anrief.« Adams Hande pre?ten sich unter dem Tisch so heftig gegeneinander, da? alles Blut aus ihnen wich. »Der Zeuge sieht mude aus. Ich glaube, fur heute haben wir genug.« Robert Di Silva sagte zu der Grand Jury: »Ich mochte einen Vorschlag zur Verfahrensweise machen...« Adam horte nicht zu. Er fragte sich, wo Jennifer sein mochte. Sie war schon wieder verschwunden. Er hatte wiederholt versucht, sie aufzuspuren, aber jetzt war er zu allem, entschlossen. Er mu?te sie erreichen, und zwar schnell.

52

Die umfassendste Geheimoperation in der Geschichte der Verbrechensbekampfung in den Vereinigten Staaten wurde in die Wege geleitet. Spezialeinheiten zur Bekampfung des organisierten Verbrechens und Bandenunwesens arbeiteten Hand in Hand mit dem FBI, den Post- und Zollbehorden, dem Finanzamt, der Rauschgiftpolizei und einem halben Dutzend anderer Regierungsstellen.

Die Bandbreite der Untersuchungen umfa?te Mord, Verschworung zum Zweck der Begehung eines Mordes, Bandenunwesen, Erpressung, Unterschlagung von Einkommenssteuern, Gewerkschaftskorruption, Brandstiftung, Geldwucher und Drogen.

Thomas Colfax hatte der Regierung den Schlussel zur Buchse der Pandora gegeben, einer Buchse des Verbrechens und der Korruption, und dieser Schlussel half mit, einen gro?en Teil des organisierten Verbrechens auszurotten. Michael Morettis Familie wurde am schwersten getroffen, aber das Beweismaterial belastete Dutzende anderer Familien im ganzen Land.

Uberall in den Vereinigten Staaten und au?erhalb unterzogen Agenten der Regierung Freunde und Geschaftspartner der Manner auf ihrer Liste einer diskreten Befragung. Age nten in der Turkei, in Mexiko, San Salvador, Marseille und auf Honduras setzten sich mit ihren Anlaufstellen in Verbindung und gaben ihnen Informationen uber illegale Unternehmungen in ihren Operationsgebieten. Kleine Fische, die ins Netz gingen, erhielten Straffreiheit zugesichert, wenn sie sangen und Beweismaterial gegen die Drahtzieher lieferten. Alles lief so unauffallig wie moglich ab, so da? die anvisierte Beute nicht vor dem Sturm gewarnt wurde, der sich uber ihrem Kopf zusammenbraute.

Als Vorsitzender des Senatsausschusses empfing Adam Warner einen standigen Strom von Besuchern in seinem Haus in Georgetown, und die Gesprache in seinem Arbeitsraum dauerten oft bis in die fruhen Morgenstunden. Es bestanden wenig Zweifel, da? das Wei?e Haus ein leichter Sieg fur Adam Warner werden wurde, wenn die Untersuchung vorbei und Michael Morettis Organisation zerschlagen war. Er hatte ein glucklicher Mann sein mussen. Statt dessen fuhlte er sich elend angesichts der gro?ten moralischen Krise seines Lebens. Jennifer Parker war von den Vorgangen zutiefst betroffen, und er mu?te sie warnen, ihr nahelegen, zu fliehen, so lange sie noch eine Chance hatte. Nichtsdestoweniger hatte er eine andere Pflicht, eine Pflicht gegenuber dem Ausschu?, der seinen Namen trug, eine Pflicht gegenuber dem Senat der Vereinigten Staaten. Er war Jennifers Anklager, wie konnte er ihr Beschutzer sein? Wenn er sie warnte und dabei ertappt wurde, wurde es die Glaubwurdigkeit seines Ausschusses und alles, was er bisher erreicht hatte, gefahrden. Es wurde seine Zukunft und seine Familie zerstoren. Colfax' Bemerkung, da? Jennifer ein Kind hatte, war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Er wu?te, da? er mit Jennifer sprechen mu?te. Adam wahlte ihre Buronummer, und eine Sekretarin sagte: »Es tut mir el id, Mr. Adams, Mi? Parker ist nicht da.« Adam hielt sich im Arbeitszimmer auf und versuchte zum drittenmal an diesem Tag, Jennifer anzurufen, als Mary Beth in den Raum trat. Unauffallig legte Adam den Horer wieder auf.

Mary Beth ging zu ihm und fuhr ihm mi t den Fingern durch das Haar.

»Du siehst mude aus, Darling.«

»Es geht mir gut.«

Sie ging zu einem lederbezogenen Sessel auf der anderen Seite von Adams Schreibtisch und setzte sich. »Langsam fugt sich alles zusammen, nicht, Adam?«

»Sieht so aus, ja.«

»Ich hoffe, da? bald alles voruber ist, in deinem Interesse. Der Stre? mu? schrecklich sein.«

»Ich kann es aushalten, Mary Beth. Mach dir um mich keine Sorgen.«

»Ich mache mir aber Sorgen. Jennifer Parkers Name steht auf der Liste, oder?«

Adam blickte sie scharf an. »Woher wei?t du das?« Sie lachte. »Mein Engel, du hast dieses Haus in einen Marktplatz verwandelt. Ich kann nichts dafur, da? ich manchmal ein wenig von dem hore, was vorgeht. Alle scheinen geradezu kopflos vor Aufregung. Jeder will Michael Moretti und seine Freundin fangen.« Sie beobachtete Adams Miene, aber es gab keine Reaktion.

Mary Beth betrachtete ihren Mann liebevoll und dachte: Wie naiv Manner doch sind. Sie wu?te mehr uber Jennifer Parker als er. Es hatte sie immer erstaunt, wie hervorragend ein Mann im Geschaftsleben oder der Politik sein konnte und wie toricht, wenn es sich um Frauen handelte. Wie viele wirklich gro?e Manner hatten billige kleine Dummchen geheiratet. Mary Beth verstand es vollig, da? ihr Ehemann eine Affare mit Jennifer gehabt hatte. Schlie?lich war Adam ein sehr attraktiver und begehrenswerter Mann. Und wie alle Manner war er fur neue Reize empfanglich. Ihre Philosophie war, zu vergeben, aber niemals zu vergessen.

Mary Beth wu?te, was gut fur ihren Ehemann war. Alles, was sie tat, geschah zu seinem Besten. Wenn dies alles vorbei war, wurde sie mit ihm irgendwohin fahren. Er sah wirklich mude aus. Sie wurden Samantha bei der Haushalterin lassen und in eine romantische Gegend fahren. Vielleicht nach Tahiti.

Mary Beth blickte aus dem Fenster und sah zwei Sicherheitsbeamte miteinander reden. Sie hatte diesen Mannern gegenuber gemischte Gefuhle. Einerseits mi?billigte sie das Eindringen in ihr Privatleben, aber andererseits erinnerten sie sie standig daran, da? ihr Mann einmal Prasident der Vereinigten Staaten werden wurde. Es gab keinen Zweifel daran, da? er es schaffen wurde. Jeder sagte das. Die Vorstellung, im Wei?en Haus zu leben, war so greifbar, da? ihr schon warm wurde, wenn sie nur daran dachte. Ihre Lieblingsbeschaftigung, wahrend Adam mit seinen ganzen Konferenzen zu tun hatte, bestand darin, das Wei?e Haus umzudekorieren. Stundenlang sa? sie allein in ihrem Zimmer, ruckte in ihrer Phantasie Mobel herum, wechselte ganze Einrichtungen aus und dachte an all die aufregenden Dinge, die sie tun wurde, wenn sie First Lady ware.

Schon jetzt hatte sie die Raume gesehen, in die die meisten Besucher gar nicht hereingelassen wurden: das chinesische Zimmer, die Bucherei mit ihren fast dreitausend Buchern, den Raum fur diplomatische Empfange und die Zimmer der Prasidentenfamilie mitsamt den sieben Gasteschlafzimmern im zweiten Stock.

Sie und Adam wurden in diesem Haus wohnen und ein Teil seiner Geschichte werden. Mary Beth schauderte, wenn sie daran dachte, wie nahe Adam daran gewesen war, alle ihre Chancen zu verspielen, nur wegen dieser Parker. Nun, das war Gott sei Dank vorbei.

Sie betrachtete Adam, der erschopft und abgemagert an seinem Schreibtisch sa?.

»Kann ich dir eine Tasse Kaffee kochen, Liebling?« Adam wollte schon nein sagen, aber dann entschied er sich anders. »Das ware schon.«

»Es wird nur eine Sekunde dauern.«

Kaum hatte Mary Beth den Raum verlassen, da hob Adam den Horer erneut auf und begann zu wahlen. Es war Abend, und er wu?te, da? niemand mehr in Jennifers Buro sein wurde, aber sie mu?te den Auftragsdienst eingeschaltet haben. Nach einer Ewigkeit meldete sich der Auftragsdienst. »Hier spricht Mr.Adams«, sagte Adam. »Seit Tagen versuche ich, Jennifer Parker zu erreichen. Es ist au?erst dringend.«

»Einen Augenblick, bitte.« Dann meldete sich die Stimme wieder. »Es tut mir leid, Mr. Adams. Ich habe keine Ahnung, wo sich Mrs. Parker befindet. Wollen Sie eine Botschaft hinterlassen?«

»Nein.« Adam knallte enttauscht den Horer auf. Er wu?te, da? sie unter Garantie nicht reagieren wurde, selbst wenn er eine Nachricht fur Jennifer hinterlie? und sie bat, ihn anzurufen. Er sa? in seiner Hohle, starrte in die Nacht hinaus und dachte an die Dutzende von Haftbefehlen, die demnachst ausgestellt werden wurden. Einige unter ihnen wurden auf Mordverdacht lauten. Und einer davon wurde Jennifer Parkers Namen tragen.

Es dauerte funf Tage, bis Michael Moretti wieder zu der Berghutte zuruckkehrte, in der Jennifer sich aufhielt. Sie hatte sich ausgeruht, gegessen und lange Spaziergange auf den Pfaden um das Haus unternommen. Als sie Michaels Wagen den Berg heraufkommen horte, ging sie nach drau?en, um ihn zu begru?en.

Michael blickte sie an und sagte: »Du siehst schon wesentlich besser aus.«

»Ich fuhle mich auch besser, danke.«

Sie gingen auf dem Pfad entlang, der zum See herunterfuhlte. Michael sagte: »Ich habe Arbeit fur

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