sie zu Romano gegangen und wollte wissen, was eigentlich los ist. Romano hat gesagt, er ware nun doch nicht interessiert, und sie konnte die Firma wiederhaben. Aber inzwischen war die Firma nichts mehr wert. Und Ihre Mutter hatte au?erdem eine halbe Million Dollar Schulden, die sie nichtbezahlen konnte. Tracy — meine Frau und ich haben mitverfolgt, wie Ihre Mutter gekampft hat, und es hat uns fast umgebracht. Sie hat mit allen Mitteln versucht, die Firma zu retten. Es ging nicht. Sie mu?te Konkurs anmelden. Und sie haben ihr alles genommen: das Geschaft, dieses Haus, sogar ihr Auto.«

«O Gott!«

«Es geht noch weiter. Der Staatsanwalt hat Ihrer Mutter

mitgeteilt, da? er gegen sie Anklage erheben will wegenBetrugs und da? sie mit einer Gefangnisstrafe zu rechnen hat.«

Tracy kochte vor hilfloser Wut.»Aber sie hatte den Leuten dochblo? die Wahrheit sagen mussen! Sie hatte ihnen nur erklaren mussen, was dieser Romano mit ihr gemacht hat!«

Der alte Werkmeister schuttelte den Kopf.»Joe Romano arbeitet fur einen Mann namens Anthony Orsatti. Und Orsatti hat das Sagen in New Orleans. Ich habe zu spat herausgefunden, da? Romano dasselbe auch schon mit anderen Firmen gemacht hat. Wenn Ihre Mutter ihn verklagt hatte, hatte es Jahre gedauert, bis alles geklart gewesen ware. Und dafur hatte sie nicht das notige Geld.«

«Warum hat sie mir nichts gesagt?«Es war ein Aufschrei des Schmerzes, ein Aufschrei um den Schmerz ihrer Mutter.

«Mrs. Doris war eine stolze Frau. Und was will man machen? Man kann nichts machen.«

Da irrst du dich, dachte Tracy erbost.»Ich will mit Joe Romano reden. Wo wohnt er?«

«Das konnen Sie vergessen«, erwiderte Schmidt.»Sie haben keine Ahnung, wieviel Macht der Mann hat.«

«Wo wohnt er, Otto?«

«In einem Haus am Jackson Square. Aber es ist sinnlos, ihn aufzusuchen, Tracy, glauben Sie mir.«

Tracy gabkeine Antwort. Sie empfand eine Regung, die ihr vollig fremd war: Ha?. Joe Romano wird dafurbezahlen, da? er meine Mutter in den Tod getrieben hat. Das schwor sich Tracy.

3

Siebrauchte Zeit. Zeit zum Nachdenken, Zeit zum Planen. Sie konnte das leergeraumte Haus nicht ertragen. Also zog sie in ein kleines Hotel in der Magazine Street, weit entfernt vom French Quarter, wo immer noch wild gefeiert wurde. Sie hatte kein Gepack, und der mi?trauische Mann am Empfang sagte:»Sie mussen im voraus zahlen. Vierzig Dollar pro Nacht.«

Tracy rief von ihrem Zimmer aus Clarence Desmond an und teilte ihm mit, sie werde einige Tage nicht zur Arbeit kommen konnen.

Er kaschierte seinen Arger uber die Storung.»Da machen Sie sich nur keine Gedanken«, sagte er.»Wir finden schon jemand, der fur Sie einspringt. «Er hoffte, da? sie nicht vergessen wurde, Charles Stanhope zu erzahlen, wie verstandnisvoll er gewesen war.

Dann fuhrte Tracy ein Telefonat mit Charles.»Charles, Liebling…«

«Wo steckst dublo?, Tracy? Meine Mutter hat den ganzen Vormittag versucht, dich zu erreichen. Sie wollte heute mit dir zu Mittag essen. Ihr mu?t etliche Dingebesprechen.«

«Tut mir leid, Liebling. Ichbin in New Orleans.«

«Wobist du? In New Orleans? Was machst du denn da?«

«Meine Mutter ist… gestorben. «Die Worteblieben Tracy fast im Hals stecken.

«Oh, das tut mir leid, Tracy. Es ist ganz plotzlich gekommen, nicht? Sie war doch noch ziemlich jung?«

Sie war noch sehr jung, dachte Tracy trubsinnig.»Ja«, antwortete sie.»Sie war noch ziemlich jung.«

«Was ist passiert? Und wie geht es dir?«

Tracy konnte sich nicht dazu uberwinden, Charles zu

erzahlen, da? ihre Mutter Selbstmordbegangen hatte. Am liebsten hatte sie die ganze entsetzliche Geschichte herausgeschrieen. Was man ihrer Mutter angetan, wie man sie in den Tod getrieben hatte. Aber sie hielt sich zuruck. Das ist mein Problem, dachte sie. Ich darf Charles nicht damitbelasten.»KeineBange«, sagte sie,»mir geht es gut, Liebling.«

«Soll ich kommen, Tracy?«

«Nein, danke. Ich schaffe das schon. Morgen ist dieBeerdigung, und am Montagbin ich wieder in Philadelphia.«

Am spaten Nachmittag verlie? Tracy das Hotel. Sie ging die Canal Street entlang, bis sie zu einem Pfandhaus kam. Ein muder Mann mit altmodischem grunem Augenschirm sa? hinter dem vergitterten Tresen.

«Kann ich was fur Sie tun?«

«Ich… ich mochte eine Waffe kaufen.«

«Was fur eine?«

«Ah… einen Revolver.«

«Wollen Sie einen 32er, einen 45er, einen…«

Tracy hatte noch nie in ihrem Leben eine Waffe in der Hand gehabt.»Einen… einen 32er. Der tut's wohl.«

«Ich habe einen schonen Smith & Wesson fur 229 Dollar oder einen Charter Arms fur 159 Dollar…«

Tracy hatte nicht soviel Geldbei sich.»EtwasBilligeres haben Sie nicht?«

Der Mann zuckte die Achseln.»Billiger ist nur noch 'ne Schleuder, Lady. Aber weil Sie's sind, kriegen Sie von mir einen 32er fur 150 Dollar. Und eine Schachtel Munition gratis dazu.«

«Gut. «Tracybeobachtete, wie der Mann zu einem Tisch voll Waffen ging und einen Revolver aussuchte. Er trug ihn zum Tresen.»Wissen Sie, wie man so ein Dingbedient?«

«Man… man druckt einfach ab.«

Der Mann gabeinen Grunzlaut von sich.»Soll ich Ihnen

zeigen, wie man ihn ladt?«

Tracy wollte sagen, das sei nicht notig, sie habe nicht vor, Gebrauch von der Waffe zu machen, sie wolle nur jemanden erschrecken. Aber dann wurde ihr klar, wie lappisch das klingen wurde. Und sobat sie den Mann, es ihr zu zeigen. Sie sah zu, wie er die Patronen in die Trommel steckte, offnete dann ihre Handtasche und legte die 150 Dollar auf den Tresen.

«Ichbrauche noch Ihren Namen und Ihre Adresse fur das Polizeiregister.«

Daran hatte Tracy nicht gedacht. Es war eine strafbare Handlung, Joe Romano mit der Waffe zubedrohen. Aber er ist der Kriminelle, nicht ich.

Der Mannblickte Tracy fragend an. Der grune Schirm lie? seine Augen gelberscheinen.»Name?«

«Smith. Joan Smith.«

Er notierte es auf einer Empfangsbescheinigung.»Adresse?«

«Dowman Road. Dowman Road 3020.«

Ohne aufzublicken, sagte der Mann:»Die Hausnummer gibt's nicht. Das ware mitten im Mississippi. Machen wir 1520 daraus. «Er schobihr die Empfangsbescheinigung zu.

Sie unterschriebund fragte:»Das war's?«

«Ja, das war's. «Der Mann reichte Tracybehutsam den Revolver durch das Gitter. Sie starrte wie gebannt auf die Waffe, nahm sie dann entgegen, verstaute sie in ihrer Handtasche, drehte sich um und eilte aus dem Pfandhaus.

«He, Lady!«rief ihr der Mann nach.»Vergessen Sie nicht, da? das Ding geladen ist!«

Am Jackson Square, der im Herzen des French Quarter lag, schirmten Hecken und schone Magnolien die gepflegten alten Hauser vor dembrausenden Verkehr ab. In einem dieser Hauser wohnte Joe Romano.

Tracy wartete, bis es dunkel war, und machte sich dann auf den Weg. Der Karnevalszug hatte sich zur Chartres Street weitergewalzt, und Tracy horte von fern den Widerhall des Tumults, in den sie am Vormittag geraten war.

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