unzertrennliche Jovita Foley, diesen Staat noch nicht kannten.

Der Staat New York ist der erste der Confoderation seiner Bevolkerung nach, die nicht weniger als sechs Millionen Kopfe betragt, doch nur der neunundzwanzigste seiner Ausdehnung nach, da er nur eine Flache von neunundvierzigtausend Quadratmeilen (127350 Quadratkilometer) bedeckt. Es ist der »Empire State«, wie man ihn zuweilen nennt, ein dreieckiges Stuck Land, dessen geradlinig verlaufende Seiten wegen Mangels naturlicher Grenzen willkurlich gezogen sind.

Freilich hatten die seiner Partner, die noch hierher kamen, ebensowenig wie Harris T. Kymbale, die Moglichkeit, daselbst wahrend der zwei Wochen von einer »Lotterieziehung« zur andern zu verweilen. Gleichwie er mu?ten sie, nachdem sie sich auf dem Bruckensteig am Niagara gezeigt hatten, nach Santa-Fe, der Hauptstadt von Neumexiko, weiterreisen. Begaben sie sich dabei doch nach New York, so war damit jeder Besuch anderer Stadte ausgeschlossen, obgleich viele davon recht sehenswerth sind, wie z. B. Albany, der Sitz der Regierung, mit hundertzehntausend Einwohnern und schonen Museen, vortrefflichen Schulen, herrlichen Parken und dem Regierungspalaste, der nicht weniger als zwanzig Millionen Dollars gekostet hat; Rochester, die »Stadt des Mehls« und gleichzeitig ein Hauptplatz von Fabriken, deren Betrieb durch die machtigen Wasserfalle des Genesees sehr erleichtert wird; ferner Syracuse, die reiche Stadt des Salzes, das ihr die unerschopflichen Salinen von Onondaga liefern, und noch verschiedene andere, eine ganze Familie von Stadten, die der Staat mit gerechtem Stolze aufweisen kann.

Seine gro?te Stadt besucht zu haben, ware – wie man zu sagen pflegt – schon allein die Reise werth. Man mu? es gesehen haben, dieses New York zwischen dem Hudson und dem East River, weit ausgedehnt auf der Halbinsel Manhattan, auf der es hundertsechs Quadratkilometer oder zehntausendsechshundert Hektar bedeckt, und das zusammen dreihundertsechzig Quadratkilometer – mehr als Paris und als London – einnehmen wird, wenn Brooklyn und Long Island mit ihm zu einem einzigen Gemeinwesen verbunden sein werden! Man mu? seine Alleestra?en, seine monumentalen Bauwerke bewundert haben, seine tausend Kirchen – was fur siebzehnhunderttausend Einwohner gar nicht zu viel erscheint – seinen Broadway, seine sieben Meilen (11.260 Meter) lange Funfte Avenue, und die in wei?em Marmor aufgefuhrte Saint-Patrice-Domkirche, den Centralpark von dreihundertfunfundvierzig Hektaren mit seinen Rasenflachen, Geholzen, Wasserlaufen, in die der gro?e Aquaduct von Croton ausmundet, seine Hangebrucke uber den East River nach Brooklyn, der sich spater noch eine uber den Hudson zugesellen wird, seinen Hafen, dessen Waarenverkehr man auf achthundert Millionen Dollars veranschlagt, seine weite Bai, die mit Inseln und Holmen ubersaet ist, darunter Bedloe’s Island, wo sich die riesenhafte Statue Bartholdi’s erhebt, die Figur der Freiheit, die die Welt erleuchtet!

Alles das hatte jedoch, wie schon erwahnt, fur den Hauptberichterstatter der »Tribune« nicht mehr den Reiz der Neuheit gehabt. Nach dem Besuche des Niagara wollte er sich, ohne im geringsten abzuweichen, streng an seine Reiseroute halten.

Es war ja schon der 11. Mai, und spatestens am Vormittage des 21. mu?te er in Santa-Fe eingetroffen sein. Zwei durch funfzehn-bis sechzehnhundert Meilen (2500 bis 2700 Kilometer) von einander getrennte Staaten konnte man doch nicht wohl als benachbarte ansehen.

Auf der Ruckfahrt von Buffalo hatte Harris T. Kymbale sich vorgenommen, noch einmal Chicago zu beruhren, um von hier aus den Grand Trunk nach Westen zu benutzen. Da von diesem aber keine Seitenlinie abgeht, die eine unmittelbare Verbindung mit Santa-Fe bote, ware das ein Fehler gewesen, denn in diesem Falle hatte er eine gro?e Strecke zu Wagen zurucklegen mussen, und das in einem Lande, wo es mit allen Verkehrsverhaltnissen noch recht schlecht bestellt war.

Niagara-Fall.

Zum Gluck hatten seine Collegen von der »Tribune« nach eingehendem Studium des betreffenden Theiles des Fernen Westens fur ihn einen Reiseplan aufgestellt, der ihm durch ein in Buffalo eingegangenes Telegramm mitgetheilt wurde.

Die Depesche war in folgenden Worten abgefa?t:

»Von den Niagara Falls zuruckkehren nach Buffalo und von da bis Cleveland hinunterfahren. Quer durch Ohio reisen (uber Columbus und Cincinnati), durch Indiana uber Laurencebourg, Madison, Versailles und Vincennes, durch Missouri uber Salem, Belley und Saint-Louis. Hier die Jeffersonlinie nehmen nach Kansas City. Kansas auf der sudlichsten Bahn durchreisen, und zwar uber Laurence, Emporia, Toleda, Newton, Hutchinson, Plum Buttes, Fort Zarah, Larned, Petersburg, Dodge City, Fort Atkinson und Sherbrock, weiter durch den Osten von Colorado uber Granada und Las Arimas. Von hier Zweigbahn nach Pueblo, und uber Trinidad nach Clifton an der Grenze von Neumexiko. Endlich uber Cimarron, Las Vegas und Galateo ubergehen auf die kurze Zweigbahn nach Santa-Fe. Nicht vergessen, da? der Absender dieser Depesche auf Sie hundert Dollars verwettet hat, und da? er diese rettungslos verlieren mu?te, wenn Sie einen anderen Weg einschlugen.

Bruman S. Bickhorn,

Redactionssecretar.«

Hatte nicht der von den »Sieben«, den seine Collegen so eifrig unterstutzten, dem sie die Erfullung seiner Aufgabe so sorgsam zu erleichtern suchten, die beste Aussicht, als »guter Erster« durchs Ziel zu gehen?… Gewi?; doch unter der Bedingung, da? er dem Rathe des ehrenwerthen Herrn H. V. Exulton folgte und sich durch nichts, was etwa seine Aufmerksamkeit erregte, unterwegs aufhalten lie?.

»Einverstanden, mein wackerer Bickhorn, diesen Weg werd’ ich nehmen, sagte Harris T. Kymbale fur sich, und werde mir auch nicht die kleinste Abweichung davon gestatten. Bezuglich der Eisenbahn braucht man sich ja nicht zu beunruhigen. Getrost, liebenswurdiger Redactionssecretar! Wenn damit Verzogerungen vorkommen, werden sie nicht durch meinen Leichtsinn, meine Nachlassigkeit verschuldet sein, und deine hundert Dollars werden ebenso zahe vertheidigt werden, wie die funftausend seiner Hoheit des ersten Magistratsbeamten von Buffalo! Ich vergess’ es nicht, da? ich die Farben der ‘Tribune’ trage!«

Ein Jockey hatte sich nicht besser ausdrucken konnen. Der Jockey hier war freilich mehr ein Centaur, der fur eigene Rechnung lief.

So durchma? also, auf Grund eines sein erklugelten Stundenplanes und des Studiums des Cursbuches, Harris T. Kymbale, ohne sich gerade zu ubereilen und in der Nacht in den besten Hotels ausruhend, binnen sechzig Stunden die sechs Staaten Ohio, Indiana, Illinois, Missouri, Kansas und Colorado, und traf am 19. gegen Abend in Clifton, an der Grenze von Neumexiko ein.

Wenn der Reporter hier nur funfhundertsechsundvierzig Handedrucke wechselte, kam das daher, da? das tief hinten in den grenzenlosen Prairien des Fernen Westens verlorene Dorf nicht mehr als zweihundertdreiundsiebzig Zweihander zahlte.

In Clifton gedachte er sich nur eine Stunde aufzuhalten. Wie gro? war aber, als er aus dem Waggon stieg, seine Enttauschung, zu horen, da? die weitere Bahnverbindung wegen umfanglicher Ausbesserungen an der Strecke fur mehrere Tage unterbrochen sei. Er befand sich aber noch hundertfunfundzwanzig Meilen (200 Kilometer) entfernt von Santa-Fe und hatte nur noch sechsunddrei?ig Stunden ubrig, diese zuruckzulegen. Der kluge Bruman S. Bickhorn hatte das nicht vorausgesehen!

Zum Gluck sah sich Harris T. Kymbale gleich beim Heraustreten aus dem Bahnhofe einem Manne von halb amerikanischem, halb spanischem Aussehen gegenuber, der ihn fast zu erwarten schien. Sobald er den Reporter bemerkte, knallte er dreimal mit der Peitsche – ein dreifacher Knalleffect, mit dem er die Leute immer zu begru?en pflegte. Dann wandte er sich plotzlich an den Fremdling.

»Harris T. Kymbale…? fragte er in einer Sprache, die mehr an die von Cervantes als an die Cooper’s erinnerte.

– Der bin ich.

– Wollen Sie, da? ich Sie nach Santa-Fe befordere?

– Ob ich das will!

– Gut… abgemacht!

– Dein Name?…

– Isidorio.

– Isidorio gefallt mir nicht ubel.

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