Sie stand im Schatten, betrachtete Joe Romanos Haus, spurte das Gewicht der Waffe in ihrer Handtasche. Ihr Plan war einfach. Sie wurde ruhig und vernunftig mit Joe Romano reden. Sie wurde ihnbitten, die Schande vom Namen ihrer Mutter zu tilgen. Wenn er sich weigerte, wurde sie ihn mit dem Revolverbedrohen und ihn zwingen, ein schriftliches Gestandnis niederzulegen. Dieses Gestandnis wurde sie Lieutenant Millerbringen; er konnte dann Romano verhaften. Womit die Ehre ihrer Mutter wiederhergestellt war. Tracy wunschte sich sehnlich, da? Charlesbei ihr ware. Doch es war wohlbesser, das allein zu tun. Charles durfte nicht in die Sache hineingezogen werden. Sie wurde ihm davonberichten, wenn alles vorbei war und Joe Romano hinter Schlo? und Riegel sa?.

Ein Fu?ganger naherte sich. Tracy wartete, bis er verschwunden war und die Stra?e verlassen dalag. Dann lief sie zur Haustur und druckte die Klingel. Keine Reaktion. Wahrscheinlich ist er auf einer Faschingsparty, dachte Tracy. Aber ich kann warten. Ich kann warten, bis er nach Hause kommt. Plotzlich ging das Licht auf der Veranda an. Die Tur offnete sich, und ein Mann stand vor Tracy. Sein Aussehen verbluffte sie. Sie hatte sich eine uble Gestalt vorgestellt, eine Gangstervisage. Stattdessen hatte sie einen attraktiven, kultiviert wirkenden Mann vor sich, den man ohne weiteres fur einen Professor hatte halten konnen. Seine Stimme war leise und freundlich.»Guten Abend. Kann ich Ihnenbehilflich sein?«

«Sind Sie Joseph Romano?«fragte Tracy unsicher.

«Ja. Was kann ich fur Sie tun?«Er hatte eine angenehme, verbindliche Art. Kein Wunder, da? sich meine Mutter von ihm

hatblenden lassen, dachte Tracy.

«Ich… ich wurde gern mit Ihnen reden, Mr. Romano.«

Er warf einen prufendenBlick auf ihre Figur.»Bitte, kommen Sie herein.«

Tracy trat in ein Wohnzimmer voll schoner antiker Mobel. Joseph Romano fuhrte ein gutes Leben. Mit dem Geld meiner Mutter, dachte Tracy erbittert.

«Ich wollte mir gerade einen Drink machen. Mogen Sie auch einen?«

«Nein, danke.«

Erbetrachtete sie neugierig.»Weshalbwollten Sie mich sprechen, Mi?…«

«Tracy Whitney. Ichbin Doris Whitneys Tochter.«

Er schaute sie einen Moment vollig verstandnislos an. Dannbegriff er.»Ach ja. Ich hab's gehort. Das mit Ihrer Mutter, meine ich. Zu dumm.«

Zu dumm! Er trug die Schuld am Tod ihrer Mutter, und sein einziger Kommentar war:»Zu dumm.«

«Mr. Romano, der Staatsanwalt glaubt, da? meine Mutter eineBetrugerin war. Sie wissen, das stimmt nicht. Ich mochte, da? Sie mir helfen, meine Mutter von diesem Verdacht zu entlasten.«

Er lachte.»Im Karneval rede ich nie ubers Geschaft. Das verbietet mir meine Religion. «Romano ging zurBar und mixte zwei Drinks.»Ich glaube, Sie fuhlen sichbesser, wenn Sie einen Schluck getrunken haben.«

Er lie? ihr keine andere Wahl. Tracy offnete ihre Handtasche, zog den Revolver heraus und zielte auf Romano.»Ich werde Ihnen sagen, wann ich michbesser fuhle, Mr. Romano. Wenn Sie gestehen, was Sie meiner Mutter angetan haben.«

Joseph Romano drehte sich um und sah die Waffe.»Stecken Sie das Schie?eisen lieber weg, Mi? Whitney. Es konnte losgehen.«

«Es wird losgehen, wenn Sie nicht genau das tun, was ich

Ihnen sage. Sie schreiben jetzt auf einBlatt Papier, wie Sie die Firma ausgeplundert undbankrott gemacht haben. Und wie Sie meine Mutter zum Selbstmord getrieben haben.«

Romanobeobachtete Tracy nun genau, einen wachsamen Ausdruck in den dunklen Augen.»Ich verstehe. Und was ist, wenn ich mich weigere?«

«Dann tote ich Sie. «Tracy spurte, wie der Revolver in ihrer Hand zitterte.

«Sie sehen nicht so aus, als konnten Sie jemand kaltblutig toten, Mi? Whitney. «Er ging langsam auf sie zu, einen Drink in der Hand. Seine Stimme klang sanft und einschmeichelnd.»Ich habe nichts mit dem Tod Ihrer Mutter zu tun. Glauben Sie mir, ich…«Er schuttete Tracy den Drink ins Gesicht.

Der Alkoholbrannte Tracy in den Augen, und im nachsten Moment wurde ihr der Revolver aus der Hand geschlagen.

«Ihre Frau Mama hat mir was vorenthalten«, lachelte Joe Romano.»Sie hat mir nicht verraten, da? sie eine geile Tochter hat.«

Er packte Tracybei den Armen. Sie konnte nichts sehen und hatte Angst. Verzweifelt versuchte sie, sich loszurei?en, aber er stie? sie gegen die Wand, druckte sich an sie.

«Du hast Courage, Baby. Das gefallt mir. Es macht mich scharf. «Seine Stimme war heiser. Tracy spurte seinen Korper an ihrem. Sie wollte sich wegdrehen, aber er hatte sie so fest im Griff, da? sie hilflos war.

«Du hast ein kleines Abenteuer gesucht, wie? Bei Joebist du da an der richtigen Adresse.«

Sie wollte schreien, aber es ging nicht. Sie konnte nur keuchen.»Lassen Sie mich los!«

Er ri? ihr dieBluse auf.»He! Was fur tolle Titten«, flusterte er und kniff sie in dieBrustwarzen.»Wehr dich, Baby«, sagte er leise.»Ich mag das.«

«Lassen Sie mich los!«

Er druckte fester zu, er zwang Tracy zuBoden.

«Dubistbestimmt noch nie von einem richtigen Mann gefickt worden«, grinste er. Jetzt war er uber ihr. Sein Korper war schwer, und seine Hande wanderten an ihren Oberschenkeln empor. Tracy schlugblindlings um sich. Daberuhrten ihre Finger den Revolver, und sie griff danach.

Plotzlich gabes einen ohrenbetaubenden Knall.

Sie horte Romanos Schrei und spurte, wie sich sein Griff lockerte. Durch rote Schleier vor den Augen sah sie mit kaltem Entsetzen, wie er von ihr abglitt und zuBoden sackte.»Du hast auf mich geschossen, du Miststuck. Du hast auf mich geschossen…«

Tracy war wie gelahmt. Ihr wurde schlecht, und die Augen taten ihr hollisch weh. Sie rappelte sich muhsam hoch, wandte sich um, stolperte zu der Tur am anderen Ende des Raumes und stie? sie auf. EinBadezimmer. Sie taumelte ans Waschbecken, lie? kaltes Wasser einlaufen und nahm ein Augenbad, bis der Schmerz halbwegs ertraglich war und sie wieder klar sehen konnte. Dann schaute sie in den Spiegel. Ihre Augen warenblutunterlaufen, ihrBlick flackerte unruhig. Mein Gott, ich habe eben einen Mann getotet. Sie rannte ins Wohnzimmer zuruck.

Joe Romano lag auf demBoden, und seinBlut farbte den wei?en Teppich rot. Tracy stand mit leichenblassem Gesicht neben Romano.»Es tut mir leid«, stammelte sie verwirrt.»Ich wollte Sie nicht…«

«Einen Krankenwagen…«Romanos Atem ging sto?weise.

Tracy eilte zum Telefon, wahlte und sprach mit erstickter Stimme in die Muschel.»Bitte schicken Sie sofort einen Krankenwagen. «Sie nannte Romanos Adresse.»Hier liegt ein Mann mit einer Schu?wunde.«

Sie hangte ein undblickte auf Joe Romano nieder. Lieber Gott, betete sie, la? ihn nicht sterben. Du wei?t, da? ich ihn nicht toten wollte. Sie kniete sich neben Romano, um festzustellen, ober noch lebte. Er hatte die Augen

geschlossen, aber er atmete noch.»Der Krankenwagen ist schon unterwegs«, sagte Tracy.

Dann floh sie.

Siebemuhte sich, nicht zu rennen, denn sie wollte kein Aufsehen erregen, zog deshalbauch ihre Jacke um sich, damit man die zerrisseneBluse nicht sah. Vier Stra?en von Romanos Haus entfernt versuchte sie, ein Taxi zu kriegen. Sechs fuhren an ihr vorbei. Allebesetzt. Lauter gluckliche, lachende Fahrgaste. Von fern horte Tracy eine Sirene, und Sekunden spater raste ein Krankenwagen an ihr vorbei, in die Richtung von Joe Romanos Haus. Ich mu? schnell weg von hier, dachte Tracy. Zehn Meter vor ihr hielt ein Taxi amBordstein. Die Fahrgaste stiegen aus. Tracy rannte auf das Taxi zu.»Sind Sie frei?«

«Kommt ganz drauf an. Wo wollen Sie hin?«

«Zum Flughafen. «Tracy hielt den Atem an.

«Steigen Sie ein.«

Auf dem Weg zum Flughafen dachte Tracy nach. Wenn der Krankenwagen zu spat gekommen war… wenn Joe Romano tot war… dann war sie eine Morderin. Sie hatte den Revolver, der ihre Fingerabdrucke trug, nicht eingesteckt. Aber sie konnte der Polizei sagen, da? Romano versucht hatte, sie zu vergewaltigen, und da? die Waffe aus Versehen losgegangen war — nur wurde ihr das niemand glauben. Sie hatte den Revolver gekauft, der neben Joe Romano auf demBoden lag. Sie mu?te so rasch wie moglich fort aus New Orleans.

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