sofort kalt gemacht!«

«Vielleicht. Aber habt Ihr nicht gesehen, da? der Sohn unter seine Decke nach dem Messer oder dem Tomahawk griff? Nur als er das regungslose Gesicht seines Vaters sah, verzichtete er darauf, die That augenblicklich zu rachen. Ich sage Euch, bei diesen Indsmen genugt ein kurzer Blick, wo es bei uns Wei?en oft einer langen Rede bedarf. Seit dem Augenblicke, da? der Cornel den Indianer in das Gesicht schlug, ist sein Tod eine beschlossene Sache. Die beiden» Baren «werden nicht eher von seiner Fahrte lassen, bis sie ihn ausgeloscht haben. Aber, Ihr nanntet ihm Euern Namen, den ich als einen deutschen erkannte. Wir sind also Landsleute.«

«Wie, Sir, auch Ihr seid ein Deutscher?«fragte Gro?er erstaunt.

«Allerdings. Mein eigentlicher Name ist Winter. Auch ich fahre noch eine gute Strecke mit diesem Schiffe, und da findet sich fur uns beide jedenfalls Gelegenheit, uns wieder zu sprechen.«

«Wenn Ihr Euch herablassen wollt, so soll es mir die denkbar gro?te Ehre sein, Sir.«

«Macht keine Komplimente. Ich bin nicht mehr, als Ihr seid, ein Westmann, weiter nichts.«

«Ja, aber der General ist auch nicht mehr als der Rekrut, ein Soldat namlich.«

«Wollt Ihr Euch in Wahrheit mit einem Rekruten vergleichen? Dann durftet Ihr Euch nur erst kurze Zeit im Westen befinden.«

«Nun, «meinte der Bartige in bescheidenem Tone,»etwas langer bin ich doch schon da. Ich hei?e Thomas Gro?er. Den Familiennamen la?t man hier weg; aus dem Thomas macht man einen Tom, und weil ich einen so gewaltigen und schwarzen Bart trage, nennt man mich den schwarzen Tom.«

«Wie? Was?«rief Old Firehand aus.»Ihr seid der schwarze Tom, der beruhmte Rafter?«

«Tom hei?e ich, Rafter bin ich, ob beruhmt, das bezweifle ich.«

«Ihr seid es, Ihr seid es, Sir. Ich versichere es Euch mit meinem Handschlage!«

«Nicht allzulaut, bitte, Sir!«warnte Tom.»Der Colonel dort soll meinen Namen nicht horen.«

«Warum nicht?«

«Weil er mich an demselben wiederkennen wurde.«

«So habt Ihr schon mit ihm zu thun gehabt?«

«Ein wenig. Ich erzahle es Euch schon noch. Ihr kennt ihn nicht?«

«Ich sah ihn heut zum erstenmal.«

«Nun, seht seinen Bart und sein rotes Haar und hort dazu, da? sein Name Brinkley ist.«

«Was Ihr sagt! So ist er der rote Brinkley, der hundert Schandthaten begangen hat, ohne da? man ihm eine einzige beweisen kann?«

«Er ist's, Sir. Ich habe ihn erkannt.«

«Dann werde ich ihm, wenn er langer an Bord bleibt, etwas scharfer auf die Finger sehen. Und Euch mu? ich naher kennen lernen. Ihr seid der Mann, der fur mich pa?t. Wenn Ihr Euch nicht bereits anderweit versprochen hattet, konnte ich Euch brauchen.«

«Nun, «meinte Tom, indem er nachdenklich zu Boden blickte,»die Ehre, bei Euch sein zu konnen, ist viel mehr wert, als alles andre. Ich bin zwar einen Bund mit andern Rafters eingegangen; sie haben mich sogar zu ihrem Anfuhrer gemacht; aber wenn Ihr mir Zeit lassen konnt, sie zu benachrichtigen, so la?t sich das leicht losen.«

«Schon. Ihr mu?t Euch einen Kajutenplatz nehmen, damit wir beisammen sind. Was Ihr draufzuzahlen habt, will ich gern ersetzen.«

«Danke, Sir! Wir Rafters verdienen, wenn wir flei?ig sind, auch viel Geld. Und gerade jetzt habe ich alle Taschen voll, denn ich komme von Vicksburg unten herauf, wo ich unsre Rechnungen prasentiert und in Kasse umgewandelt habe. Ich kann also den Kajutenplatz selbst bezahlen. Aber seht! Mir scheint, die Vorstellung soll jetzt beginnen.«

Der Menageriebesitzer hatte aus Kisten und Paketen mehrere Sitzreihen hergestellt und lud nun in pomphaften Worten das Publikum ein, Platz zu nehmen. Dies geschah. Das Schiffspersonal durfte, soweit es nicht beschaftigt war, gratis zuschauen. Der Cornel kam mit seinen Leuten nicht herbei; er hatte die Lust dazu verloren.

Die beiden Indianer waren nicht gefragt worden, ob sie auch mit teilnehmen wollten. Zwei Indsmen bei Ladies und Gentlemen, welche pro Person einen Dollar bezahlt hatten, da? wollte der Besitzer des Tieres sich nicht vorwerfen lassen. Sie standen also von ferne und schienen weder dem Kafige noch der Zuschauergruppe die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, wahrend aber ihren scharfen, verstohlenen Blicken von allem, was geschah, nicht da? Geringste entging.

Nun sa?en die Zuschauer vor dem noch geschlossenen Kasten. Die meisten von ihnen hatten keinen richtigen Begriff von einem schwarzen Panther. Die katzenartigen Raubtiere der neuen Welt sind bedeutend kleiner und ungefahrlicher als diejenigen der alten Welt. Der Gaucho zum Beispiel fangt den Jaguar, welcher der amerikanische Tiger genannt wird, mit dem Lasso und schleift ihn hinter sich her. Das durfte er beim bengalischen Konigstiger nicht wagen. Und der amerikanische Lowe, der Puma, flieht vor dem Menschen, selbst wenn er vom Hunger gepeinigt wird. Man hat die Vorstellung, da? der Panther bedeutend kleiner sei als der Lowe und Tiger, und da die Zuschauer bei diesen beiden Bezeichnungen an den Puma und Jaguar dachten, so erwarteten die meisten von ihnen, ein kaum mehr als einen halben Meter hohes und dementsprechend langes und starkes Raubtier zu sehen. Wie fuhlten sie sich daher betroffen, als jetzt die Vorderwand des Kastens entfernt wurde und sie den Panther erblickten.

Er hatte seit New Orleans im Dunkeln gelegen, der Kasten war nur des Nachts geoffnet worden. Jetzt erblickte er zum erstenmal wieder das Tageslicht, welches seine Augen blendete. Er schlo? sie und blieb noch liegen, lang ausgestreckt, so lang wie der Kasten war. Dann blinzelte er leise, dabei bemerkte er die vor ihm sitzenden Menschen. Im Nu war er auf und stie? ein Brullen aus, welches die Wirkung hatte, da? die Mehrzahl der Zuschauer aufsprangen, um zu retirieren.

Ja, es war ein ausgewachsenes prachtiges Exemplar, gewi? einen Meter hoch und ohne Schwanz zweimal so lang. Er fa?te die Stabe des eisernen Kafigs mit den Vordertatzen und schuttelte sie, da? der Kasten in Bewegung kam. Dabei zeigte er das furchterliche Gebi?. Die dunkle Farbe erhohte nur den Eindruck, den er machte.

«Ja, Myladies und Gentlemen, «sagte der Menageriebesitzer in erklarendem Tone,»die schwarze Abart des Panthers ist wohl auf den Sundainseln daheim. Diese Tiere sind aber klein. Der echte schwarze Panther, welcher freilich sehr selten ist, wird in Nordafrika, an der Grenze der Sahara gefunden. Er ist ebenso stark und weit gefahrlicher als der Lowe und kann ein ausgewachsenes Rind im Rachen forttragen. Was seine Zahne vermogen, werdet ihr gleich sehen, da die Futterung beginnt.«

Der Bandiger brachte die Halfte eines Schafes herbei und legte sie vor dem Kafig nieder. Als der Panther das Fleisch erblickte, gebardete er sich wie unsinnig. Er sprang auf und ab und fauchte und brullte, da? die furchtsameren der Zuschauer sich noch weiter zuruckzogen als bisher.

Ein an der Schiffsmaschine beschaftigter Neger hatte der Neugierde nicht widerstehen konnen und sich herbeigeschlichen. Der Kapitan sah ihn und befahl ihm, sofort an seine Arbeit zuruckzukehren. Da der Schwarze nicht gleich gehorchte, ergriff der Kapitan ein nahe liegendes Tauende und versetzte ihm mit demselben einige Hiebe. Nun zog sich der Gezuchtigte schnell zuruck, blieb aber an der in den Maschinenraum fuhrenden Lucke stehen, zog dem Kapitan hinter dem Rucken desselben eine drohende Grimasse und schuttelte die Fauste gegen ihn. Da die Zuschauer nur auf den Panther achteten, hatten sie das nicht bemerkt. Der Cornel aber sah es und sagte zu seinen Gefahrten:»Dieser Nigger ist dem Kapitan nicht hold, wie es scheint. Vielleicht kann er uns von Nutzen sein. Wollen uns an ihn machen. Einige Dollar wirken bei einem Schwarzen Wunder.«

Jetzt schob der Tierbandiger das Fleisch zwischen den Eisenstaben hindurch in den Kafig, musterte die Zuschauer mit prufendem Blicke und sagte dann seinem Herrn einige leise Worte. Dieser schuttelte bedenklich den Kopf, der andre redete weiter auf ihn ein und schien seine Bedenken zu zerstreuen, denn der Besitzer nickte endlich und erklarte den vor dem Kafige Sitzenden und Stehenden:»Myladies und Mesch'schurs, ich sage euch, da? ihr ungeheures Gluck habt. Ein gebandigter schwarzer Panther ist noch nie gesehen worden, wenigstens hier in den Staaten nicht. Wahrend des dreiwochentlichen Aufenthaltes in New Orleans nun hat mein Bandiger den Panther in die Schule genommen und erklart jetzt, zum erstenmal offentlich zu ihm in den Kasten gehen und sich neben ihm niedersetzen zu wollen, falls ihr ihm eine entsprechende Gratifikation zusagt.«

Der Bandiger war ein starker, au?erordentlich muskuloser Mensch mit einem ungewohnlich selbstbewu?ten Zuge im Gesicht. Er war jedenfalls vom Gelingen seines Vorhabens vollstandig uberzeugt, wie seine gegenwartige zuversichtliche Miene bewies.

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