Selbstverstandlich wurden Hodge Urrican und Turk an Bord als Passagiere aufgenommen, und der Capitan Humper legte fur den Commodore ebensoviel Interesse an den Tag, wie es der Capitan des »Sherman« Tom Crabbe gegenuber bewiesen hatte.

Bei ruhigem Meere und leichter Sudostbrise entwickelte der »Prasident Grant« seine gro?te Fahrgeschwindigkeit, gegen zwanzig Knoten (5 geographische Meilen) in der Stunde, mit der er schon in der Nacht des 27. in Mobile eintreffen konnte.

Nach Entrichtung eines reichlich bemessenen Fahrgeldes sprang Hodge Urrican, dem Turk nacheilte, in den ersten Bahnzug, der die siebenhundert Meilen (1126 Kilometer) zwischen Mobile und Saint-Louis in zwanzig Stunden zurucklegte.

Hierbei ereigneten sich die uns schon bekannten Vorfalle, die Schwierigkeiten mit dem Stationsvorsteher in Herculanum, die Nothwendigkeit fur Hodge Urrican, nach Saint-Louis zu fahren, um seinen Reisesack zu reclamieren, das Zusammenprallen mit Harris T. Kymbale die Herausforderung des Reporters, die Ruckkehr nach Herculanum am namlichen Abend, die Wiederabfahrt am folgenden Morgen, der Kugelwechsel wahrend der Kreuzung beider Zuge und die Ankunft in Saint-Louis. Von hier aus fuhrte die Eisenbahn den Commodore am 30. nach Topeka, dann mittelst der Union Pacificlinie am 31. nach Ogden, ferner nach Reno, von wo er des Morgens um sieben Uhr nach Keeler abdampfte.

Wenn der Commodore Urrican aber in Keeler eintraf, war er noch lange nicht im Death Valley, an dem Punkte, wohin er sich in Californien zu begeben hatte.

Nun gab es leider keine mehr oder weniger fahrbare Stra?e zwischen Keeler und dem Death Valley, uberhaupt fehlte es an jedem regelma?igen Verkehrsmittel, an jedem Relais, jeder Postverbindung. Sollte er nun die Strecke von vierhundert Meilen (643 Kilometer) hin und zuruck in so kurzer Zeit zu Pferde zurucklegen, denn so lang wurde der Weg durch viele, in bergigem Terrain gelegene Windungen? Das ware unmoglich gewesen.

Dagegen hatte Hodge Urrican bei seinem kurzen Aufenthalt in Saint-Louis den vortrefflichen Gedanken gehabt, in Sacramento telegraphisch anzufragen, ob man ihm ein Automobil zur Verfugung stellen konnte, und auf die bejahende Antwort hin hatte er den Auftrag gegeben, es nach Keeler an den Bahnhof zu schicken, wo das Gefahrt, wie wir wissen, ihn denn auch erwartete.

Das Automobil war von vorzuglichster Construction. Zwei Tage mu?ten hinreichen, nach dem Death Valley zu gelangen, zwei weitere Tage, von dort zuruckzukehren, so da? der Reisende vor dem 8. Juni in Chicago eintreffen konnte. Dem alten Seebaren schien das Gluck entschieden wieder einmal zu lacheln.

Infolge der eben erwahnten Abmachungen befand sich das Automobil also am 1. Juni bei der Ankunft des Zuges schon in Keeler und verlie? diese kleine Stadt wieder auf dem Wege nach Osten und in der Richtung nach dem Death Valley.

Bei der Schnelligkeit, mit der diese ganze Reise vor sich ging, erscheint es erklarlich, da? im Commodore Urrican die gewohnliche Neugier des Touristen gar nicht zum Durchbruche kam. Die Union Pacific hatte ihn ja im Fluge durch Nebraska, Wyoming, durch die Felsengebirge mittelst des Passes von Truckee, der in tausend Toisen (1950 Meter) Hohe liegt, und dann durch Utah bis fast ans Ende von Nevada befordert. Nicht einmal in Ogden war er ausgestiegen, um die Great Salt Lake City zu sehen, noch in Carson, um diese bedeutende Stadt zu besuchen. Es fiel ihm auch gar nicht ein, Sacramento, die Hauptstadt des californischen Dorado, zu bewundern, eine Stadt, die wegen der immer viel Unheil anrichtenden Ueberschwemmungen durch den Arkansas fast im Ganzen hoher gehoben worden ist. Der Erdboden wurde dabei um so viel aufgefullt, da? er das Niveau des starksten Hochwassers uberragte, und die Hauser schraubte man gleich blockweise um zehn bis funfzehn Meter in die Hohe. Jetzt liegt die Stadt gesichert am Ufer des ihren Namen fuhrenden Stromes. Sie zahlt gegen siebenundzwanzigtausend Seelen und bietet einen sehr hubschen Anblick, vorzuglich durch ihr monumentales Capitol, ihre geschickt angeordneten Hauptstra?en und ihr Chinesenviertel, das aus dem Himmlischen Reiche unmittelbar hierher versetzt zu sein scheint.

Wenn ein Max Real oder ein Harris T. Kymbale unter ahnlich liegenden Verhaltnissen es gewi? bedauert hatten, Sacramento »schneiden« zu mussen, so hatten sie das bezuglich San Franciscos gewi? noch weit tiefer beklagt.

In der angegebenen Entfernung zeigte sich wirklich ein Schiff. (S. 319.)

Die dreimalhunderttausend Seelen zahlende Metropole des Staates nimmt eine auf Erden ganz einzig dastehende Lage ein angesichts ihrer Bai von mehr als funfhundert Quadratkilometern, die also etwa so gro? ist wie der Genfersee und durch die Goldene Pforte mit dem Gro?en Ocean in Verbindung steht. Welch ein Genu?, sie zu durchstreifen, die Quartiere der vornehmen Welt, die breiten Stra?enfluchten mit dem uberaus lebhaften Verkehr, wie die Sacramento-und die Montgommerystra?e, in der das Occidental Hotel aufragt, das gro? genug ist, eine ganze Colonie aufzunehmen, die prachtige Verkehrsader, die gleichzeitig den Broadway, Picadilly und die Rue de la Paix des wunderbaren Frisco darstellt, mit blendend wei?en Hausern mit Balkons und Minadores nach mexikanischer Art und mit ihren Blumen-und Laubgewinden; man mu? ihre Garten besuchen, worin die prachtigsten Arten der Tropenflora gedeihen, selbst ihre Friedhofe, die Parke bilden, in denen es von Spaziergangern wimmelt, und, in acht Meilen (12 3/4 Kilometer) Entfernung, das Stelldichein der Stadtbewohner, das Cliff-House in der ganzen Schonheit einer wilden Natur. In Bezug auf Aus-und Einfuhrhandel wetteifert die Metropole mit Yokohama, Shanghai and Hongkong, wie mit Sidney und Melbourne, den Koniginnen der ostlichen Meere.

Selbst wenn er hier eines Sonntags angekommen ware, hatte der Commodore Urrican keine so todte Stadt, wie so viele andere in den Vereinigten Staaten, angetroffen. Seit das franzosische Element hier einiges Uebergewicht erlangt hat – nahezu ebensoviel wie das chinesische Element – hat sich Frisco mehr aus den Fesseln puritanischer Strenge befreit.

Unter der californischen Bevolkerung hatte der Commodore auch viele gefunden, die sich mit den tollsten Wetten am Match Hypperbone betheiligt hatten.

San Francisco ist vor andern die Stadt der Speculanten, die Stadt der »Trusts«, jener finanziellen Vereinigungen zum Aufkauf aller verwandten kleineren und mittleren industriellen Betriebe, der Ort, wo die Spielleidenschaft in argstem Ma?e herrscht, wo gro?e Vermogen durch einige Borsenmanipulationen ganz wie durch Auswurfeln anwachsen oder dahinschmelzen, wo der Puls noch immer so schnell schlagt, wie vor funfzig Jahren zur Zeit des verbreiteten Goldfiebers. Die waghalsigen Californier hatten der Benutzung eines Automobils durch den sechsten Partner gewi? ihren Beifall gezollt, und Hodge Urrican – der Mann, der offenbar »das Herz auf dem rechten Flecke« hatte – ware, obwohl er die Partie unter so ungunstigen Umstanden von vorn anzufangen hatte, von ihnen gewi? zum Favoriten erklart worden.

Zur Entschuldigung kann es dem Commodore freilich dienen, da? er keine Stunde zu verlieren hatte und er, bei der Art seines Charakters, kaum je daran gedacht hatte, Californien, wenn auch nur fluchtig, zu besuchen. Max Real und vielleicht auch Harris T. Kymbale wurden freilich, wenn ihnen die nothige Zeit dazu zur Verfugung stand, ihre Neugierde und ihren Wissensdrang allseitig befriedigt haben. Auf einer der zahlreichen Bahnlinien oder mittelst Dampfers hatten sie sich gewi? nach Mariposa in der Nahe des unvergleichlich schonen Yosemitethals begeben, wo so zahllose Fremde zusammenstromen, oder nach Oakland, gegenuber von Frisco an der Kuste der Bai, von dem aus ein jetzt schon fast vier Kilometer langer Hafendamm in Zukunft noch von einem Ufer bis zum anderen wachsen zu sollen scheint, ferner nach der Stra?e von Carquinez und nach Benicia, wo die Dampffahren die Eisenbahnen gleichsam verlangern, indem sie gleich ganze Zuge uber das Wasser befordern, nach dem reizenden Santa Clara, dessen Vereinigung mit dem benachbarten San Jose in kurzer Zeit bevorsteht, ferner nach der weitberuhmten Sternwarte von Hamilton, nach dem spanischen Monterey, das schon wegen des Schattens seiner uralten Cedern zu einer gesuchten Genesungsstation geworden ist, oder nach Los Angelos an der Sudkuste, der zweiten Stadt des Staates, die sich eines herrlichen Klimas erfreut und uberall von Baumbestanden mit Eucalypten, Pfefferbaumen, Ricinusarten, Orangenbaumen, Bananen, Kaffeebaumen, Theeplantagen, nebst Kautschukbaumen umgeben ist, wo das ganze Jahr uber Fruchte reisen, so da? die Stadt den Amerikanern des Westens als beliebtes Sanatorium gilt. Bei sorgsamer Ausnutzung der Fahrplane hatten der junge Maler und der Berichterstatter der »Tribune« auch bis zur Sudgrenze des Staates gelangen konnen, wo die hubsche Stadt San Diego, die sehr reine und heilsame Luft hat und am Ufer einer fur tiefgehende Schiffe fahrbaren Einbuchtung liegt, der Ausbeutung ihrer Borax-und Sodalager entgegensieht.

Nein… Hodge Urrican hatte nichts gesehen, hatte gar nicht daran gedacht, etwas zu sehen, und verhielt sich

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