«Sie konnte mit dem Gemalde entkommen, Euer Ehren. Mittlerweilebefindet es sich vermutlich in den Handen eines Hehlers. Die Staatsanwaltschaftbeantragt daher, da? Tracy Whitney wegen Mordversuchs undbewaffneten Raubes in Haft gehalten und die Kaution auf eine halbe Million Dollar festgesetzt wird.«

Der Richter wandte sich Tracy zu, die vollig schockiert dastand.»Haben Sie einen Anwalt?«

Tracy horte ihn nicht einmal.

Der Richter erhobseine Stimme.»Ich habe Sie gefragt, obSie einen Anwalt haben?!«

Tracy schuttelte den Kopf.»Nein. Ich… was dieser Mann gesagt hat, ist nicht wahr. Ich habe nie…«

«Haben Sie Geld fur einen Verteidiger?«

Sie hatte ein paar hundert Dollar im Angestelltenfonds derBank. Und sie hatte Charles.»Ich… nein, Euer Ehren, aber ich verstehe nicht…«

«Dann wird das Gericht einen Verteidiger fur Siebestellen. Die Kaution wird auf eine halbe Million Dollar festgesetzt. Da Sie diese nicht hinterlegen konnen, werden Sie ersatzweise in Haft gehalten.«

«Nein! Warten Sie! Das ist alles ein Irrtum! Ich…«

An ihre Abfuhrung aus dem Gerichtssaal konnte sich Tracy spater nicht mehr erinnern.

Der Verteidiger, den das Gericht fur siebestellt hatte, hie?

Perry Pope. Er war Ende Drei?ig, hatte ein kantiges, intelligentes Gesicht und freundlicheblaue Augen. Tracy mochte ihn sofort.

Er kam in ihre Zelle, setzte sich auf die Pritsche und sagte:»Fur eine junge Dame, die erst seit vierundzwanzig Stunden in New Orleans ist, haben Sie ja tuchtig Furore gemacht!«Er grinste.»Aber Sie haben Gluck. Ihre Schie?kunste sind miserabel. Es ist nur eine Fleischwunde. Romano wird's jedenfalls uberleben. «Er zog eine Pfeife aus der Tasche.»Stort es Sie, wenn ich rauche?«

«Nein, uberhaupt nicht.«

Er stopfte seine Pfeife, zundete sie an und musterte Tracy.»Sie sehen eigentlich nicht wie eine Schwerverbrecherin aus, Mi? Whitney.«

«Ichbin auch keine. Ich schwore esbei allem, was mir heilig ist.«

«Uberzeugen Sie mich«, sagte Perry Pope.»Erzahlen Sie mir, was vorgefallen ist. Von Anfang an. Und lassen Sie sich ruhig Zeit.«

Tracy erstattete ihm von allemBericht. Perry Pope horte ihr schweigend zu. Als sie ausgeredet hatte, lehnte er sich gegen die Zellenwand, einen erbosten Ausdruck im Gesicht.»Dieses Schwein«, murmelte er.

«Ich verstehe nicht, wovon der Staatsanwalt gesprochen hat. «Sieblickte Perry Pope verwirrt an.»Ich wei? nichts von diesemBild.«

«Das ist alles ganz einfach. Joe Romano hat Sie als Taterin vorgeschoben. Genauso wie Ihre Mutter. Sie sind in eine abgekartete Sache hineingeraten.«

«Ich verstehe immer noch nicht.«

«Dann will ich es Ihnen erklaren. Romano wird Anspruch auf die Versicherungssumme fur den Renoir erheben, den er irgendwo versteckt hat, und eine halbe Million kassieren. Die Versicherung wird hinter Ihnen her sein, nicht hinter ihm.

Wenn einbi?chen Gras uber die Sache gewachsen ist, wird er dasBild an einen Privatsammler verkaufen und dank Ihrem Versuch in Selbstjustiz noch einmal eine halbe Million kassieren. War Ihnen denn nicht klar, da? ein erzwungenes Gestandnis wertlos ist?«

«Nein, nicht richtig. Ich dachte mirblo?, wenn ich ihm die Wahrheit entlocken kann, wird vielleicht jemand gegen ihn ermitteln.«

Die Pfeife war Perry Pope ausgegangen. Er zundete sie wieder an.»Wie sind Sie in Romanos Haus gekommen?«

«Ich habe gelautet, und er hat mich reingelassen.«

«Er erzahlt das anders. Auf der Gartenseite des Hauses ist ein Fenster eingeschlagen. Und da seien Sie eingestiegen, behauptet er. Er hat der Polizei gesagt, er hatte Sie genau in dem Moment erwischt, als Sie sich mit dem Renoir aus dem Staubmachen wollten. Und als er versucht hatte, Sie aufzuhalten, hatten Sie ihn niedergeschossen und waren geflohen.«

«Das ist eine Luge! Ich…«

«Aber es ist seine Luge und sein Haus und Ihr Revolver. Haben Sie auch nur eine leise Ahnung, mit wem Sie sich da angelegt haben?«

Tracy schuttelte stumm den Kopf.

«Dann will ich Sie mal aufklaren, Mi? Whitney. Diese Stadt ist fest in der Hand einer Cosa?Nostra?Familie. IhrBo? ist Anthony Orsatti. Ohne seinen Segen lauft hier gar nichts. Wenn Sie eineBaugenehmigung haben oder eine Stra?e asphaltieren wollen, wenn Sie Miezen und Strichjungen anschaffen lassen oder mit Rauschgift dealen wollen, mussen Sie mit Orsatti reden. Joe Romano hat als Killerbei ihm angefangen. Inzwischen ist er seine rechte Hand. «Perry Popeblickte Tracy verwundert an.»Und Sie sind mir nichts, dir nichts zu Romano gegangen und haben ihn mit einer Schu?waffebedroht.«

Tracy sa? starr und erschopft da. Schlie?lich fragte sie:»Glauben Sie mir meine Geschichte?«

Perry Pope lachelte.»Ja, sie ist so haarstraubend naiv, da? sie einfach wahr sein mu?.«

«Konnen Sie mir helfen?«

«Ich will es versuchen«, antwortete er langsam.»Ich gabe viel darum, die ganzeBagage hinter Schlo? und Riegel zubringen. Sie haben diese Stadt gekauft und die meisten Richter dazu. Falls es zum Proze? vor dem Schwurgericht kommt, konnen Sie sichbegraben lassen.«

Tracyblickte ihn verdutzt an.»Falls?«

Perry Pope stand auf und ging in der kleinen Zelle hin und her.»Ich will nicht, da? Sie vor ein Schwurgericht mussen. Denn glauben Sie mir, die Geschworenen sind seine Geschworenen. Es gibt hier nur einen Richter, den Orsatti nie hat kaufen konnen. Sein Name ist Henry Lawrence. Wenn ich es einrichten kann, da? Ihr Fall von ihm verhandelt wird, la?t sich wohl ein Kompromi? fur Sie herausholen. Es ist nicht ganz korrekt, aber ich werde unter vier Augen mit ihm sprechen. Er ha?t Orsatti und Romano genauso wie ich. Wir mussen jetzt nur noch an ihn herankommen.«

Perry Pope sorgte dafur, da? Tracybei Charles im Geschaft anrufen konnte, und sie horte die vertraute Stimme von Charles' Sekretarin:»Hier Vorzimmer Mr. Stanhope.«

«Harriet. Hier Tracy Whitney. Ist…«

«Oh! Er wollte Sie anrufen, Mi? Whitney, aber wir haben Ihre Nummer nicht. Mrs. Stanhope mochte unbedingt mit Ihnen uber die Hochzeit reden. Wenn Sie sichbitte sobald wie moglichbei ihr melden wurden…«

«Harriet, kann ich Mr. Stanhope sprechen?«

«Tut mir leid, Mi? Whitney, er ist auf dem Weg nach Houston, zu einer Konferenz. Aber wenn Sie mir Ihre Nummer hinterlassen, wird er sichbestimmtbei Ihnen melden, sobald

er kann.«

«Ich…«Es ging nicht, da? er sie im Gefangnis anrief. Erst mu?te sie ihm alles erklaren.

«Ich… ich rufe zuruck. «Sie legte auf.

Morgen, dachte Tracy, morgen werde ich Charles alles erklaren.

Am Nachmittag wurde Tracy in eine gro?ere Zelle verlegt.

Wie durch ein Wunder tauchte ein kostliches Essen aus einem Restaurant auf, und wenig spater traf einBlumenstrau? ein. Dazu einBriefchen. Tracy offnete das Kuvert und zog eine Karte heraus.

KOPF HOCH, WIR WERDEN DIE DRECKSKERLE SCHLAGEN. PERRY POPE.

Erbesuchte Tracy am nachsten Morgen. Sie sah sein vergnugtes Gesicht und wu?te sofort, da? er gute Nachrichten hatte.

«Wir haben Gluck!«rief er.»Ich habe eben mit Richter Lawrence geredet und mit Topper, dem Staatsanwalt. Topper hat Zeter und Mordio geschrieen, aber wir haben jetzt eine Absprache.«

«Eine Absprache?«

«Ja, ich habe Richter Lawrence Ihre Geschichte erzahlt. Er istbereit, ein Schuldgestandnis von Ihnen zu akzeptieren.«

Tracy starrte ihren Anwalt entgeistert an.»Ein Schuldgestandnis? Aber ichbin doch nicht…«

«Horen Sie mich erst mal zu Ende an. Wenn Sie sich schuldigbekennen, ersparen Sie dem Staat die Proze?kosten. Ich habe den Richter davon uberzeugen konnen, da? Sie dasBild nicht gestohlen haben. Er kennt Joe Romano, und er glaubt mir.«

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