Niagara, wo ihm der Bruckenzoll bare tausend Dollars kostete!

– Du bist grausam gegen die Titburys, Max.

– Es sind auch widerwartige Menschen, liebe Mutter, die nur durch Wucher reich geworden sind und kein Mitleid verdienen. Das fehlte gerade noch, da? der Zufall sie den freigebigen Hypperbone beerben lie?e!

– Moglich ist ja alles, antwortete Frau Real.

– Doch, sage mir, ich sehe ja die Flagge des beruhmten Hodge Urrican gar nicht.

– Die orangefarbene?… Nein, sie weht jetzt nirgends, denn das Mi?geschick hat den Commodore nach dem Thale des Todes verwiesen, von wo er nach Chicago zuruckkehren mu?, um die Partie von vorn anzufangen.

– Es ist hart fur einen Seeoffizier, seine Flagge streichen zu mussen! rief Max Real. Da wird er gewi? geschimpft und gewettert haben, da? sein Schiff vom Kiel bis zu den Masttoppen gezittert hat!

– Das ist wohl moglich, Max.

– Und wann wird fur den X. K. Z. gezogen?

– In neun Tagen.

– Es ist doch ein narrischer Einfall des Verstorbenen gewesen, den Namen des letzten der Sieben zu verheimlichen!«

Max Real war nun uber die Sachlage vollstandig unterrichtet. Er wu?te, da? er infolge der letzten Entscheidung durch die Wurfel, wonach er Virginia aufzusuchen hatte, die dritte Stelle einnahm, und ihm Tom Crabbe als erster und X. K. Z. als zweiter voraus waren. Freilich sollte fur diese erst noch zum drittenmale gewurfelt werden.

Daruber lie? er sich, was seine Mutter und Tommy davon auch denken mochten, jedoch kein graues Haar wachsen. Die Zeit des Aufenthaltes in Chicago verbrachte er meist in seinem Atelier, wo er die beiden Landschaften vollendete, die in den Augen eines amerikanischen Bilderliebhabers mit Rucksicht auf die besonderen Verhaltnisse, unter denen sie entstanden waren, einen um so hoheren Werth gewinnen mu?ten.

So kam es, da? Max Real in Erwartung seiner Wiederabreise sich ebenso um den Match selbst, wie um die Personen, die als daran Betheiligte im Lande hin und her fuhren, blutwenig kummerte. Er selbst spielte in der Partie ja eigentlich nur eine Rolle, um seiner vortrefflichen Mutter kein Herzeleid zu bereiten, verhielt sich der ganzen Geschichte gegenuber aber ebenso gleichgiltig wie Lissy Wag, die nur um Jovita Foley’s willen an dem Spiele theilnahm.

Nichtsdestoweniger bekam er wahrend seines Aufenthaltes doch Kenntni? von dem Ausfall des dreimaligen Wurfelns im Auditorium. Fur Hermann Titbury war das wirklich am 2. Juni ein Ungluckswurf gewesen, denn dieser nothigte ihn, sich nach dem neunzehnten Felde, dem Staate Louisiana zu begeben, wo sich das Gasthaus befand, in dem er bleiben mu?te, bis fur die anderen zweimal gewurfelt worden war. Mit dem Wurfelfall am 4. konnte Harris T. Kymbale sehr zufrieden sein, denn dieser fuhrte ihn nach dem dreiunddrei?igsten Felde Norddakota, und stellte dem Reporter damit eine hochst interessante Reise in Aussicht.

Am 6. Juni um acht Uhr fruh wurfelte der Notar Tornbrock endlich fur Lissy Wag. An diesem Morgen begab sich Max Real, getrieben von dem Interesse an dem Schicksale des jungen Madchens, selbst nach dem Auditorium, von dem er hochst niedergeschlagen wieder heimkam.

Durch den Wurf von sieben, hier auf vierzehn zu verdoppelnden Augen war Lissy Wag vom achtunddrei?igsten Felde, dem Staate Kentucky, nach dem zweiundfunfzigsten gewiesen worden. Hier, im Staate Missouri, mu?te die ungluckliche Partnerin aber im »Gefangnisse« warten, bis ein anderer, zufallig hierher verschlagener Partner ihre Stelle einnahm.

Selbstverstandlich blieben die Ergebnisse des dreimaligen Wurfelns nicht ohne Ruckwirkung auf die Kreise der Spieler oder Wettenden. Tom Crabbe und Max Real wurden scharfer als je verlangt. Fur sie eroffneten sich die besten Aussichten, und es war wirklich schwierig, zwischen den beiden Gunstlingen des Gluckes zu wahlen.

Wie bekummert fuhlte sich Max Real, als er, zu seiner Mutter zuruckgekehrt, die gelbe Flagge nach Missouri verpflanzen mu?te, das nach dem Willen des excentrischen Verstorbenen und fur Lissy Wag nach der Laune des Geschicks zum Gefangnisse der Spieler verwandelt war. Er suchte seinen Kummer daruber auch gar nicht zu verhehlen. Das Gefangni? und der Schacht waren die unglucklichsten Platze, die einem Theilnehmer am Match nur zufallen konnten… sogar noch unglucklicher als der im Thale des Todes, dessen Opfer Hodge Urrican geworden war. Der Commodore erlitt ja nur eine Verzogerung, konnte dann sofort aber weiter mitspielen; wer konnte dagegen wissen, ob der Match Hypperbone nicht uberhaupt zu Ende ging, ehe die Gefangene wieder befreit wurde?

Am 7. Juni schickte sich Max Real endlich an, Chicago zu verlassen. Seine Mutter wiederholte alle ihre Ermahnungen und warnte ihn besonders, sich unterwegs irgendwo aufhalten zu lassen.

»Und wenn die Depesche, sagte sie, die Du in Richmond erhalten wirst, liebes Kind, Dich nicht gerade ans Ende der Welt hinausschickt…

– Davon kehrt man doch zuruck, Mutter, kehrt man allemal zuruck, doch aus dem Gefangnisse!… Gestehe nur, da? die ganze Sache hochst lacherlich ist. Wie ein gewohnliches Rennpferd Gefahr zu laufen, um eine halbe Nasenlange geschlagen zu werden… wahrlich, das ist albern!

– Nein, mein Kind, o nein! Reise nur ab und Gott sei mit Dir!«

Die wurdige Dame, die sich jetzt tief erregt fuhlte, sagte diese Dinge in vollem Ernst.

Selbstverstandlich hatte es Max Real wahrend seines Aufenthaltes in Chicago kaum abwenden konnen, von Maklern, Reportern und Wettlustigen aufgesucht zu werden, die sich nach dem Hause in der South Halsted Street drangten. Das war ja auch gar nicht zu verwundern; man taxierte ihn ja gleichhoch mit Tom Crabbe… Welche Ehre!

Seiner Mutter gegenuber hatte sich Max Real naturlich verpflichtet, nach Virginia den kurzesten Weg zu wahlen. Doch wenn er nur am 12. in Richmond war – wer hatte ihn getadelt, wenn er jetzt der geradesten Linie eine gebrochene oder gebogene Bahnlinie dahin vorzog? Jedenfalls hatte er sich aber vorgenommen, die Staaten, die er beruhren mu?te, um Virginia und dessen Hauptstadt Richmond zu erreichen, namlich Illinois, Ohio, Maryland und Nordvirginia, dabei nicht zu verlassen.

Wir geben hier den vom 11. Juni, vier Tage nach der Abfahrt, datierten Brief wieder, den Frau Real erhielt und der sie kurz mit den Vorfallen auf der Reise bekannt machte. Abgesehen von personlichen Bemerkungen uber die beruhrten Lander, die fluchtig besuchten Stadte und zufalligen Begegnungen, gab dessen weiterer Inhalt ihr doch manches zu denken und erfullte sie mit einiger Unruhe uber die Seelenverfassung ihres Sohnes.

»Richmond, Va., am 11. Juni.

Meine liebe, gute Mutter!

Da bin ich denn am Ziele angelangt – nicht an dem des gro?en Ochsenkopfes von Partie, doch an dem, das mir der dritte Wurfelfall zuwies. Nach dem Fort Riley in Kansas, nach Cheyenne in Wyoming, Richmond in Virginia! Beunruhige Dich also nicht uber das Wesen, das Du auf Erden am meisten liebst und das Deine Liebe aufrichtig erwiedert… ich bin wohl und munter an meinem Posten!

Oh, konnte ich doch dasselbe von der armen Lissy Wag sagen, die das feuchte Stroh des Kerkers in jener Stadt Missouris erwartet! Wenn ich in ihr, liebe Mutter, auch nur eine Rivalin, doch eine reizende und interessante Rivalin zu sehen habe, so verhehle ich Dir doch nicht, da? mich ihr trauriges Los aufs tiefste betrubt. Je mehr ich an den beklagenswerthen Wurfelfall – sieben durch drei und vier, und diese zu verdoppeln – denke, desto schmerzlicher fuhl’ ich mich davon beruhrt, desto mehr beklage ich, da? die gelbe Flagge, die von der unerschrockenen Jovita Foley fur ihre Freundin bisher so tapfer hoch getragen worden war, auf der Mauer jenes Gefangnisses aufgepflanzt werden mu?!… Und fur wie lange wird sie dort wohl wehen?…

Ich bin also am Morgen des 7. abgefahren. Die Bahn verlauft am Sudufer des Michigan und gewahrt oft einen hubschen Ausblick nach dem See. Doch, unter uns, unseren See kenne ich ja genugend und das Land in seiner Umgebung nicht minder. In diesem Theile der Vereinigten Staaten, ganz wie in Canada, ist es ubrigens gestattet, etwas blasiert zu denken uber die Seen, uber ihr blaues Wasser, das nicht immer blau ist, wie uber ihren schlummernden Spiegel, der keineswegs immer schlummert! Wir konnen einige davon abgeben, und ich frage mich, warum das an Binnenseen so arme Frankreich uns nicht einen nach seiner Wahl abgekauft hat, wie wir 1803 Louisiana von ihm erstanden haben.

Immerhin hab’ ich nach rechts und links durch das Loch in meiner Palette hinausgeguckt, wahrend das

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