struppige Krahe in meiner Nahe herum, die vom Weizen bei weitem nicht so viel fra?, wie sie auf der Erde verstreute. Dann setzte sie sich frech auf meine Schulter, pickte mich in die Wange und hohnte: Kaggi-kar!, und das nennt sich ein Scheuch! Welcher Kauz von einem Farmer hat sich einbilden konnen, da? wir Krahen uns vor ihm furchten wurden…' Du wirst verstehen, Elli, da? ich wutend war und unbedingt etwas erwidern mu?te. Ich strengte mich furchtbar an, und dann gelang es mir plotzlich. Wie ich mich da freute! Allerdings haperte es zunachst. 'Pff, fff… ff -ort mit dir, du Scheusal!' schrie ich, 'un… un… untersteh dich nur, mich zu zwicken, ich kann fff… ff u… ffurchtbar sein!' Es gelang mir, die Krahe am Flugel zu packen und sie von meiner Schulter zu werfen. Die aber machte sich nichts daraus und begann unverschamt die Ahren zu picken. 'Du glaubst wohl, ich staune?' rief die Krahe. 'Als ob ich nicht wu?te, da? in Goodwins Land selbst die Scheuchen sprechen, wenn sie sich nur tuchtig anstrengen! Aber ich hab trotzdem keine Angst vor dir, denn von deinem Pfahl kommst du doch nicht los!' — 'Ffff… ffo… ffort!' schrie ich in meinem Elend, und hatte am liebsten geheult vor Wut. In der Tat, wozu tauge ich auch, wenn ich nicht einmal mit einer Krahe fertig werde.

Trotz ihrer Frechheit war die Krahe anscheinend ein guter Vogel», fuhr der Strohmann fort. «Sie hatte Mitleid mit mir. 'Sei nicht so traurig!' krachzte sie. 'Hattest du ein Gehirn im Kopf, so warst du so wie alle anderen! Das Gehirn ist das einzig Wertvolle bei den Krahen… und bei den Menschen!' So erfuhr ich, da? der Mensch ein Gehirn hat, und ich keines. Ubermutig schrie ich: Ohoho-ho-ho!! Es lebe das Gehirn! Ich werde mir unbedingt eins verschaffen!' Der launische Vogel vergallte mir aber die Freude. 'Karrkarr!' kicherte er, 'wo kein Gehirn da ist, wird's auch keins geben, karr-karr!' und flog davon. Und dann kamst du mit Totoschka. Sag, Elli, kannst du mir ein Gehirn geben?»

«Nein, das kann ich nicht. Das kann wahrscheinlich nur Goodwin in der Smaragdenstadt. Ich gehe zu ihm, um ihn zu bitten, da? er mich nach Kansas heimfuhrt zu Vater und Mutter.»

«Wo befindet sich diese Smaragdenstadt, und wer ist Goodwin?»

«Wei?t du es nicht?»

«Nein, ich wei? uberhaupt nichts», antwortete der Scheuch traurig. «Du siehst ja, ich bin mit Stroh ausgestopft und hab kein Gehirn.»

«Du tust mir schrecklich leid!» seufzte das Madchen.

«Hab Dank fur dein Mitgefuhl. Bist du auch sicher, da? Goodwin mir ein Gehirn gibt, wenn ich dich in die Smaragdenstadt begleite.»

Das wei? ich nicht. Aber wenn der Gro?e Goodwin dir auch keines gibt, so wird es dir doch nicht schlechter gehen als jetzt.»

«Das stimmt», gab der Scheuch zu. «Wei?t du», fuhr er zutraulich fort, «mir kann nichts geschehen, weil ich mit Stroh ausgestopft bin. Du kannst mich mit einer Nadel durchstechen, und es wird mir nicht weh tun. Ich mochte aber nicht, da? die Menschen mich einen Strohkopf nennen, und ohne Gehirn kann man doch nichts erlernen!»

«Du Armer», sagte Elli. «Komm mit uns. Ich werde Goodwin bitten, da? er dir hilft.»

«Schonen Dank!» erwiderte der Scheuch und machte wieder einen Knicks.

Der Strohmann war, obwohl nur einen Tag alt, sehr hoflich.

Das Madchen half ihm, die ersten Schritte zu tun, und dann gingen sie zusammen den gelben Backsteinweg entlang, der in die Smaragdenstadt fuhrte.

Totoschka mi?fiel der neue Weggefahrte. Er lief um ihn herum und beschnupperte ihn, in der Annahme, unterm Rock sei ein Mausenest verborgen. Er bellte und tat so, als wollte er den Strohmann bei?en.

«Hab keine Angst, Totoschka wird dich nicht bei?en», sagte Elli zu Scheuch.

«Hab ich ja gar nicht! Kann man vielleicht Stroh bei?en? Gib mir deinen Korb, es macht mir nichts aus, ihn zu tragen, denn ich werde niemals mude. Und dann — im Vertrauen gesagt — gibt es nur ein Ding auf der Welt, vor dem ich mich furchte», flusterte er heiser dem Madchen ins Ohr.

«Oh!» rief Elli, «wovor denn? Vor einer Maus?»

«Nein, vor einem brennenden Streichholz!»

* * *

Nach ein paar Stunden wurde der Weg holprig. Der Scheuch stolperte uber Locher, uber die Totoschka hinwegsprang, wahrend Elli sie umging. Da der Strohmann immer geradeaus ging, fiel er einmal ubers andere der Lange nach hin, was ihm aber nicht weh tat. Elli half ihm jedesmal aufzustehen, und er schritt, uber seine Ungeschicklichkeit lachend, unbekummert weiter.

Dann las Elli am Wegrand einen dicken Ast auf und reichte ihn dem Strohmann, der ihn als Wanderstab benutzte und sich nunmehr beim Gehen viel sicherer fuhlte.

Dann wurden die Hauschen immer seltener, und Obstbaume waren uberhaupt keine mehr zu sehen. Das Land war hier dunn besiedelt und unfreundlich.

Die Wanderer machten an einem Bach halt. Elli nahm Brot aus ihrem Korb und bot ein Stuckchen dem Scheuch an, der es jedoch hoflich ablehnte.

«Ich hab niemals Hunger, und das ist fur mich sehr vorteilhaft.»

Elli notigte ihn nicht und gab das Brot Totoschka, der es gierig verschlang und dann Mannchen machte, damit man ihm mehr gebe.

«Erzahl mir von dir, Elli, und von deinem Land», bat der Scheuch.

Elli sprach lange uber die weite Steppe von Kansas, wo im Sommer alles grau und staubig ist, ganz anders als in Goodwins Wunderland.

Der Scheuch horte aufmerksam zu.

«Ich verstehe nicht, warum du dich nach deinem trockenen und staubigen Kansas sehnst?»

«Das kannst du nicht, weil du kein Gehirn hast», entgegnete das Madchen. «Zu Hause ist es immer besser!»

Der Scheuch lachelte pfiffig.

«Das Stroh, mit dem ich ausgestopft bin, ist auf dem Feld gewachsen, meinen Rock hat ein Schneider genaht und die Stiefel ein Schuster. Wo ist nun mein Zuhause? Auf dem Feld, beim Schneider oder beim Schuster?»

Elli wu?te nichts zu antworten.

Mehrere Minuten sa?en sie schweigend da.

«Vielleicht wirst du mir jetzt etwas erzahlen?» fragte das Madchen.

Der Scheuch blickte sie vorwurfsvoll an.

«Ich bin so jung, da? ich uberhaupt nichts wei?. Man hat mich erst gestern gemacht, und ich hab keine Ahnung, was es vor mir auf der Welt gab. Zum Gluck malte mir mein Herr zuerst die Ohren, und so konnte ich horen, was um mich vorging. Damals war zufallig ein anderer Kauer bei uns zu Gast, und das erste, was ich vernahm, waren seine Worte: 'Die Ohren sind doch zu gro?!' — 'Macht nichts. Sie sind schon so, wie sie sein sollen', entgegnete mein Herr und malte mir das rechte Auge.

Ich betrachtete neugierig die Umgebung, denn — du wirst ja verstehen — es war das erstemal, da? ich die Welt sah.

,Das Auge ist nicht ubel', sagte der Gast, 'du hast mit blauer Farbe nicht gegeizt.'

,Das andere scheint mir ein bi?chen zu gro?', meinte mein Herr, indem er mein zweites Auge zu Ende malte.

Dann machte er mir aus einem Flicken die Nase und malte den Mund. Ich konnte aber noch nicht sprechen, weil ich nicht wu?te, wozu der Mund da ist. Der Herr zog mir seinen alten Rock an und setzte mir einen alten Hut auf, von dem die Kinder die Schellen abgeschnitten hatten. Ich war schrecklich stolz und kam mir wie ein richtiger Mensch vor.

,Dieser Kerl wird mit den Krahen schon fertig werden', meinte der Farmer.

,Wei?t du was? Nenn ihn Scheuch!' sagte der Gast, und mein Herr folgte seinem Rat.

Die Kinder des Farmers riefen frohlich: 'Scheuch! Scheuch! Die Krahen verscheuch!', dann trug man mich aufs Feld, setzte mich auf einen Pfahl und lie? mich allein. Es war langweilig, so zu verharren, doch wu?te ich mir nicht zu helfen. Gestern furchteten sich noch die Vogel vor mir, heute nicht mehr. Dann kam die gute Krahe, die mir vom Gehirn erzahlte… Wenn Goodwin mir doch eines geben wurde!…»

«Ich glaube, er wird dir helfen», trostete ihn Elli.

«Ja, ja! Es ist unangenehm, ein Strohkopf zu sein, uber den sogar die Krahen lachen.»

«La?t uns gehen!» sagte Elli, stand auf und reichte dem Scheuch den Korb.

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