erreichen.«

Metaxas' Blicke wanderten zu den Treibstoffmessern. Sie zeigten halbvolle Tanks an. »Um Himmels willen«, platzte Metaxas heraus, »wir konnten bis nach China fliegen!«

Das Funkgerat war stumm. Plotzlich setzte es wieder knisternd ein: »Amsterdam Tower an Sonderflug eins-null-neun. Landung freigegeben. Wir holen Sie herein.«

»Verstanden.« Larry kippte den Schalter zuruck und wandte sich an Metaxas. »Lass den Treibstoff ab«, befahl er.

Metaxas schluckte und fragte dann mit quakender Stimme: »Treibstoff ablassen?«

»Du hast richtig verstanden, Paul. Lass nur so viel in den Tanks, dass es zur Landung reicht.«

»Aber, Larry ...«

»Verdammt, widersprich mir jetzt nicht. Wenn wir mit halbvollen Tanks ausrollen, nehmen sie uns die Lizenz so schnell, dass wir's gar nicht merken.«

Metaxas nickte duster und griff nach einem Hebel. Er begann zu pumpen und behielt dabei den Treibstoffmesser genau im

Auge. Funf Minuten spater befanden sie sich im Nebel, eingehullt in weiche wei?e Watte, die alles ausloschte au?er dem schwach erhellten Cockpit, in dem sie sa?en. Es war ein gespenstisches Gefuhl, abgeschnitten von Zeit und Raum und der ubrigen Welt. Zum letzten Mal hatte Larry dieses Gefuhl in einem Link Trainer durchlebt, aber das war gewisserma?en ein Spiel ohne Risiko gewesen. Jetzt war der Einsatz Leben oder Tod. Was mochte wohl sein Passagier machen? fragte er sich. Er hoffte, sie bekame einen Herzanfall. Wieder meldete sich der Kontrollturm von Amsterdam.

»Kontrollturm Amsterdam an Sonderflug eins-null-neun. Ich bringe Sie uber A. L. S. ein. Befolgen Sie meine Anweisungen bitte genau. Wir haben Sie auf unserem Radarschirm. Drehen Sie 3 Grad West und halten Sie die gegenwartige Hohe, bis weitere Anweisungen folgen. Bei Ihrer gegenwartigen Fluggeschwindigkeit sollten Sie in achtzehn Minuten landen.«

Die Stimme im Funkgerat klang angespannt. Aus gutem Grund, dachte Larry grimmig. Ein kleiner Fehler, und das Flugzeug wurde ins Meer rasen. Larry nahm die Korrektur vor und verschloss seine Gedanken fur alles andere au?er der korperlosen Stimme, die den einzigen Weg zum Uberleben wies. Er flog die Maschine so, als sei sie ein Teil seiner selbst, er flog sie mit Herz und Geist und Seele. Er war sich dumpf der Nahe von Paul Metaxas bewusst, der schwitzend neben ihm sa? und standig mit leiser, gepresster Stimme die Instrumente ablas. Doch wenn sie aus dieser Situation lebendig herauskommen sollten, dann war es Larry Douglas zu verdanken. Larry hatte niemals einen so dichten Nebel erlebt. Er war ein gespenstischer Feind, der ihn von allen Seiten anfiel, ihn blendete, ihn tauschte, ihn zu verleiten suchte, den todlichen Fehler zu begehen. Er raste mit einer Geschwindigkeit von vierhundert Kilometern in der Stunde dahin, war unfahig, weiter zu sehen als bis zu der Windschutzscheibe des Cockpits vor sich. Piloten hassten Nebel, und ihre erste Regel war:

Steige uber ihn weg oder tauche unter ihm durch, aber gehe ihm aus dem Weg! Jetzt konnte er das nicht, denn er war durch die Laune einer uberspannten Person auf ein unerreichbares Ziel festgelegt. Er war hilflos der Barmherzigkeit seiner Instrumente ausgeliefert, die falsch anzeigen konnten, und der Manner auf dem Boden, die Fehler begehen konnten. Wieder meldete sich die Stimme im Funkgerat, und sie schien Larry einen neuen, nervosen Ton zu haben.

»Tower Amsterdam an Sonderflug eins-null-neun. Sie kommen zum ersten Teil Ihres Landeanflugs. Fahren Sie die Landeklappen aus und gehen Sie tiefer. Gehen Sie auf zweitausend Fu? ... auf funfzehnhundert Fu? ... auf tausend Fu? ...«

Noch immer kein Anzeichen des Flughafens unten. Sie hatten irgendwo in der Mitte des Nichts sein konnen. Er spurte aber, wie der Boden der Maschine entgegenraste.

»Verringern Sie die Fluggeschwindigkeit auf hundertzwanzig ... Fahren Sie das Fahrwerk aus ... Sie sind in sechshundert Fu? ... Geschwindigkeit einhundert ... Sie sind in vierhundert Fu? ...« Und immer noch kein Anzeichen dieses gottverdammten Flughafens! Die Decke der alles einhullenden Watte schien jetzt dichter.

Metaxas' Stirn glanzte vor Schwei?. »Wo, zum Teufel, ist er?« murmelte er.

Larry warf einen schnellen Blick auf den Hohenmesser. Die Nadel naherte sich der Marke fur dreihundert Fu?, dann war sie darunter. Der Boden raste ihnen mit hundert Meilen in der Stunde entgegen. Der Hohenmesser zeigte nur noch hundertfunfzig Fu? an. Irgend etwas stimmte nicht. Er musste jetzt die Lichter des Flughafens sehen konnen. Er strengte seine Augen an, um weiter sehen zu konnen, aber er nahm nichts als den verraterischen, blendenden Nebel wahr, der an der Windschutzscheibe vorbei strich.

Larry vernahm Metaxas' Stimme, angespannt und heiser: »Wir sind auf sechzig Fu?.« Und immer noch nichts.

»Vierzig Fu?.«

Und der Boden raste ihnen in der Dunkelheit weiter entgegen.

»Zwanzig Fu?.«

Es hatte keinen Sinn. Noch zwei Sekunden, und sie hatten den Sicherheitsbereich uberschritten und wurden zerschellen. Er musste augenblicklich eine Entscheidung treffen.

»Ich bringe sie wieder hinauf«, sagte Larry. Seine Hande schlossen sich fester um die Steuersaule, und er begann sie zuruckzuziehen, doch in diesem Augenblick flammte auf dem Boden vor ihm eine Reihe elektrischer Lichtpfeile auf und beleuchtete die Landebahn unten. Zehn Sekunden spater hatten sie aufgesetzt und rollten auf das Flughafengebaude von Schiphol zu.

Als sie zum Halten gekommen waren, stellte Larry mit gefuhllosen Fingern die Motoren ab und blieb dann lange regungslos sitzen. Schlie?lich stemmte er sich auf die Fu?e und stellte zu seiner Uberraschung fest, dass ihm die Knie zitterten. Er bemerkte einen seltsamen Geruch und blickte Metaxas an. Metaxas grinste verlegen. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich habe in die Hosen gemacht.« Larry sah auf ihn herab und nickte. »Fur uns beide«, sagte er. Er drehte sich um und ging in die Kabine. Die Hure sa? ruhig da und blatterte gelassen in einer Zeitschrift! Larry blieb vor ihr stehen. Alles in ihm drangte ihn, ihr die Meinung zu sagen, wunschte sich verzweifelt, den Schlussel zu ihrer Handlungsweise zu finden. Noelle Page musste wissen, wie nahe sie in den vergangenen Minuten dem Tode gewesen war, und dennoch sa? sie heiter und gelassen da, und nicht ein Haar an ihr war in Unordnung geraten.

In druckendem Schweigen fuhren sie nach Amsterdam hinein. Noelle auf dem Rucksitz des Mercedes 300 und Larry vorn bei dem Chauffeur. Metaxas war auf dem Flughafen zuruckgeblieben, um die Maschine warten zu lassen. Der Nebel war immer noch dicht, und sie fuhren langsam, bis er sich plotzlich lichtete, als sie den Lindenplatz erreichten.

Sie fuhren uber den Platz, uberquerten die Amstel auf der Eider-Brucke und hielten vor dem Amstel-Hotel an. Als sie in der Halle waren, sagte Noelle zu Larry: »Holen Sie mich um Punkt zehn ab.« Dann drehte sie sich um und ging auf die Fahrstuhle zu, dicht hinter ihr der sich verneigende Manager. Ein Page fuhrte Larry in ein kleines unbehagliches Einzelzimmer im ersten Stock auf der Ruckseite des Hotels. Das Zimmer lag neben der Kuche, und durch die Wand konnte Larry das Klappern des Geschirrs und die Vielfalt der Geruche aus den dampfenden Kesseln wahrnehmen.

Larry warf einen Blick in das Zimmer und sagte ungehalten: »Hier wurde ich nicht einmal einen Hund unterbringen.«

»Verzeihung«, sagte der Page sich entschuldigend. »Miss Page hat fur Sie das billigste Zimmer verlangt, das wir haben.«

Gut, gut, dachte Larry, ich werde einen Weg finden, sie zu schlagen. Constantin Demiris ist nicht der einzige Mann auf der Welt, der einen Privatpiloten braucht. Morgen fange ich an mich umzuhoren. Ich habe eine Menge seiner reichen Freunde kennen gelernt. Ein halbes Dutzend davon ware verdammt froh, wenn sie mich bekamen. Doch dann schrankte er ein: Nicht, wenn Demiris mich hinauswirft. Wenn das passiert, wird mich keiner auch nur anfassen. Ich hange nun einmal hier.

Das Bad war unten am Gang, und Larry packte seinen Koffer aus, nahm einen Morgenmantel heraus, damit er ins Bad gehen konnte, doch dann dachte er: Zum Teufel damit, warum sollte ich ihretwegen baden? Hoffentlich stinke ich wie ein Schwein.

Er ging auf einen Drink, den er dringend brauchte, in die Hotelbar. Er war bei seinem dritten Martini, als er auf die Uhr uber der Bar blickte und feststellte, dass es 10 Uhr 15 war. Punkt zehn Uhr, hatte sie gesagt. Larry geriet in Panik. Hastig legte er ein paar Geldscheine auf die Bar und eilte zum Fahrstuhl. Noelle bewohnte die Kaisersuite im 5. Stock.

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