Madchen in Stewardessenuniform gelegt. Catherine erhaschte nur einen fluchtigen Blick auf ihre lachenden Gesichter, und dann bog das Taxi um eine Ecke und war verschwunden.
Catherine stand wie benommen da, und erst als ein paar kleine Jungen ihr zu Hilfe kamen, bemerkte sie, dass die Lebensmitteltuten ihren kraftlosen Fingern entglitten waren. Die Buben hatten Catherine geholfen, alles aufzusammeln, und sie war nach Hause geschwankt, ihr Verstand weigerte sich zu denken. Sie hatte versucht sich einzureden, dass es nicht Larry gewesen sei, den sie in dem Taxi gesehen hatte, es war jemand, der ihm ahnlich sah. Die Wahrheit aber war, dass es niemand auf der Welt gab, der Larry ahnelte. Er war einmalig, eine unvergleichliche Schopfung der Natur. Und er gehorte ganz ihr. Ihr und der Dunkelhaarigen in dem Taxi und wie vielen anderen noch?
Catherine blieb die ganze Nacht auf und wartete darauf, dass Larry durch die Tur trate, und als er nicht nach Hause kam, wusste sie, dass keine Entschuldigung, die er vorbringen mochte, ihre Ehe noch zusammenhalten konnte, und sie hatte auch keine Entschuldigung fur sich selbst. Er war ein Lugner und Betruger, und sie konnte nicht langer mit ihm verheiratet bleiben.
Larry kam erst am spaten Nachmittag des folgenden Tages zuruck.
»Hallo«, begru?te er sie vergnugt, als er die Wohnung betrat. Er stellte seine Flugtasche ab und sah sie an. »Was ist los?«
»Wann bist du zuruckgekommen?« fragte Catherine steif.
Larry sah sie uberrascht an. »Vor ungefahr einer Stunde. Warum?«
»Ich sah dich gestern mit einem Madchen in einem Taxi.« So einfach ist das also, dachte Catherine. Das sind die Worte, die meiner Ehe ein Ende setzen. Er wird es abstreiten, und ich werde ihn einen Lugner nennen, werde ihn verlassen und ihn nie wieder sehen.
Larry stand vor ihr und blickte sie an.
»Los«, sagte sie. »Sag schon, dass du es nicht warst.« Larry sah sie weiter an und nickte. »Naturlich war ich es.« Der plotzliche scharfe Schmerz, den Catherine in ihrer Magengrube verspurte, lie? sie erkennen, wie sehr sie gewunscht hatte, dass er es ableugnen wurde.
»Mein Gott«, sagte er. »Was hast du dir denn gedacht?« Sie wollte sprechen, und ihre Stimme bebte vor Zorn. »Ich« Larry hob die Hand. »Sage nichts, was dir spater leid tun konnte.« Catherine blickte ihn unglaubig an. »Was mir leid tun konnte?«
»Ich flog gestern schnell nach Athen zuruck, um ein Madchen namens Helena Merelis fur Demiris nach Kreta zu bringen. Helena arbeitet bei ihm als Stewardess.«
»Aber ...« Es war moglich. Larry konnte die Wahrheit sagen; oder war er polymechanos, fruchtbar im Erfinden? »Warum hast du mich nicht angerufen?« fragte Catherine.
»Habe ich«, entgegnete Larry kurz. »Es hat sich niemand gemeldet. Du warst aus, oder?«
Catherine schluckte. »Ich – ich war einkaufen furs Abendessen.« »Ich habe keinen Hunger«, sagte Larry abweisend. »Norgeln verdirbt mir immer den Appetit.« Er drehte sich um und ging zur Tur hinaus, lie? Catherine stehen, die die rechte Hand erhoben hatte, als ob sie ihn wortlos beschworen wollte zuruckzukehren.
Kurz danach fing Catherine an zu trinken. Es begann auf eine recht harmlose Weise. Sie erwartete Larry um sieben Uhr zum Essen, und als es neun wurde und er noch nicht angerufen hatte, trank Catherine einen Kognak, um die Zeit totzuschlagen. Bis zehn hatte sie dann mehrere getrunken, und bis er dann nach Hause kam, falls er kam, war das Essen langst verdorben und sie etwas angetrunken. So konnte sie leichter ertragen, was ihrem Leben widerfuhr.
Catherine konnte sich selbst nicht langer die Tatsache verheimlichen, dass Larry sie betrog und sie wahrscheinlich vom ersten Tag ihrer Ehe an betrogen hatte. Als sie eines Tages eine seiner Uniformhosen durchsuchte, ehe sie sie zur Reinigung schickte, fand sie in der Tasche ein Spitzentaschentuch, steif von Sperma. An seiner Unterhose war Lippenstift.
Sie stellte sich Larry in den Armen einer anderen Frau vor. Und sie wollte ihn umbringen.
Noelle und Catherine
Athen 1946
Wie die Zeit zu Catherines Feind geworden war, so wurde sie zu Larrys Freund. Die Nacht in Amsterdam war nichts weniger als ein Wunder gewesen. Larry hatte eine Katastrophe herausgefordert, und gerade dabei hatte er unglaublicherweise die Losung fur alle seine Probleme gefunden. Das ist das Gluck der Douglas, dachte er befriedigt.
Doch er wusste, dass es mehr als Gluck war. Es war ein finsterer, perverser Instinkt in ihm, der ihn drangte, das Schicksal herauszufordern, bis an die Grenze des Todes und der Vernichtung vorzusto?en, ein Testen, ein Aufbaumen seiner selbst gegen das Geschick bei einem Einsatz von Leben oder Tod.
Larry erinnerte sich an einen Morgen uber den Truck Islands in der Sudsee, als ein Schwarm japanischer Zeros aus der Wolkendecke herausgeschossen kam. Er flog am au?ersten Flugel, und die Japaner konzentrierten ihren Angriff auf ihn. Drei Zeros hatten ihn von dem ubrigen Geschwader abgedrangt und eroffneten das Feuer auf ihn. In einer Art Hellsichtigkeit, die ihn im Augenblick der Gefahr uberkam, war er sich des Vorhandenseins der Inseln unter sich bewusst, der Dutzende von Schiffen, die auf der rollenden See auf und ab wogten, der drohnenden Flugzeuge, die in dem leuchtendblauen Himmel aufeinander zustie?en. Es war einer der glucklichsten Augenblicke in Larrys Leben, war Lebenserfullung und Verspottung des Todes.
Er hatte seine Maschine abtrudeln lassen und sie hinter einer Zero abgefangen. Er hatte den Japaner explodieren sehen, als er mit seinen Maschinengewehren das Feuer eroffnete. Die zwei anderen Flugzeuge stie?en von beiden Seiten auf ihn herunter. Larry beobachtete, wie sie auf ihn zurasten, und zog seine Maschine im letzten Augenblick in einem Immelmann hoch, und die beiden Japaner kollidierten in der Luft. Es war ein Augenblick, den Larry spater in Gedanken oft genoss.
Aus irgendeinem Grund hatte er sich in der Nacht in Amsterdam daran erinnert. Er hatte Noelle wild und hemmungslos geliebt, und nachher hatte sie in seinen Armen gelegen und von ihnen beiden, von ihrem Zusammensein vor dem Krieg in Paris gesprochen. Plotzlich tauchte ihm eine verschwommene Erinnerung an ein lebenshungriges junges Madchen auf, aber mein Gott, seit damals waren ihm Hunderte lebenshungriger junger Madchen begegnet, und Noelle war fur ihn nicht mehr als eine fluchtige Erinnerung aus der Vergangenheit.
Welch ein Gluck, dachte Larry, dass ihre Wege sich zufallig, nach all den langen Jahren, wieder gekreuzt hatten.
»Du gehorst mir«, sagte Noelle. »Jetzt bist du mein.«
Etwas in ihrem Ton machte Larry unruhig. Aber schlie?lich, fragte er sich, was habe ich zu verlieren?
Solange er Noelle beherrschte, konnte er ewig bei Demiris bleiben, wenn er wollte.
Sie sah ihn prufend an, als ob sie in seinen Gedanken lase, und in ihren Augen lag ein seltsamer Ausdruck, den Larry nicht deuten konnte.
Doch was hatte das schon zu besagen?
Nach einem Ruckflug von Marokko lud Larry Helena zum Abendessen ein und verbrachte die Nacht in ihrer Wohnung.
Am Morgen fuhr er zum Flughafen hinaus, um seine Maschine zu inspizieren. Er a? mit Paul Metaxas zu Mittag.
»Du siehst aus, als hattest du den Hauptgewinn gezogen«, sagte Metaxas. »Kannst du mir nicht was davon abgeben?«
»Junge«, antwortete Larry grinsend, »du wurdest nicht damit zu Rande kommen. Dazu muss man Meister in dem Fach sein.«
Die gemeinsame Mahlzeit verlief angenehm, und danach fuhr Larry in die Stadt zuruck, um Helena abzuholen, die ihn auf dem bevorstehenden Flug begleiten sollte.
Er klopfte an der Tur ihrer Wohnung, und nach langer Zeit offnete Helena vorsichtig. Sie war nackt. Larry starrte sie an, erkannte sie zuerst fast nicht. Ihr Gesicht und ihr Korper waren eine Ansammlung boser Schrammen und geroteter Schwellungen. Ihre Augen waren schmerzende Schlitze. Sie war von einem Profi zusammengeschlagen worden.
»Mein Gott, was ist passiert?« rief Larry entsetzt.