Schriftstuck zu vergraben, wie es der Commodore vor seinem Weggange vom Thale des Todes gethan hatte. Es wurde aber ein solches nach dem Entwurfe von Harris T. Kymbale aufgesetzt und mit den Unterschriften seiner zwolf Begleiter versehen, und das mu?te ja genugen, seine Anwesenheit in diesem Theile Nebraskas zu beweisen. Im Schatten der Baumgruppe wurde noch ein letztes Mahl eingenommen, das durch viele und jubelnd aufgenommene Toaste seine besondere Wurze erhielt.

»Hoch dem Hauptberichterstatter der ‘Tribune’!… Dem Favoriten des Matches! Hoch dem Erben der sechzig Millionen Dollars William I. Hypperbone’s!«

Harris T. Kymbale hatte entschieden Ursache, zufrieden zu sein. Seine Parteiganger sagten sich gewi? niemals von ihm los. Man verga?, man wollte vergessen, da? von Nebraska nach Washington zu gehen einen Ruckschritt bedeutete – wenn auch nicht auf der Karte der Vereinigten Staaten, so doch auf der des Verstorbenen. Wenn er nach dem drei?igsten Felde zuruckkehrte, hatte er ja Max Real auf dem vierundvierzigsten, X. K. Z. auf dem sechsundvierzigsten und Tom Crabbe auf dem siebenundvierzigsten Felde erst wieder zu uberholen.

Um drei Uhr nachmittags bereitete sich die Gesellschaft zum Aufbruch. Sehr angeregt durch manches Glas Grog von Whisky. nahmen Harris T. Kymbale und seine Begleiter ihre Platze in und auf der Kutsche wieder ein. Am folgenden Tage gegen zehn Uhr morgens waren sie bei Julesburg-Jonction wieder angelangt.

Eine Stunde spater traf der Zug der Union Pacific ein, der hier zehn Minuten Aufenthalt hatte. Nur eine Verzogerung von zehn Minuten, und Harris T. Kymbale hatte den Zug verfehlt, was freilich die weitere Reise noch nicht in Frage gestellt hatte, da an dieser Station taglich zwei Zuge anhalten. Alles in allem hatte er ja aber keine Stunde zu verlieren.

Der Leser wei? schon, welche Staaten die Bahnlinie nach Westen hin durchzieht, da Max Real sie auf dem Wege nach Cheyenne, Hermann Titbury auf dem nach Great Salt Lake City, und der Commodore Urrican, als er sich schimpfend nach den Death Valley begab, bereits benutzt hatten. Der Reporter hatte also durch Wyoming, Utah, Nevada und schlie?lich durch einen Theil von Californien zu fahren, um nach der Hauptstadt des letzteren zu kommen. Hier stieg er in der Nacht vom 11. zum 12. Juni frisch, thatenlustig und voller Zuversicht aus; er hatte unterwegs von seiner »guten Form« nicht das mindeste eingebu?t.

Ein ausgezeichneter Empfang erwartete den Reporter. In gro?er Menge begru?ten ihn seine Anhanger mit lautem Hurrah, dachten aber gar nicht daran, ihn hier zuruckzuhalten, da der Zug nach Sacramento um ein Uhr mittags abging.

Unter den Personen, die aus Interesse oder nur aus Sympathie Harris T. Kymbale entgegentraten, befand sich in erster Linie der Correspondent der »Tribune«, Will Walter.

»Ich habe gehort, Herr College, da? Sie heute hier eintreffen wurden, und begluckwunsche Sie aufrichtig, keine Verzogerung erfahren zu haben.

– In der That, lieber College, antwortete Harris T. Kymbale, zwischen Charleston und Sacramento nicht die geringste Verzogerung, und ich hoffe, da? es zwischen Sacramento und Omaha ebenso sein wird.

– Das Gegentheil ist wohl kaum zu befurchten, versicherte Will Walter. Zwar ist es recht unangenehm, da? die Linie gerade jetzt unterbrochen ist, der Zug wird Sie aber bis zur Station Shasta befordern, wo fur Sie ja Pferde bereit stehen. Ein mit dem Lande grundlich bekannter Fuhrer wird Sie von da bis Roseburg geleiten, von wo aus Sie dann wieder die Southern Pacificbahn bis Olympia benutzen konnen.

– So habe ich Ihnen nur noch fur Ihre freundliche Hilfe zu danken, Herr Walter…

– O nein, Herr Kymbale. Doch ich bin Ihnen zu Danke verpflichtet, da ich eine Summe auf Sie verwettet habe…

– Zu welchem Satze? fragte der Journalist lebhaft.

– Zu eins gegen funf.

– Nun, lieber College, funf warme Handedrucke aus Erkenntlichkeit…

– Noch einmal so viel, wenn Sie wollen, Herr Kymbale, und nun… gluckliche Reise!«

Die Locomotive pfiff, der Zug setzte sich in Bewegung und verschwand bald auf einer Curve der Bahnlinie in der Richtung nach Marysville, das er nahe dem Feather River erreichte.

Leider fuhr dieser Zug nur mit recht ma?iger Geschwindigkeit und hielt an jeder Station, in Ewings, Woodland u. s. w. an. Au?erdem hatte die Bahnlinie ununterbrochen Steigung bis nach der hoch uber der Meeresflache gelegenen Gegend von Obercalifornien.

Der Zug hielt in Marysville, einer Stadt, die – ganz wie Oroville und Placersville – verodet war, weil die Goldsucher, nachdem sie hier »die Taschen« (d. h. die mit Goldlagern) geleert hatten, scharenweise nach den nordlichen Landestheilen und nach Alaska abgezogen waren. Der Fortbestand Marysvilles ist nur dadurch gesichert, da? es bei seiner Lage zwischen dem Yuba-und dem Featherstrome eine lebhafte Flu?schiffahrt hat, die eine weite Verbreitung seines Handels vermittelt.

Au?er dem Aufenthalte hier wiederholte sich ein solcher in Gridley, Nelson, Chico und Tehama, wo die Locomotive alle Kraft daransetzen mu?te, steile Rampen auf Kosten ihrer Schnelligkeit zu uberwinden.

Kurz, erst um acht Uhr morgens, ubrigens nach dem Fahrplane ganz punktlich, lief der Zug am 13. in Shasta ein, in der Station, von der aus, wie wir wissen, die Verbindung unterbrochen war.

Ehe er in Roseburg wieder die Bahn besteigen konnte, hatte Harris T. Kymbale nun gute hundert Lieues auf Pferden und mit einem Fuhrer zuruckzulegen, die durch die Vorsorge des Correspondenten der »Tribune« hier bereitgestellt waren.

Nun blieben nur noch funf Tage ubrig, nach Olympia zu kommen, und davon mu?ten vier auf die Reise im Sattel, bei einer mittleren Geschwindigkeit von vierundzwanzig bis funfundzwanzig Lieues in vierundzwanzig Stunden, gerechnet werden. Das war zwar keine Unmoglichkeit, doch eine tuchtige Anstrengung fur die Thiere nicht minder als fur die Reiter.

Drei Pferde warteten vor der Station, eines fur Harris T. Kymbale, das zweite fur den Fuhrer und das dritte fur einen Stallburschen, der diesen begleitete. Wir brauchen wohl nicht zu erwahnen, da? der Reporter, wie alle Sportsmen, ein geubter Reiter war.

Der Fuhrer, Namens Fred Wilmot, mochte ein Mann von vierzig Jahren und im Vollbesitze seiner Krafte sein.

»Sind Sie bereit? fragte ihn Harris T. Kymbale.

– Vollig bereit.

– Und wir werden zur richtigen Zeit ankommen?…

– Wenn Sie ein guter Reiter sind, gewi?. Mit der Post hatten Sie die doppelte Zeit gebraucht.

– O, ich stelle schon meinen Mann.

– Dann also aufgestiegen!«

Die Pferde gingen in scharfem Trabe ab. Wegen der nothigen Nahrung brauchte man sich nicht zu sorgen, denn unterwegs traf man haufig auf Flecken und Dorfer.

Das schone Wetter schien aushalten zu wollen, und dazu herrschte eine angenehme Frische der Luft, die in der Berggegend noch zunehmen mu?te. Einmal sollte im Laufe des Tages ein zweistundiger Halt gemacht werden und in der Nacht gedachte man noch einmal kurze Zeit auszuruhen.

Der Weg folgte dem rechten Ufer des Sacramento, und nach der Mittagsrast in einer Farm hielt Fred Wilmot in Butter an, dessen Umgebung sehr zahlreiche Mineralquellen aufweist, die man in Amerika ja uberhaupt haufig antrifft.

Nach siebenstundigem Schlummer in einem Gasthause brachen die Reisenden am fruhen Morgen wieder auf, um in Yreka zu fruhstucken. Etwa hundert Meilen weiter ostlich waren sie nach dem Shasta gekommen, dessen Krateroffnung zwischen zwei Gipfeln uber zwolftausend Fu? (3657 Meter) hoch liegt. Auf breiter, von grunenden Schluchten durchzogener Grundlage ruhend, halt man diesen Berg »mit seinen rosafarbenen Lavastromen, die mit Eis emailliert sind« – wie ein begeisterter Reisender gesagt hat – fur den schonsten der Vereinigten Staaten.

Harris T. Kymbale konnte der Landschaft nur einen fluchtigen Blick schenken. (S. 400.)

Harris T. Kymbale mu?te seine Bewunderung auf eine spatere Reise verschieben.

Ein gro?er Staat, dieses Oregon, der neunzehnte in der Union. Nur dunn bevolkert, hat er ungeheuere Weideflachen, den gro?ten Ertrag liefert jedoch die in seinen Wasserlaufen sehr ergiebige Lachsfischerei. Der

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