«Das kann er ebenso leicht, wie mir ein Gehirn geben», versicherte der Scheuch.

«Oder mir ein Herz», fugte der Eiserne Holzfaller hinzu.

«Oder mich nach Kansas bringen», schlo? Elli.

«Dann nehmt mich in eure Gesellschaft», bat der Feige Lowe. «Oh, wenn ich ein bi?chen Mut bekame… Es ist mein sehnlichster Wunsch!»

«Das freut mich ungeheuer!» rief Elli. «Das ware nun der dritte Wunsch, und wenn alle drei in Erfullung gehen, so fuhrt mich Goodwin in meine Heimat. Komm mit uns…»

«Und sei uns ein guter Gefahrte», sagte der Holzfaller.

«Du wirst Elli vor den arideren Tieren schutzen. Sie sind wohl noch feiger als du, wenn sie schon bei deinem blo?en Gebrull davonlaufen.»

«Sie sind feige!» brummte der Lowe, «doch werde ich darum nicht mutiger.»

Die Schar machte sich auf den Weg, und der Lowe schritt majestatisch an Ellis Seite. Zunachst gefiel auch er dem Hundchen nicht. Es dachte daran, wie er es hatte fressen wollen. Bald aber gewohnte es sich an ihn, sie wurden Freunde.

Die Sabelzahntiger

An jenem Abend machten sie nach langem Marsch vor einem machtigen Baum halt, um zu ubernachten. Der Eiserne Holzfaller hackte Holz und machte ein gro?es Feuer an, an dem sich Elli sehr wohl fuhlte. Sie rief ihre Freunde, an ihrem Vergnugen teilzuhaben. Der Scheuch lehnte entschieden ab. Er hielt sich in respektvoller Entfernung und pa?te auf, da? kein Funke auf seinen Rock fiel.

«Mein Stroh und das Feuer — das sind Dinge, die keine Nachbarn sein mogen», erklarte er.

Auch der Feige Lowe hielt sich dem Feuer fern.

«Wir wilden Tiere haben furs Feuer wenig ubrig», meinte er. «In deiner Gesellschaft, Elli, werde ich mich vielleicht daran gewohnen, vorlaufig aber habe ich zu sehr Angst davor…»

Nur Totoschka furchtete nicht das Feuer. Er lag auf Ellis Scho?, blinzelte mit seinen kleinen glanzenden Augen und geno? die Warme. Elli teilte mit ihm das letzte Stuck Brot.

«Was werde ich morgen essen?» fragte sie, die Krumel sorgfaltig auflesend.

;,Wenn du willst, so fang ich dir einen Hirsch im Wald», erbot sich der Lowe. «Freilich habt ihr Menschen einen schlechten Geschmack, denn ihr zieht gebratenes Fleisch dem rohen vor. Aber du kannst es ja auf den Kohlen rosten.»

«Oh, nur nicht toten!» flehte der Eiserne Holzfaller. «Ich wurde um den armen Hirsch so schrecklich weinen, da? kein Ol in der Welt ausreichen wurde, mein Gesicht vor Rost zu schutzen.»

«Wie ihr wollt», brummte der Lowe und ging in den Wald. Er kam spat zuruck, kauerte sich mit sattem Schnurren abseits vom Feuer hin und richtete seine gelben Augen mit den schmalen Pupillen auf die Flamme.

Wozu der Lowe ins Dickicht gegangen war, wu?te keiner. Er schwieg, und die anderen fragten ihn nicht danach.

Auch der Scheuch ging in den Wald. Er entdeckte einen Baum, an dem Nusse hingen, die er mit seinen weichen ungeschickten Fingern pfluckte. Sie glitten ihm aber aus der Hand, und er mu?te sie im Gras zusammenklauben. Es war finster im Wald wie in einem Keller, doch der Scheuch sah bei Nacht ebensogut wie bei Tag, und die Dunkelheit storte ihn nicht im geringsten. Kaum hatte er aber eine Handvoll Nusse gesammelt, da fielen sie ihm wieder ins Gras, und er mu?te von vorn beginnen. Er tat es dennoch mit Vergnugen, denn er hatte Angst, sich dem Feuer zu nahern. Erst als dieses am Erloschen war, trat er, den Korb voller Nusse, auf Elli zu, die ihm herzlich dankte.

Am Morgen a? sie die Nusse. Sie bot auch Totoschka welche an, doch dieser wandte sich verachtlich ab. Er war sehr fruh aufgestanden und hatte eine fette Maus im Wald erbeutet (glucklicherweise sah es der Holzfaller nicht).

Die Wanderer zogen weiter. Der Tag sollte ihnen viele Abenteuer bringen. Es verging kaum eine Stunde, als sie an eine Schlucht kamen, die sich nach links und nach rechts hinzog, soweit das Auge reichte.

Es war eine breite und tiefe Schlucht. Elli kroch auf ihren Rand zu, und als sie hinunterschaute, schwindelte ihr, und unwillkurlich wich sie zuruck. Tief unten ragten spitze Felsen, zwischen denen ein Bach rauschte, der nicht zu sehen war.

Die Wande waren sehr steil. Traurig standen die Gefahrten da. Sie dachten, da? dieses Hindernis unuberwindlich sei und sie jetzt umkehren mu?ten. Der Scheuch schuttelte den Kopf, der Eiserne Holzfaller griff sich an die Brust, und der Feige Lowe lie? betrubt die Schnauze hangen.

«Was fangen wir nun an?» fragte Elli verzweifelt.

«Wenn ich's wu?te!» erwiderte betrubt der Eiserne Holzfaller, und der Lowe kratzte sich mit seiner Tatze verlegen die Nase.

« Oh, welch ungeheurer Graben!» rief der Scheuch. «Uber den konnen wir nicht springen. Da werden wir nun sitzenbleiben!»

«Ich wurde ihn schon uberspringen», meinte der Lowe, die Entfernung abschatzend.

«Mit uns naturlich?» fragte der Scheuch.

«Wir konnen's versuchen», erwiderte der Lowe. «Wer wagt's als erster?»

«Wahrscheinlich ich», sagte der Scheuch. «Wenn Elli absturzt, bricht sie sich das Genick, und auch dem Eisernen Holzfaller konnte es schlimm ergehen. Mir aber geschieht bestimmt nichts, darauf konnt ihr euch verlassen!»

«Ich wei? selber nicht, ob ich mich furchte oder nicht!» unterbrach der Lowe unwirsch das Geschwatz des Scheuchs. «Da uns aber nichts anderes ubrigbleibt, werd ich eben springen. Komm!»

Der Scheuch stieg auf den Rucken des Lowen, der hart am Rand der Schlucht zum Sprung ansetzte.

«Warum nimmst du keinen Anlauf?» fragte Elli.

«Das ist bei uns Lowen nicht der Brauch. Wir springen aus dem Stand.»

Mit einem machtigen Satz flog er uber den Abgrund und landete wohlbehalten auf der anderen Seite. Alle freuten sich. Der Lowe setzte den Scheuch ab und sprang sofort zuruck.

Die nachste war Elli. Mit einer Hand umklammerte sie Totoschka, mit der anderen hielt sie sich an der struppigen Mahne des Lowen fest. Als sie sich emporgehoben fuhlte, da schien ihr, als sause sie wieder mit dem Totenden Hauschen durch die Lufte. Doch ehe sie erschrak, stand sie bereits wieder auf den Fu?en.

Als letzter folgte der Eiserne Holzfaller, der wahrend des Sprungs seinen Trichterhut fast verloren hatte.

Nachdem der Lowe etwas verschnauft hatte, zogen die Wanderer weiter auf dem gelben Backsteinweg. Elli nahm mit Recht an, da? die Schlucht von einem Erdbeben herruhre, welches sich nach dem Bau der Stra?e in die Smaragdenstadt ereignet habe. Elli hatte schon fruher gehort, da? sich nach Erdbeben Risse in der Erde bilden. Freilich hatte Vater John ihr von solch ungeheuren Schluchten niemals erzahlt. Goodwins Land aber war etwas ganz Besonderes, und dort konnte eben nicht alles so sein wie in der ubrigen Welt.

Jenseits der Schlucht wurde der Wald zu beiden Seiten des Weges noch dichter. Es dunkelte. Aus dem Dickicht drang dumpfes Schnauben und anhaltendes Gebrull. Es grauste den Wanderern. Totoschka klammerte sich geradezu an die Pranken des Lowen, den er jetzt fur starker hielt als den Eisernen Holzfaller. Der Feige Lowe teilte seinen Gefahrten mit, da? Sabelzahntiger in diesem Walde hausten.

«Was sind das fur Tiere?» fragte der Holzfaller.

«Schreckliche Ungeheuer», flusterte der

Lowe angstlich. «Sie sind viel gro?er als die gewohnlichen Tiger in anderen Teilen des Landes. Aus ihrem Rachen ragen Hauer, die wie Sabel aussehen. So ein Tiger konnte mich glatt durchsto?en, als war ich eine Katze. Ich hab furchtbare Angst vor den Sabelzahntigern.»

Alle schwiegen beklommen und gaben sich Muhe, so leise wie moglich aufzutreten.

Elli flusterte:

«Ich hab in einem Buch gelesen, da? es bei uns in Kansas einst Sabelzahntiger gab, die dann aber ausgestorben sind. Hier scheinen sie noch immer zu leben.»

«Ja, leider», sagte der Feige Lowe. «Ich sah einmal von weitem einen und erschrak so sehr, da? ich krank

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