war so schwer, da? die Alte ihn auf einen gro?en Stein legen mu?te.

Willina schaute auf die Blatter des Buches, und unter ihrem Blick legten sie sich von selber um.

«Da sieh, ich hab's», rief sie und begann langsam zu lesen: «Bambara, tschufara, skoriki, moriki, turabo, furabo, loriki, joriki… Der gro?e Zauberer Goodwin wird das kleine Madchen, das der Sturm in sein Land verschlagen hat, nach Hause schicken, falls sie drei Lebewesen bei der Erfullung ihrer sehnlichsten Wunsche behilflich sein wird; pikapu, trikapu, botalo, motalo…»

«Pikapu, trikapu, botalo, motalo…», wiederholten die Kauer ehrfurchtig.

«Wer ist das, dieser Goodwin?» fragte Elli.

«Oh, das ist der weiseste Mann in unserem Lande», flusterte die Alte, «er ist machtiger als wir alle und lebt in der Smaragdenstadt.»

«Und wie ist er, bose oder gut?»

«Das wei? niemand. Du brauchst aber keine Angst zu haben. Such nur die drei Geschopfe, erfulle ihre sehnlichsten Wunsche, und der Zauberer der Smaragdenstadt wird dir helfen, in dein Land heimzukehren.»

«Wo liegt denn die Smaragdenstadt?» fragte Elli.

«In der Mitte des Landes. Goodwin, der gro?e Weise und Zauberer, hat sie selber erbaut und regiert dort. Er hat sich -seither in tiefes Geheimnis gehullt, noch niemand hat ihn nach dem Aufbau der Stadt gesehen, die vor vielen, vielen Jahren fertig wurde.»

«Wie komme ich aber in die Smaragdenstadt?»

«Es ist ein weiter Weg, der dorthin fuhrt, und nicht uberall ist das Land so freundlich wie bei uns. Da gibt es finstere Walder mit schrecklichen Tieren und rei?ende Flusse, die dem Wanderer mit gro?en Gefahren drohen.»

«Wollen Sie nicht mit mir gehen?» fragte Elli.

«Nein, mein Kind», erwiderte Willina, «ich kann das Gelbe Land fur langere Zeit nicht verlassen. Du mu?t schon allein gehen. Der Weg zur Smaragdenstadt ist mit gelbem Backstein ausgelegt, du wirst dich gewi? nicht verirren. Wenn du zu Goodwin kommst, bitte ihn um Hilfe…»

«Werde ich dort lange bleiben mussen, Frau Zauberin?» fragte Elli mit gesenktem Blick.

«Ich wei? es nicht», antwortete Willina. «Daruber steht nichts in meinem Zauberbuch. Geh, suche, kampfe! Ich werde von Zeit zu Zeit das Zauberbuch aufschlagen, um nachzusehen, wie es dir geht… Leb wohl, mein Kind!»

Willina beugte sich uber das riesige Buch, das sogleich klein wurde wie ein Fingerhut, und steckte es in die Falten ihres Gewandes. Ein Wind erhob sich, es wurde finster ringsum, und als die Dunkelheit zerrann, war Willina verschwunden. Elli erschauerte, und die Kauer zitterten vor Angst so sehr, da? die Schellen an ihren Huten von selber zu klingeln begannen.

Als sie sich beruhigt hatten, sagte der tapferste unter den Kauern, ihr Altester, zu Elli:

«Allmachtige Fee! Wir begru?en dich im Blauen Lande! Du hast die bose Gingema getotet und die Kauer befreit.»

Elli entgegnete:

«Ihr seid sehr liebenswurdig, doch irrt Ihr Euch. Ich bin keine Fee. Ihr habt doch gehort, da? mein Hauschen auf Befehl der Zauberin Willina auf Gingema niederging…»

«Das glauben wir nicht», erwiderte der Alteste entschieden. «Wir haben dein Gesprach mit der guten Zauberin gehort, botalo, motalo, dennoch glauben wir, da? du eine machtige Fee bist. Nur Feen konnen mit ihren Hauschen durch die Luft fliegen, nur eine Fee konnte uns von Gingema erlosen, der bosen Zauberin des Blauen Landes. Sie hat viele Jahre uber uns geherrscht, und wir mu?ten Tag und Nacht fur sie arbeiten.»

«Wir mu?ten Tag und Nacht fur sie arbeiten», wiederholten die Kauer im Chor. «Sie befahl uns, Spinnen und Fledermause zu fangen und in den Graben Frosche und Blutegel zu sammeln, denn das waren ihre Lieblingsspeisen…»

«Wir aber furchten uns so sehr vor den Spinnen und Blutegeln!» klagten die Kauer mit Tranen in den Augen.

«Warum weint ihr?» fragte Elli. «Jetzt ist doch alles vorbei?»

«Ja, ja!» frohlockten die Kauer und lachten, da? die Schellen an ihren Huten klingelten.

«Machtige Frau Elli!» hub der Alteste wieder an. «Willst du uns jetzt anstelle von Gingema regieren? Wir wissen, da? du sehr gutig bist und uns nicht allzu oft bestrafen wirst!»

«Nein, ich bin nur ein kleines Madchen und tauge nicht zum Regieren», erwiderte Elli. «Wenn ihr mir aber helfen wollt, so la?t mich eure sehnlichsten Wunsche erfullen.»

«Wir hatten nur den einen Wunsch, die bose Gingema loszuwerden, pikapu, trikapu! Dein Hauschen — krak! krak! krak! — sie zerdruckt, und jetzt haben wir keine Wunsche mehr!» sagte der Alteste.

«Dann brauch ich mich bei euch nicht langer aufzuhalten. Ich will Leute suchen, die Wunsche haben. Leider sind meine Schuhe zu alt und zerschlissen fur den weiten Weg. Nicht wahr, Totoschka?» wandte sich Elli an das Hundchen.

«Naturlich», pflichtete ihr Totoschka bei. «Mach dir aber keine Sorgen, Elli, ich hab in der Nahe etwas entdeckt und werde dir helfen!»

«Du?» wunderte sich das Madchen.

«Ja, ich!» erwiderte stolz das Hundchen und verschwand hinter den Baumen. Bald kehrte es zuruck, einen schonen Silberschuh in den Zahnen, den es feierlich Elli zu Fu?en legte. Am Schuh funkelte eine goldene Schnalle.

«Woher hast du ihn?» staunte Elli.

«Das werd ich dir gleich sagen», antwortete keuchend das Hundchen, verschwand erneut in den Buschen und kam bald mit dem zweiten Schuh wieder.

«Entzuckend!» rief Elli aus. Sie probierte die Schuhe an, die genau pa?ten, als waren sie nach Ma? genaht.

«Wahrend ich mich hier umsah», hub Totoschka mit wichtiger Miene zu erzahlen an, «entdeckte ich im Berg hinter den Baumen ein gro?es schwarzes Loch.»

«Ach, ach, ach!» entsetzten sich die Kauer, «das ist ja der Eingang zur Hohle der bosen Gingema! Und du hast dich hineingewagt?»

«Was ist schon dabei? Gingema ist ja tot!» entgegnete Totoschka.

«Du bist wohl auch ein Zauberer?» fragte der Alteste zitternd, und alle anderen Kauer nickten so lebhaft, da? die Schellen an ihren Huten im Takt klingelten.

«Und als ich in die Hohle stieg, wie ihr das Loch nennt, da sah ich viele drollige und merkwurdige Dinge. Am meisten gefielen mir aber die Schuhe, die am Eingang standen. Gro?e Vogel mit schrecklichen gelben Augen wollten mich hindern, die Schuhe zu nehmen, aber ein Totoschka la?t sich nicht ins Bockshorn jagen, wenn er seiner Elli einen Dienst erweisen will!»

«Du, mein tapferer Liebling!» rief Elli aus und druckte das Hundchen zartlich an sich. «Mit diesen Schuhen werde ich bestimmt niemals mude!»

«Schon, da? du die Schuhe der bosen Hexe bekommen hast», fiel ihr der Alteste der Kauer ins Wort. «Sie besitzen wahrscheinlich Zauberkraft, denn Gingema pflegte sie nur bei au?erst wichtigen Anlassen anzuziehen. Wir wissen nicht,

was das fur eine Kraft ist… Sag, willst du wirklich von uns gehen, liebe Fee?» fragte der Alteste seufzend. «Dann wollen wir dir schnell Mundvorrat fur die Reise bringen.»

Die Kauer gingen. Elli fand ein Stuck Brot in ihrem Hauschen und a? es am Ufer eines Baches. Dann trank sie vom klaren, kalten Wasser und begann zum weiten Weg zu rusten, wahrend Totoschka unter einem Baum umhersprang und nach einem krachzenden bunten Papagei schnappte, der auf einem Zweig sa? und das Hundchen neckte.

Elli trat aus dem Hauschen, schlo? sorgfaltig die Tur und schrieb mit Kreide darauf: «Ich bin nicht zu Hause.»

Da kehrten auch schon die Kauer zuruck. Sie hatten so viel Essen mitgebracht, da? es Elli fur Jahre gereicht hatte: ganze Hammel, Ganse und Enten, einen Korb mit Obst…

Elli lachte:

«Was soll ich mit soviel Essen anfangen, liebe Freunde?»

Sie legte ein wenig Brot und Obst in den Korb, nahm von den Kauern Abschied und machte sich mit dem

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