warmer. Urkraftig erschallten die Hurrahs, als John Hamilton, entsprechend der von den Gouverneuren geubten Gepflogenheit, Frauen in ihren Generalstab aufzunehmen, Lissy Wag zum Oberst und Jovita Foley zum Oberstlieutenant in der Miliz von Illinois ernannte.

Fuhlte sich die immer bescheidene eine der neuen Officiere durch so viel Ehren etwas bedruckt, so nahm die andere diese entgegen, als hatte sie schon ihr Leben lang die Uniform getragen.

»Nun, Fraulein Oberst, rief Jovita Foley, als beide sich ziemlich spat nach ihrem Zimmer zuruckbegeben hatten und sie militarisch gru?te, sagen Sie, mache ich meine Sache recht?

– Das ist die reine Thorheit, antwortete Lissy Wag, und ich furchte, es wird ein schlechtes Ende nehmen…

– Willst Du schweigen, meine Liebe, oder ich vergesse, da? Du meine Vorgesetzte bist, und verletze den nothigen Respect!«.

Damit gab sie der Freundin einen herzlichen Ku?, legte sich nieder und traumte naturlich sofort, da? sie zur »Generalin« ernannt worden sei.

Schon um acht Uhr am nachsten Morgen belagerten die Insassen des Hotels das Zimmer mit dem Telegraphenapparat in Erwartung der durch Meister Tornbrock von Chicago abzusendenden Depesche.

Es ware zu schwierig, die Erregung der theilnahmsvollen Menge zu schildern, die die beiden Freundinnen umringte. Wohin sollte das Schicksal sie verschlagen?… Wurden sie vielleicht nach dem au?ersten Ende Amerikas geschickt?… Gewannen sie einen gro?eren Vorsprung gegenuber ihren Mitbewerbern?…

Eine halbe Stunde spater ertonte die Glocke des Apparats.

Es kam eine Depesche fur Lissy Wag, Kentucky, Mammoth Hotel, Mammuthhohlen.

Da entstand eine tiefe, man mochte sagen, religios feierliche Stille innerhalb und au?erhalb des Telegraphenzimmers.

Und welches Erstaunen, welche Enttauschung, ja welche Verzweiflung, als Jovita Foley mit bebender Stimme den Inhalt des Telegrammes vorlas.

»Vierzehn, durch zu verdoppelnde sieben Augen, zweiundfunfzigstes Feld, Saint-Louis, Staat Missouri.

Tornbrock.«

Das war das Feld mit dem Gefangnisse, wo Lissy Wag unter Zahlung des dreifachen Einsatzes bleiben mu?te, bis ein nicht weniger unglucklicher Partner sie durch Besetzung ihres Platzes erloste!

Louisville. – Die Markett Street.

Sechstes Capitel.

Das Thal des Todes.

Die Besucherin glitt in einem Boote den Lauf des Styx hinunter. (S. 310)

Am Morgen des 1. Juni rollte von Stakton, einer kleinen californischen, am ehemaligen Seebecken des San Joachim gelegenen Stadt aus, ein Bahnzug mit gro?ter Geschwindigkeit in der Richtung nach Sudosten hin.

Der nur aus der Locomotive, einem Personen-und einem Packwagen bestehende Zug war au?erfahrplanma?ig drei Stunden vor dem abgedampft, der durch die sudlichen Gebiete von Californien auf der Bahnlinie von Sacramento nach der Grenze von Arizona hin lauft.

Mit seinen hundertachtundfunfzigtausend Quadratmeilen (455.000 Quadratkilometern) nimmt der Staat Californien in der amerikanischen Confoderation den zweiten Platz ein. Er ist im Norden und im Suden nur durch zwei Breitengrade begrenzt, im Osten durch eine gebrochene Linie, deren Winkelspitze den Tahoesee und den Colorado River beruhrt, und im Westen durch den Gro?en (Stillen) Ocean, der sein Uferland auf eine Strecke von sechshundert Meilen (965 Kilometer) benetzt.

Vertheilt man auf das ungeheuere Gebiet die zwolfhunderttausend Seelen seiner Bevolkerung, die sehr gemischt und europaischen, amerikanischen und asiatischen Ursprunges ist, sowie zum gro?en Theil aus Einwanderern besteht, die hierher gelockt wurden durch die Entdeckung der hiesigen Goldfelder, bald nachdem Mexiko durch Vertrag von 1848 seine californischen Landestheile an die Bundesrepublik abgetreten hatte, so kann die Volksdichte im allgemeinen nur eine geringe sein.

Das Land, das der Sonderzug mit au?ergewohnlicher Schnelligkeit durchflog, schien die Aufmerksamkeit seiner Passagiere nicht zu erregen. Doch hatte er wirklich Insassen?… Ja, gewi?, denn von Zeit zu Zeit erschienen zwei Kopfe hinter einem Waggonfenster, die gleich darauf wieder verschwanden. Es waren zwei unfreundliche oder richtiger trotzig wilde Gesichter. Zuweilen sank die Scheibe des Fensters nieder, durch das eine behaarte Hand herauskam, welche eine kurze Pfeife hielt, die Asche darin ausschuttete und sich sofort wieder zuruckzog.

Im nordlichen Theile des Staates hatten die Reisenden der voruberfliegenden Landschaft vielleicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Im Norden und auch in der Mitte sind die zur Viehzucht vorzuglich geeigneten Landstrecken sehr sorgsam cultiviert. Sie zeichnen sich auch durch besondere Fruchtbarkeit aus und liefern gro?e Mengen von Weizen, noch mehr aber von Gerste mit zuweilen zwolf bis funfzehn Fu? (3 1/2 bis 4 1/2 Meter) langen Halmen, und viel Mais, Sorgho und Hafer. Man findet hier Anpflanzungen von Pfirsich-und Birnbaumen, von Erdbeeren und Kirschbaumen, wirkliche Walder von Obstbaumen und daneben Weinberge und-garten von solcher Ausdehnung, da? sie allein den dritten Theil der gesammten amerikanischen Traubenernte liefern. Und alle diese Naturschatze bietet ein freigebiger, unerschopflicher Erdboden, der von einem bewundernswerthen Bewasserungsnetze durchzogen ist.

Man darf inde? nicht glauben, da? das mehr sudlich gelegene Becken, das von dem Saint-Joachim und dessen Nebenflussen bewassert wird, unproductiv sei. Auch dieses erzielt durch den Ackerbau einen recht ansehnlichen Ertrag. Die Reisenden betrachteten sich das Land aber nicht mehr, als wenn es vollkommen unfruchtbar ware, wie vor funfzig Jahren, wo hier noch keine Menschenhand thatig gewesen war.

Californien hat ein ihm eigenthumliches Klima. Die Hitze ist hier im September arger als im Juli. Die isothermischen Linien folgen nicht denselben Parallelen, wie in der ubrigen Union. Die uber der grenzenlosen Wasserwuste des Gro?en Oceans entstehenden Sturme erreichen den Staat nicht alle. Die einen werden von den Kustengebirgen aufgehalten, andere sto?en sich an den Grat der Sierra Nevada. Dadurch losen sie sich in Regenfalle auf und tragen wesentlich zum Gedeihen der Coniferen bei, die – es sind Fichten, Weiden, Eiben-und Larchenbaume, Cedern und Cypressen – von funf-bis sechshundert Toisen Hohe an die Abhange der Bergkette bedecken. Darunter finden sich Baumriesen, die Sequoias oder Bigtrees, von den Amerikanern auch Washingtonias, von den Englandern Wellingtonias genannt, die bei einem Umfange von nicht weniger als sechzig Fu? (18 1/4 Meter) eine Hohe von dreihundert Fu? (91 1/2 Meter) erreichen.

Wer waren denn diese interesselosen Reisenden?… Woher kamen, wohin gingen sie wohl?… Waren es leicht in Feuer gerathende Californier, schnell fortgelockt durch die Entdeckung neuer Lagerstatten, oder wollten sie erst nach neuen Placers suchen, da doch die Hoffnung berechtigt erscheint, da? die sechs, im Laufe von vierzig Jahren erbeuteten Milliarden die letzten Lagerstatten dieses goldfuhrenden Bodens noch nicht erschopft haben? Der Boden enthalt ubrigens auch noch andere werthvolle Schatze, vorzuglich am Rande der Kustengebirge, wie Zinnober, das Sulfat des Quecksilbers, eine naturliche Schminke, wovon in den Gruben von New Almaden zwischen 1850 und 1885 hundert Millionen Pfund, also hunderttausend Tonnen, gewonnen wurden.

Die Reisenden konnten vielleicht auch zu den Grundern von »Bonanzas farms«, zu den Mitgliedern der gro?en Syndicate zur Ausbeutung des Ackerlandes gehoren, zu den Leuten, die die kleinen Landleute wegen der ungeheueren Capitalien, die ihnen England liefert, am meisten zu furchten haben. Wie sollte das Geld auch nicht dahin stromen, wo der Weinstock Trauben von mehreren Pfunden, der Birnbaum Fruchte von anderthalb Fu? (45 Centimeter) Umfang hervorbringt?

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