sanftes Licht gaben.

In den erstenbeiden waren noch Platze frei, aber dort fand Tracy nicht die Leute, die sie suchte. Sie ging weiter zum dritten. Dort waren alle Platzebesetzt, und an einem Tisch in der hintersten Ecke sah sie die Leute, die sie suchte. Der Oberkellner wollte sie zwar abwimmeln, aber Tracybehauptete, sie treffe sich mit Freunden, und lief an ihm vorbei zum Tisch in der Ecke.

«Entschuldigung«, sagte sie hoflich.»Hier scheint kein Platz mehr frei zu sein au?erbei Ihnen. Darf ich mich an Ihren Tisch setzen?«

Der Mann musterte Tracy von Kopfbis Fu? und rief:»Bitte! Mit Vergnugen! Ichbin Alberto Fornati. Und das ist meine Frau — Silvana Luadi.«

«Ichbin Tracy Whitney. «Tracy reiste zur Abwechslung unter ihrem richtigen Namen.

«Ah! Eine Amerikanerin!«

Alberto Fornati war klein, glatzkopfig und dick. Silvana Luadi hatte ihn vor zwolf Jahren geheiratet, und man ratselte in Rom immer noch daruber, warum sie das wohl getan hatte. Sie war eine klassische Schonheit mit sensationeller Figur und einem unwiderstehlichen, angeborenen Talent. Sie hatte einen Oscar und eine Silberne Palme gewonnen und war immer sehr gefragt. Tracybemerkte gleich, da? sie ein Valentino?Abendkleid trug, das funftausend Dollar kostete. Und der Schmuck, mit dem siebehangt war, mu?te fast eine Million Dollar wert sein. Tracy dachte an Gunther Hartogs Worte: Je mehr Seitensprunge er macht, desto mehr Schmuck schenkt er ihr. Inzwischen mu?te Silvanabereits ein Juweliergeschaft eroffnen konnen.

Das Menubestand aus sechs Gangen, und Tracy fiel auf, da? Fornati jeden komplett verdruckte und auch noch a?, was seine Frau auf ihrem Teller liegen lie?. Wahrenddessen redete er unablassig, mal mit vollen, mal mit leerenBacken — aber meistens mit vollen. Silvana Luadi sa? in eisigem Schweigen.

«Sind Sie vielleicht Schauspielerin?«erkundigte sich Fornatibei Tracy.

Tracy lachte.»Nein. Nur Touristin.«

Er strahlte sie an.»Bellissima. Sie sind schon genug, um Schauspielerin zu sein.«

Und nun meldete sich Silvana Luadi zum ersten Mal zu Wort.»Sie ist aber keine«, sagte sie scharf.

Alberto Fornati tat so, als sei seine Frau uberhaupt nicht vorhanden.»Ich produziere Filme«, erklarte er Tracy.»Sie haben sicher schon von ihnen gehort: Im Land der wildenBarbaren, Der Kampf der Titanen…«

«Ich gehe nicht oft ins Kino«, sagte Tracy entschuldigend. Sie spurte, wie Fornati unter dem Tisch sein dickesBein gegen ihres druckte.

«Vielleicht kann ich Ihnen ja mal ein paar von meinen Filmen in meinem Privatkino vorfuhren.«

Silvana wurdebla? vor Wut.

«Kommen Sie zufallig auch nach Rom, mein Engel?«SeinBeinbewegte sich nun an dem von Tracy auf und ab.

«Ja. Ich wollte erst Venedigbesuchen und dann nach Rom fahren.«

«Benissimo! Dann kommen Sie zu uns zum Essen. Du hast doch nichts dagegen, Liebling?«Erblickte Silvana fluchtig an, bevor er weitersprach.»Wir haben eine wunderhubsche Villa in der Nahe der Via Appia. Mit einem Park, soo gro?…«Er machte eine ausladende Handbewegung und kippte dabei seiner Frau ein So?enschalchen auf den Scho?. Tracy wu?te nicht genau, obes Absicht oder ein Versehen war, aber sie tippte auf Absicht.

Silvana Luadi stand auf undbetrachtete den gro?er werdenden Fleck auf ihrem Kleid.»Sei un mascalzone!«schrie sie.»Tieni le tue puttane lontano da me!«

Sie rauschte aus dem Speisewagen. Alle Augen folgten ihr.

«Ach je«, murmelte Tracy.»So ein schones Kleid. «Sie hatte

den Mann dafur ohrfeigen konnen, da? er seine Frau gedemutigt hatte. Silvana Luadi verdient ihren Schmuck voll und ganz, dachte Tracy. Fornati soll ihr gefalligst neuen kaufen.

Er seufzte.»Fornati schenkt ihr ein anderes Kleid. Meine Frau mussen Sie einfach ignorieren. Sie ist furchtbar eifersuchtig.«

«Da hat sie sicher auch allen Grund«, sagte Tracy sarkastisch, uberspielte es aber mit einem kleinen Lacheln.

Man konnte fast sehen, wie Fornati ein gro?es Pfauenrad schlug.»Ja, sicher. Die Frauen fliegen auf mich.«

«Das verstehe ich gut«, sagte Tracy scheinheilig. Am liebsten hatte sie schallend gelacht uber diesen aufgeblasenen, kurzwuchsigen Mann.

Er langte uber den Tisch und fa?te Tracys Hand.»Fornati mag Sie«, sagte er.»Fornati mag Sie sehr. Was machen Sieberuflich?«

«Ichbin Anwaltssekretarin. Ich habe mein ganzes Geld fur diese Reise gespart. Vielleicht kriege ich irgendwo in Europa einen interessanten Job.«

Seine Glubschaugen tasteten ihren Korper ab.»Kein Problem, das verspreche ich Ihnen. Fornati ist nett zu Leuten, die nett zu ihm sind.«

«Wie reizend von Ihnen«, sagte Tracy scheu.

Er senkte die Stimme.»Vielleicht konnten wir uns daruber spater noch in Ihrem Abteil unterhalten?«

«Ich glaube, das geht nicht.«

«Warum nicht?«

«Weil Sie soberuhmt sind. Ich nehme an, da? jeder in diesem Zug wei?, wer Sie sind.«

«Naturlich.«

«Und wenn die Leute sehen, da? Sie in mein Abteil kommen… nun, das konnte zu Mi?verstandnissen Anla? geben. Wenn Ihr Abteil dagegen in der Nahe von meinem ist…

in welchem sind Sie denn?«

«E 70. «Erblickte sie hoffnungsvoll an.

Tracy seufzte.»Ichbin in einem anderen Wagen. Treffen wir uns doch in Venedig.«

Fornati strahlte.»Gut! Meine Fraubleibt meistens auf ihrem Zimmer, weil sie die Sonne nicht vertragt. Waren Sie schon mal in Venedig?«

«Nein.«

«Dann zeige ich es Ihnen. Und wir fahren nach Torcello. Das ist eine wunderbare kleine Insel. Es gibt da auch ein wunderbares kleines Restaurant mit einem kleinen Hotel dabei…«Seine Augen glitzerten.»Molto privato.«

Tracy lachelte ihn verstandnisinnig an.»Das klingt sehr, sehr romantisch. «Nicht mehr der Rede machtig, schlug sie die Augen nieder.

Fornatibeugte sich vor, druckte ihr die Hand und flusterte mit feuchter Aussprache:»Sie wissen noch gar nicht, was Romantik ist, mein Engel.«

Eine halbe Stunde spater war Tracy wieder in ihrem Abteil.

Der Orientexpre? raste durch die Nacht, wahrend die Reisenden schliefen. Sie hatten ihre Passe am Abend den Schaffnern gegeben, und die wurden die Grenzformalitaten erledigen.

Um 3 Uhr 30 verlie? Tracy leise ihr Abteil. Die Zeiteinteilung war hier ganz entscheidend. Der Zug wurde um 5 Uhr 21 jenseits der schweizerischen Grenze sein und Lausanne erreichen, und um 9 Uhr 15 sollte er in Mailand eintreffen.

In Pyjama undBademantel, einen Toilettenbeutel in der Hand, lief Tracy den Gang entlang. All ihre Sinne waren angespannt, und der vertraute Nervenkitzelbeschleunigte ihren Puls. Wenn jemand dumme Fragen stellte, wurde sie naturlich sagen, sie wolle auf die Toilette, doch esbegegnete ihr keine Menschenseele. Die Schaffner nutzten die fruhe

Morgenstunde, um sich ein Schlafchen zu gonnen.

Tracy erreichte das Abteil E 70 ohne Zwischenfalle. Die Tur war abgeschlossen. Tracy offnete den Toilettenbeutel, entnahm ihm einen Metallgegenstand und eine kleine Spraydose und machte sich an die Arbeit.

Zehn Minuten spater war sie wieder in ihrem Abteil, und drei?ig Minuten spater schlief sie, mit der Andeutung eines Lachelns im frisch gewaschenen Gesicht.

Um 7 Uhr, zwei Stunden vor der Ankunft des Zuges in Mailand, erschallte eine Reihe von spitzen Schreien. Sie drangen aus dem Abteil E 70 und weckten den ganzen Wagen. Reisende steckten den Kopf aus ihren Turen, um zu sehen, was los war. Ein Schaffner kam herbeigeeilt und trat ins Abteil E 70.

Silvana Luadi war dem Zusammenbruch nahe.»Hilfe!«schrie sie.»Hilfe! Mein ganzer Schmuck ist weg!

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