gerade wie zu sich selbst.«

«Was nutzt uns das! Der Zug geht ja hier durch!«

«Esel! Er halt volle funf Minuten hier.«

«Donner!«

«Und ich und du werden auf der Lokomotive stehen.«

«Alle Wetter! Du phantasierst.«

«Fallt mir nicht ein! Der Zug mu? von einem Extrabeamten in Carlyle ubernommen werden. Dieser Mann bleibt bis hier auf der Lokomotive und fahrt dann sogar bis Wallace mit, um den Train dort zu ubergeben.«

«Und dieser Extrabeamte sollst gerade du sein?«

«Ja. Und du sollst mit, oder vielmehr, du darfst mit.«

«Wieso?«

«Der Ingenieur hat mir erlaubt, mir noch einen zweiten auszusuchen, der bei mir sein soll, und als ich ihn fragte, wen er mir vorschlage, so antwortete er, da? er mir da keine Vorschriften mache; er werde meine Wahl billigen. Da versteht es sich ganz von selbst, da? ich dich wahle.«

«Du, ist ein so schnelles und gro?es Vertrauen nicht auffallig?«

«Eigentlich, freilich. Aber ich erkenne aus allem, da? er einen Vertrauten braucht und nie einen gehabt hat. Der famose Empfehlungsbrief hat naturlich auch viel geholfen. Und au?erdem kann mich dieses allerdings rasche Vertrauen nicht nachdenklich machen, weil ein Aber dabei ist.«

«So! Welches denn?«

«Der Auftrag ist nicht ganz ungefahrlich.«

«Ah! Das beruhigt mich vollstandig. Ist etwa die Strecke leichtsinnig gebaut?«

«Nein, obgleich sie eigentlich jetzt nur eine Interimsstrecke ist, wie ich aus den Buchern und Planen ersehen habe. Aber du kannst dir denken, da? bei einer so gro?en, neuen Bahn nicht genug geprufte Beamte vorhanden sind. Es gibt Maschinisten, welche man noch nicht kennt, und es melden sich als Heizer Leute, deren Herkunft und Auftreten bedenklich ist. Denke dir nun einen Zug, welcher fast eine halbe Million Dollar bei sich fuhrt, von so einem Maschinisten und Heizer geleitet. Wenn die zwei Kerle daruber einig werden, konnen sie ihn leicht irgendwo auf der Strecke stehen lassen und sich mit dem Gelde davon machen. Darum mu? ein Beamter bei ihnen sein, und da sie zwei Personen sind, hat derselbe noch einen Gehilfen zu sich zu nehmen. Verstanden, es ist eine Art Polizeiposten. Wir werden jeder, du und ich, einen geladenen Revolver in der Tasche haben, um die Kerle, sobald sie eine verbrecherische Absicht verraten, sofort niederzuschie?en.«

«Du, das ist spa?haft. Wir, und das Geld bewachen! Wir werden die Kerle unterwegs zwingen, anzuhalten, und uns dann die Dollars nehmen.«

«Das geht nicht; denn au?er dem Maschinisten und dem Heizer ist noch der Kondukteur vorhanden, und auch ein Kassenbeamter aus Kansas City, welcher das Geld in einem Koffer mit sich fuhrt. Beide sind gut bewaffnet. Diese zwei wurden, wenn wir auch die ersten beiden zwingen konnten, den Zug halten zu lassen, sofort Verdacht schopfen und ihre Wagen verteidigen. Nein, das mu? auf ganz andre Weise geschehen. Man mu? mit Ubermacht angreifen, und zwar an einem Orte, wo so etwas gar nicht zu vermuten ist, also hier.«

«Und du denkst, da? es gelingt?«

«Naturlich! Es ist nicht das geringste Bedenken dabei, und keinem von uns wird ein Haar gekrummt werden. Ich bin so uberzeugt davon, da? ich dich jetzt fortschicke, um den Cornel zu unterrichten.«

«Der Ritt ist bei der jetzigen Finsternis unmoglich, denn ich kenne die Gegend nicht.«

«So magst du bis gegen Morgen warten; aber das ist die allerspateste Zeit, denn ich mu? bis Mittag Nachricht haben. Sporne dein Pferd tuchtig an, und wenn du es totreiten solltest.«

«Und was soll ich sagen?«

«Was du jetzt von mir gehort hast. Der Zug trifft Punkt drei Uhr des Nachts hier ein. Wir beide stehen auf der Lokomotive und werden, sobald er halt, den Maschinisten und den Heizer auf uns nehmen. Notigenfalls schie?en wir sie nieder. Der Cornel mu? sich mit den Unsrigen heimlich an der Bahn aufgestellt haben und augenblicklich die Wagen besteigen. Bei einer solchen Ubermacht werden die etwa wachen Bewohner von Sheridan und die drei oder vier Beamten, mit denen wir es zu thun haben, so verblufft sein, da? sie gar keine Zeit zur Gegenwehr finden.«

«Hm, der Plan ist nicht ubel. Eine erschreckliche Summe! Wenn jeder von uns gleichviel bekommt, so entfallen auf den Mann zweitausend Dollar. Hoffentlich geht der Cornel auf deinen Vorschlag ein.«

«Er ware geradezu verruckt, wenn er es nicht thate. Sage ihm, da? ich in diesem Falle mich von ihm lossagen und mich entschlie?en werde, den Streich allein auszufuhren. Das Wagnis wurde freilich gro?er sein, aber es fiele mir im Falle des Gelingens auch die ganze Summe zu.«

«Habe keine Sorge! Mir fallt es gar nicht ein, diese prachtige Gelegenheit vorubergehen zu lassen. Ich werde den Plan so befurworten, da? der Cornel gar nicht dazukommen wird, Bedenken gegen denselben geltend zu machen. Ich bringe dir sicher eine zustimmende Antwort mit. Aber wie kann ich dir dieselbe ubermitteln?«

«Das ist freilich eine heikle Frage. Wir mussen alles vermeiden, was Verdacht zu erregen vermag, was den Gedanken erwecken kann, da? wir Heimlichkeiten miteinander haben. Darum mussen wir es vermeiden, uns personlich zu treffen. Auch wei? ich nicht, ob wir Zeit und die passende, unauffallige Gelegenheit dazu finden wurden. Du mu?t mich brieflich benachrichtigen.«

«Ist nicht gerade dieses am auffalligsten. Wenn ich dir einen Boten sende — «

«Einen Boten? Wer spricht davon!«unterbrach ihn der Schreiber.»Das ware die gro?te Dummheit, welche wir begehen konnten. Ich kann noch nicht sagen, ob ich dazu kommen werde, das Haus einmal zu verlassen; also mu?t du mir alles aufschreiben und den Zettel in der Nahe desselben verstecken.«

«Und wo?«

«Hm! Ich mu? einen Ort wahlen, zu welchem ich gelangen kann, ohne auffallig zu werden und viel Zeit dazu zu gebrauchen. Ich wei? schon, da? ich am Vormittag tuchtig zu arbeiten haben werde; es sind lange Lohnlisten auszufullen, wie mir der Ingenieur sagte. Jedenfalls aber finde ich einmal Zeit, wenigstens an die Hausthure zu treten. Hart neben derselben steht ein Regenfa?, hinter welches du den Zettel verstecken kannst. Wenn du ihn mit einem Stein beschwerst, so wird ihn kein Unberufener entdecken.«

«Wie aber erfahrst du es, da? der Zettel an dem Ort liegt? Du kannst doch nicht ofters und umsonst zu dem Fasse gehen.«

«Auch das la?t sich machen. Ich habe dir doch zu sagen oder sagen zu lassen, da? du mit mir den Geldzug besteigen sollst. Das werde ich schon am Vormittag thun. Ich lasse nach dir suchen, und das wirst du bei deiner Ruckkehr sofort erfahren. Du kommst dann, um zu fragen, weshalb ich nach dir verlangt habe. Dabei verbirgst du den Zettel, und ich wei?, da? er an seinem Orte liegt. Bist du einverstanden?«

«Ja. Sind wir fertig, oder hast du noch weitere Mitteilungen?«

«Ich habe nichts mehr zu sagen. Also dringe ja darauf, da? mein Plan angenommen wird, und zwar moglichst ohne Anderungen, denn dieselben wurden der Vorbereitungen bedurfen, zu denen wir keine Zeit fanden. Und spute dich unterwegs. Nun gute Nacht!«

Der andre erwiderte den Gru? und huschte fort. Das Fenster wurde leise zugemacht. Old Firehand blieb noch eine Weile liegen und schob sich dann hochst vorsichtig nach der Klappe, um zuruckzusteigen. Als er die Treppe hinabgeschlichen kam, fragte ihn eine leise Stimme:»Wer kommt da? Ich bin's, der Ingenieur.«

«Old Firehand. Kommt mit in meine Stube, Sir!«

Als sie sich in der letzteren befanden, fragte der Beamte, ob es moglich gewesen sei, das Gesprach zu belauschen. Der Jager erzahlte ihm alles, was er gehort hatte, und sprach die Uberzeugung aus, da? die Angelegenheit den beabsichtigten Gang gehen werde. Nach einigen weiteren unwesentlichen Bemerkungen trennten sie sich, um sich zur Ruhe zu legen.

Old Firehand erwachte am andern Morgen zeitig. Ihm, der an Thatigkeit und Bewegung gewohnt war, fiel es nicht leicht, so ruhig und versteckt in seiner Stube auszuhalten; doch mu?te er sich darein ergeben. Es mochte gegen elf Uhr sein, als der Ingenieur zu ihm kam. Dieser sagte ihm, da? der Schreiber fest bei der ihm aufgetragenen Arbeit sei und sich die gro?te Muhe gebe, fur einen soliden Mann zu gelten. Es war auch nach Faller geschickt worden; naturlich hatte man ihn nicht gefunden. Infolgedessen hatten die Arbeiter den Auftrag erhalten, ihn, sobald er sich sehen lasse, zu dem Ingenieur zu schicken. Eben als diese Mitteilungen voruber waren, sah Old Firehand einen kleinen bucklichten Kerl die Anhohe heraufsteigen; derselbe trug ein ledernes Jagdgewand und hatte ein langes Gewehr uberhangen.

«Der Humply-Bill!«sagte er betroffen. Und erklarend fugte er hinzu:»Dieser Mann gehort zu meinen Leuten.

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