und er trug einen zottigen Mantel aus Tierfellen. Auf dem Kopf hatte er statt eines Helms eine gro?e eherne Kasserolle gestulpt, mit dem Griff nach hinten. Seine Hand umklammerte eine machtige Keule mit scharfen Nageln am dicken Ende.
Er brullte vor Wut, stampfte mit seinen schweren Stiefeln uber die Fliesen und fletschte seine scharfen Zahne, klaz-klaz-klaz.
«Ba-ga-ra, ihr Schelme sollt mir nicht entkommen!»
Der Menschenfresser holte die Fluchtenden schnell ein. Als der Holzfaller dies sah, lehnte er die entsetzte Elli an einen Baum an und machte sich kampfbereit. Der Scheuch blieb zuruck, weil sich seine Fu?e immerfort in den Wurzeln und die Brust in den Zweigen verfingen. Als der Menschenfresser ihn erreichte, warf sich der Scheuch zu Boden, und der Menschenfresser, der das nicht erwartet hatte, stolperte und fiel hin.
«Ba-ga-ra! Was ist denn das fur ein Scheusal?»
Der Menschenfresser war noch ganz benommen, da sprang der Eiserne Holzfaller auf ihn zu und hieb ihn mit seiner scharfen Axt mitten durch die Kasserolle entzwei.
«Quirr… quirr, das hast du gut gemacht», rief das Eichhornchen begeistert, hupfte durch die Baume und verbreitete im ganzen Wald die Kunde vom Tod des Menschenfressers.
«Gro?artig!» lobte der Eiserne Holzfaller den Scheuch. «Du hattest ihn nicht besser uberrumpeln konnen, selbst wenn du ein Gehirn hattest!»
«Du bist ja schwer verletzt!» rief Elli erschrocken.
«Nicht der Rede wert», wehrte der Scheuch gleichmutig ab. «Man wird freilich die Locher zunahen mussen. Das Ungeheuer hat mir den Rock zerrissen, und ich furchte, mein Stroh fallt durch.»
Elli nahm Nadel und Zwirn und begann zu flicken. Wahrend sie so dasa? und nahte, drang ein leises Winseln an ihr Ohr. Der Eiserne Holzfaller sturzte ins Dickicht, und im nachsten Augenblick kam er mit Totoschka auf den Armen zuruck. Das tapfere Hundchen war aus seiner Ohnmacht erwacht und der Spur des Menschenfressers nachgekrochen.
Elli dankte ihren Freunden von Herzen fur ihre Opferbereitschaft und Tapferkeit. Sie nahm den entkrafteten Totoschka auf die Arme, und die kleine Schar zog weiter. Bald erreichten sie den gelben Backsteinweg, der zur Smaragdenstadt fuhrte.
In jener Nacht schlief Elli in einer Baumhohle auf einem weichen Lager aus Moos und Laub. Sie traumte, da? sie gefesselt daliege und der Menschenfresser die Hand mit dem ungeheuren Messer uber sie erhebe. Elli schrie auf und erwachte.
Am Morgen zog die kleine Schar weiter. Es war unheimlich im Walde. Im Dickicht horte man die Tiere brullen. Elli zitterte vor Angst, und Totoschka schmiegte sich mit eingezogenem Schwanz an die Beine des Eisernen Holzfallers, vor dem es nach dem Sieg uber den Menschenfresser gro?e Achtung empfand.
Unterwegs sprachen die Wanderer leise uber die Ereignisse des Vortages und freuten sich uber Ellis Rettung. Der Holzfaller lobte in einem fort die Findigkeit des Scheuchs.
«Wie flink du dich dem Menschenfresser vor die Fu?e geworfen hast, Freundchen
Scheuch!» sagte er. «Ist dir vielleicht ein Gehirn im Kopf gewachsen?»
«Nein, da ist noch immer das alte Stroh», erwiderte der Scheuch, seinen Kopf betastend.
Plotzlich scho? mit furchtbarem Gebrull ein riesiger Lowe aus dem Geholz. Er versetzte dem Scheuch einen Hieb, da? dieser sich uberschlug und am Rande des Weges hinplumpste wie ein weiches Kissen. Ein zweiter Hieb traf den Eisernen Holzfaller. Aber die Krallen schlugen auf das Eisen, und der Holzfaller sank nur um und blieb sitzen. Der
Trichter flog ihm vom Kopf.
Der kleine Totoschka warf sich tapfer dem Feind entgegen.
Das Ungeheuer sperrte seinen Rachen auf, um das Hundchen zu verschlingen, doch da sturzte Elli vor und deckte Totoschka mit ihrem Korper.
«Halt! Wag es nicht, Totoschka anzuruhren», schrie sie zornig.
Der Lowe blieb wie angewurzelt stehen.
«Verzeiht mir», sagte er, «ich hab ihn doch nicht gefressen!»
«Aber versucht hast du es! Schamst du dich nicht, Schwache zu uberfallen? Du Feigling!»
«Wo… woher wi?t Ihr, da? ich feige bin?» stotterte verdutzt der Lowe. «Ha-at es Euch jemand gesagt?»
«Das sieht man doch an deinem Benehmen!»
«Merkwurdig», sagte der Lowe verlegen. «Wie sehr ich mich auch bemuhe, meine Feigheit zu verbergen, sie tritt dennoch zum Vorschein. Ich war schon immer feige, und ich wei? nicht, was ich dagegen tun soll.»
«Solche Unverschamtheit, einen armen, mit Stroh ausgestopften Scheuch zu uberfallen!»
«Ist er wirklich mit Stroh ausgestopft?» fragte der Lowe, den Scheuch verwundert betrachtend.
«Naturlich», erwiderte Elli, noch immer zornig.
«Jetzt versteh ich, warum er so leicht und weich ist», sagte der Lowe. «Und der andere, ist der auch ausgestopft?»
«Nein, er ist aus Eisen.»
«Ach so, darum hab ich mir fast die Krallen an ihm zerbrochen. Und was ist das fur ein kleines Tier, das du so lieb hast?»
«Das ist mein Hundchen Totoschka.»
«Ist es aus Eisen oder mit Stroh ausgestopft?»
«O nein! Das ist ein wirkliches Hundchen.»
«Schau mal an, so klein und so tapfer!» wunderte sich der Lowe.
«Bei uns in Kansas sind alle Hunde tapfer!» bemerkte Totoschka stolz.
«Ein drolliges Tierchen», sagte der Lowe. «Nur ein Feigling wie ich konnte uber einen solchen Knirps herfallen…»
«Weshalb bist du denn feige?» fragte Elli, den riesigen Lowen musternd.
«Ich bin's von Geburt. Freilich halten mich alle fur tapfer — der Lowe ist doch der Konig der Tiere! Wenn ich brulle — und ich brulle sehr laut, ihr habt's ja gehort -, so nehmen die Tiere und Menschen Rei?aus. Vor einem Elefanten oder einem Tiger wurde ich mich aber furchten, mein Ehrenwort! Ein Gluck, da? niemand wei?, wie feige ich bin», sagte der Lowe und trocknete sich die Tranen mit dem Buschel seines Schwanzendes. «Ich schame mich sehr und wei? nicht, was ich anfangen soll.»
«Vielleicht hast du ein krankes Herz?» fragte der Holzfaller.
«Moglich», raumte der Feige Lowe ein.
«Du Glucklicher! Und bei mir kann das Herz nicht krank sein, weil ich keines hab.»
«Hatte ich kein Herz», meinte der Lowe nachdenklich, «so war ich vielleicht auch kein Feigling.»
«Sag, raufst du dich gern mit anderen Lowen?» wollte Totoschka wissen.
«Wo denkst du hin… Ich fliehe sie wie die Pest», gestand der Lowe.
«Pfui!» das Hundchen rumpfte die Nase. «Wozu taugst du denn?»
«Hast du ein Gehirn?» fragte der Scheuch den Lowen.
«Wahrscheinlich ja. Aber ich hab es noch niemals gesehen.»
«Mein Kopf ist mit Stroh ausgestopft, und ich gehe zum Gro?en Goodwin, um mir ein bi?chen Gehirn bei ihm auszubitten», sagte der Scheuch.
«Und ich, um ein Herz von ihm zu bekommen», sagte der Eiserne Holzfaller.
«Ich will ihn bitten, mir und Totoschka zu helfen, nach Kansas heimzukehren…»
«…wo ich mit Nachbars Hektor, dem Prahlhans, ein Huhnchen zu rupfen hab», fugte das Hundchen hinzu.
«Ist Goodwin denn so machtig?» wunderte sich der Lowe.
«Das alles ist fur ihn eine Kleinigkeit», erwiderte Elli.
«Vielleicht konnte er mir Mut geben?»