haderte mit seinem Schicksal.
Weil Toby Sex nicht haben konnte, dachte er an nichts anderes. Wann immer er nach einer Tournee heimkehrte, wartete Millie auf ihn, sehnsuchtig, liebevoll und bereit. Und sowie Toby sie sah, erlosch sein Verlangen. Sie war die Feindin, und Toby verachtete sie fur das, was sie ihm antat. Er zwang sich, mit ihr ins Bett zu gehen, aber tatsachlich befriedigte er AI Caruso. Immer wenn Toby Millie nahm, geschah es mit einer wilden Brutalitat, die ihr schmerzvolles Keuchen entlockte. Er bildete sich ein, es seien Freudentranen, und er stie? immer starker in sie hinein, bis er schlie?lich in einer Explosion der Wut seinen gehassigen Samen in sie ergo?. Er gab nicht Liebe.
Er gab Hass.
Im Juni 1950 uberschritten die Nordkoreaner den 39. Breitengrad und griffen die Sudkoreaner an, und Prasident Truman befahl den U.S.Truppen einzugreifen. Ganz gleich, was die ubrige Welt dachte, fur Toby war der Koreakrieg das Beste, was ihm passieren konnte.
Anfang Dezember war in der Daily Variety zu lesen, dass Bob Hope sich anschickte, eine Weihnachts- Tournee zur Unterhaltung der Truppen in Seoul zu unternehmen. Drei?ig Sekunden, nachdem er das gelesen hatte, rief Toby Clifton Lawrence an.
»Sie mussen mich da reinbringen, Cliff«
»Wozu? Sie sind beinahe drei?ig Jahre alt. Glauben Sie mir, mein Junge, diese Tourneen sind kein Vergnugen. Ich -«
»Es kummert mich einen Dreck, ob sie ein Vergnugen sind oder nicht!« schrie Toby ins Telefon. »Unsere Soldaten sind da drau?en und setzen ihr Leben aufs Spiel. Ich konnte ihnen wenigstens ein paar Lacher entlocken.«
Das war eine Seite von Toby Temple, die Clifton noch nicht kannte. Er war angetan und freute sich daruber.
»Okay. Wenn Ihnen so viel daran liegt, werde ich sehen, was ich tun kann«, versprach Clifton.
Eine Stunde spater rief er Toby wieder an. »Ich habe mit Bob Hope gesprochen. Er ware glucklich, Sie dabeizuhaben. Wenn Sie aber Ihre Meinung andern sollten -«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Toby und legte auf.
Clifton Lawrence sa? lange da und dachte uber Toby nach. Er war sehr stolz auf ihn. Toby war ein wunderbarer Mensch, und Clifton Lawrence war hoch erfreut, derjenige zu sein, der Toby bei seiner Karriere behilflich sein konnte.
Toby spielte in Taegu und Pusan und Chonju und fand Trost in dem Gelachter der Soldaten. Millie verschwand fast vollig aus seinen Gedanken.
Dann war Weihnachten voruber. Statt nach Hause zuruckzukehren, ging Toby nach Guam. Die Jungs mochten ihn. Er ging nach Tokio und unterhielt die Verwundeten im Armee-Lazarett. Aber schlie?lich war es Zeit heimzufahren.
Im April, als Toby von einer zehnwochigen Tournee durch den Mittleren Westen zuruckkam, erwartete Millie ihn auf dem Flugplatz. Ihre ersten Worte waren: »Liebling – ich bekomme ein Kind!«
Er starrte sie wie betaubt an. Sie verwechselte seine Miene mit dem Ausdruck von Gluck.
»Ist es nicht wundervoll?« rief sie aus. »Wenn du jetzt fort bist, habe ich das Kind, das mir Gesellschaft leisten kann. Hoffentlich ist es ein Junge, dann konntest du ihn zu Baseball-Spielen mitnehmen und…«
Toby horte sich den Rest der affektierten Dummheiten gar nicht erst an. Es war, als wurden ihre Worte aus weiter Ferne zu ihm dringen. Insgeheim hatte Toby gehofft, dass es eines Tages irgendeine Fluchtchance fur ihn gabe. Sie waren zwei Jahre verheiratet, und es kam ihm vor wie eine Ewigkeit. Und jetzt das! Millie wurde ihn nie freigeben.
Nie.
Das Kind sollte um Weihnachten herum geboren werden. Toby hatte Vorbereitungen getroffen, mit einer Unterhaltungstruppe nach Guam zu fliegen, hatte aber keine Ahnung, ob AI Caruso damit einverstanden sein wurde, dass er unterwegs ware, wenn Millie das Kind bekam. Es gab nur einen Weg, es herauszufinden. Toby rief in Las Vegas an.
Er erkannte Carusos frohliche Stimme sofort. »Hallo, mein Junge!
Schon, Sie wieder mal zu horen.«
»Gleichfalls, AI.«
»Wie ich hore, werden Sie Vater. Sie mussen schrecklich aufgeregt sein.«
»Aufgeregt ist gar kein Ausdruck«, sagte Toby wahrheitsgema?. Er gab seiner Stimme einen besorgten Klang. »Genau deshalb rufe ich Sie auch an, AI. Das Kind wird um Weihnachten herum geboren werden und -« Er musste sehr vorsichtig sein. »Ich wei? nicht, was ich tun soll. Einerseits mochte ich hier bei Millie sein, wenn das Kind geboren wird, andererseits hat man mich gebeten, wieder nach Korea und Guam zu gehen und die Truppen zu betreuen.«
Es entstand eine lange Pause. »Das ist tatsachlich ein Problem.«
»Ich mochte unsere Jungs nicht enttauschen, aber genausowenig mochte ich Millie enttauschen.«
»Nun ja.« Wieder eine Pause. Dann: »Ich werde Ihnen sagen, was ich denke, mein Junge. Wir sind alle gute Amerikaner, stimmt's? Diese Jungs da drau?en kampfen fur uns, stimmt's?«
Toby fuhlte, wie sich sein Korper entspannte. »Klar. Aber ich wurde ungern -«
»Millie wird's schon schaffen«, sagte Caruso. »Die Frauen haben seit Ewigkeiten Kinder bekommen. Sie fliegen nach Korea.«
Sechs Wochen spater, am Heiligen Abend, als Toby unter donnerndem Applaus die Buhne der Garnison in Pusan verlie?, wurde ihm ein Telegramm ausgehandigt, in dem es hie?, dass Millie bei der Geburt eines totgeborenen Sohnes gestorben war. Toby war frei.
14.
Der 14. August 1952 war Josephine Czinskis dreizehnter Geburtstag. Sie war von Mary Lou Kenyon, die am selben Tag geboren war, zu einer Party eingeladen. Josephines Mutter hatte ihr verboten hinzugehen. »Das sind schlechte Menschen«, hatte Mrs. Czinski sie gewarnt. »Du tatest besser daran, zu Hause zu bleiben und die Bibel zu lesen.« Aber Josephine hatte keineswegs die Absicht, zu Hause zu bleiben. Ihre Freundinnen waren nicht schlecht. Sie wunschte, sie konnte das ihrer Mutter begreiflich machen. Sobald ihre Mutter aus dem Haus war, nahm Josephine funf Dollar, die sie sich als Babysitter verdient hatte, und ging in die Stadt, wo sie sich einen entzuckenden wei?en Badeanzug kaufte. Dann fuhr sie zu Mary Lou. Sie hatte das Gefuhl, dass es ein wundervoller Tag werden wurde.
Mary Lou Kenyon wohnte in dem schonsten aller Hauser der Ol-Leute. Ihr Heim war voller Antiquitaten, kostbarer Wandteppiche und schoner Gemalde. Auf dem Grundstuck gab es Wohnpavillons fur Gaste, Stalle, eine Tennisanlage, einen privaten Flugzeuglandeplatz und zwei Swim-ming-pools, einen riesigen fur die Kenyons und ihre Gaste und hinten einen kleineren fur das Personal.
Mary Lou hatte einen alteren Bruder namens David, von dem Josephine von Zeit zu Zeit einen Blick erhaschte. Er war der bestaussehende Junge, dem sie je begegnet war. Er schien etwa zwei Meter gro? zu sein, mit breiten Schultern und spottischen grauen Augen. Er gehorte zum All-America-Team und hatte ein Rhodes- Stipendium. Mary hatte au?erdem eine altere Schwester gehabt, Beth, die gestorben war, als Josephine noch ein kleines Madchen war.
Jetzt, auf der Party, hielt Josephine hoffnungsvoll Ausschau nach David, aber sie konnte ihn nirgends entdecken. Fruher war es vorgekommen, dass er stehengeblieben war und sie angesprochen hatte, aber jedesmal war Josephine rot geworden und stumm geblieben.
Die Party war ein gro?er Erfolg. Es waren vierzehn Jungen und Madchen da. Es gab ein Picknick mit Rindfleisch, Hahnchen, Chilli,
Kartoffelsalat und Limonade, das auf der Terrasse von livrierten Butlern und Dienstmadchen hergerichtet wurde. Dann packten Mary Lou und Josephine ihre Geschenke aus, wahrend alle anderen dabeistanden und sie begutachteten.
Mary Lou schlug vor: »Gehen wir schwimmen.«