auch immer, dann haben wir es nur mit etwa hundert Menschen zu tun. Hier in Fogerty sind es weit uber tausend. Au?erdem wurde es den Verdacht von Captain Stout, der die hiesige Garnison kommandiert, erregen, wenn ich plotzlich verkunde, da? niemand von den Goldsuchern an Bord darf.«

»Ich stimme dem Kapten zu«, sagte Arnold Schelp. »Wir sollten uns moglichst unauffallig verhalten, bis wir auf See sind.«

»Das ist richtig«, sagte die Frau in einem Tonfall, der wie eine Entscheidung klang.

Der Offizier in Zivil und der Mexikaner ordneten sich ihr unter, was Schelp und Hansen mit einigem Erstaunen zur Kenntnis nahmen.

Wer war die Frau in Schwarz, da? ihr Wort solches Gewicht besa??

Weder der Kapitan noch der zwielichtige Geschaftsmann glaubten, da? >Smith< ihr richtiger Name war.

»Da? wir nicht San Francisco anlaufen, habe ich mir schon gedacht«, sagte Schelp und beugte sich vor. »Aber welchen Hafen laufen wir an?«

»Gar keinen Hafen«, antwortete Abel McCord und zog ein gro?es, dickes Papier aus der Innentasche seines Rocks, um es auf dem gemaserten Holztisch zu entfalten.

Es war eine Landkarte, die den Westen und Sudwesten Nordamerikas sowie Mexiko zeigte. Die Karte war zerknittert, mehrfach eingerissen und mit Flecken ubersat, also haufig benutzt worden.

Zielsicher stie? der Captain einen Finger auf eine bestimmte Stelle der Karte und verkundete den beiden Deutschen:

»Gentlemen, hier liegt das Ziel unserer Reise!«

Neugierig blickten Hansen und Schelp auf die Landkarte.

»Im Golf von Kalifornien?« fragte Schelp schlie?lich mit gekrauselter Stirn. »Ich hatte gedacht, mit der Regierung der Konfoderierten Staaten von Amerika ein Geschaft zu machen, nicht mit der von Mexiko.« Nach einem Seitenblick auf den Mexikaner fugte er hinzu: »Mit welcher mexikanischen Regierung auch immer.«

Don Emiliano Maria Hidalgo de Tardonza straffte seinen drahtigen Korper und erklarte:

»Senores, seien Sie versichert, da? es bald nur noch eine mexikanische Regierung gibt. Und die wird eng mit den Konfoderierten Staaten zusammenarbeiten. Sind Sie uber die politische Lage in Mexiko unterrichtet?«

»Ich denke schon«, nickte Schelp.

Als Geschaftsmann mu?te er wissen, was in der Welt vor sich ging. Politik und Wirtschaft waren zwei Beine ein und desselben Korpers.

Allerdings waren die Verhaltnisse in Mexiko derzeit einigerma?en verworren: Im Jahre 1858 trat Benito Juarez, ein Mann mit Indioblut in den Adern, die Prasidentschaft an und entmachtete weitgehend das alte Feudalsystem der adligen Gro?grundbesitzer. Er lie? sich vom Kongre? diktatorische Vollmachten ubertragen und setzte die Ruckzahlung aller Auslandsschulden aus.

Daraufhin sandten Frankreich, England und Spanien ein gemeinsames Expeditionskorps nach Mexiko, um Juarez zur Ordnung zu rufen. Schnell wurde jedoch klar, da? der au?enpolitischen Abenteuern stets aufgeschlossen gegenuberstehende franzosische Kaiser Napoleon III. seine eigene Ziele verfolgte und eine neue Monarchie auf den Trummern der zusammensturzenden mexikanischen Republik errichten wollte. England und Spanien zogen deshalb ihre Truppen aus Mexiko zuruck.

Napoleon aber verfolgte sein Ziel weiter, und seine Truppen ruckten im Juni 1863 in Mexico City ein. Benito Juarez und seine Armee wurden immer weiter in den Nordwesten Mexikos abgedrangt.

Inzwischen war so gut wie sicher, da? Napoleon den Habsburger Fursten Ferdinand Maximilian, jungerer Bruder des osterreichischen Kaisers Franz Joseph, mit Hilfe des mexikanischen Adels und der jesuitisch beherrschten Geistlichkeit zum Kaiser von Mexiko machen wollte. Schon im vergangenen Jahr war Maximilian nach der Einnahme von Mexico City dort zum Kaiser ausgerufen worden. Jetzt mu?te der neue Kaiser nur noch in sein Reich kommen, um das hohe Amt anzutreten - falls die Juaristen es zulie?en.

»Was ich Ihnen jetzt mitteile, ist streng vertraulich«, fuhr Don Emiliano fort. »Darf ich mich auf Ihr Stillschweigen verlassen?«

Die beiden Deutschen nickten.

»Maximilian wird bald in Mexiko eintreffen«, erklarte der Mann im blauen Rock. »Mit Unterstutzung der franzosischen Truppen und der mexikanischen Armee wird er Juarez schlagen und das Land zu neuer Blute fuhren.«

»Das ist sicher sehr schon fur Sie«, erwiderte Schelp ein wenig gelangweilt. »Aber was hat das mit uns zu tun?«

»Prasident Lincoln unterstutzt Juarez«, sagte Don Emiliano. »Lincoln befurchtet, wenn Mexiko erst einmal unter seinem neuen Kaiser erstarkt ist, wird es Texas zuruckfordern.«

»Dabei wollen wir es gar nicht hergeben«, meinte Abel McCord. »Weder an die Yankees noch an die Mexikaner.«

»Selbstverstandlich soll Texas weiterhin zu den Konfoderierten Staaten von Amerika gehoren«, versetzte Don Emiliano rasch. »Aber wir befurchten, Lincolns Regierung wird sich nicht mit unserer Absichtserklarung zufriedengeben. Unsere Informanten melden Vorbereitungen der Union fur eine Eroberung von Texas.«

»Ich verstehe«, lachelte Schelp.

»Wenn Lincolns Truppen an der Grenze zu Mexiko stehen, konnte das zu einer Starkung von Benito Juarez fuhren. Die Monroe-Doktrin, nicht wahr, Don Emiliano?«

Der Mexikaner nickte sauerlich.

»Si, Senor Schelp. Die Monroe-Doktrin, auf die sich die Union beruft, lehnt jedweden au?eren Einflu? auf den gesamten amerikanischen Kontinent ab. Sie konnte ein Vorwand fur Lincoln sein, seine Truppen zur Unterstutzung von Juarez uber den Rio Grande del Norte zu schicken.«

»Um das zu verhindern, unterstutzen Sie wiederum die Konfoderierten«, entwirrte Schelp das politische Geflecht.

»Si«, sagte der Mexikaner wieder, sichtlich erfreut daruber, da? der Deutsche die Sache verstand.

»Und wie geschieht das?« fragte Schelp.

Nicht der Mexikaner antwortete, sondern die Frau in Schwarz:

»Wir benotigen Ihre Lieferung zur Verteidigung von Texas. Allerdings wird es immer schwieriger, Hilfsguter ins Land zu bringen. Der Norden hat in jungster Zeit leider eine Menge strategisch bedeutsamer Siege errungen. Texas verfugt uber keinen offenen Hafen mehr. Ein Teil der Kuste wird von den Yankees besetzt gehalten. Der Rest wird von ihrer Marine blockiert. Deshalb gehen wir uber Land.«

Das schwarze Leder ihres behandschuhten Fingers wanderte auf der Landkarte in Ost-West-Richtung durch den Norden Mexikos, uber den Rio Grande nach Texas hinein.

»Diesen Weg«, erklarte sie. »Die ALBANY wird eine bestimmte Bucht sudlich von Guaymas anlaufen. Dort warten ausreichend Wagen und eine bewaffnete Eskorte auf die Lieferung, die Captain McCord und ich nach Texas begleiten werden.«

»Kein ungefahrlicher Weg«, befand Schelp und gesellte seinen Zeigefinger zu dem der Frau. »Ich denke, Juarez sitzt hier im Norden Mexikos!« »Lassen Sie das unsere Sorge sein, Senor Schelp«, warf sich Don Emiliano in die Brust. »Die kaisertreuen Truppen werden diesen gro?enwahnsinnigen Indio schon im Zaum halten. Vielleicht gibt es gar keinen Juarez mehr, wenn die ALBANY die Kuste von Sonora erreicht.«

Schelp zuckte mit den Schultern.

»Wie auch immer, mein Problem ist es nicht. Ich werde bei Lieferung bezahlt, nicht wahr?«

Nur kurz blickte er Captain McCord an. Dann verweilte sein Blick auf dem verschleierten Gesicht der Frau. Er spurte, da? sie dem Offizier befahl, wenn Schelp auch die Zusammenhange nicht verstand.

»Naturlich, Mr. Schelp«, versicherte sie. »So wie besprochen.«

»Es war auch besprochen, da? ich bei der Kontaktaufnahme mit dem Verbindungsmann eine Anzahlung in Hohe von zwanzig Prozent erhalten soll.«

»Es war uns leider nicht moglich, die Summe mitzubringen«, erklarte die Frau, ohne da? ihr ausgesprochenes Bedauern in ihrem Tonfall widerhallte. »Wir hatten mit einigen Schwierigkeiten zu kampfen, was Sie an unserer verspateten Ankunft erkennen konnen. Eine so bedeutsame Summe mitten durchs Yankee-Gebiet zu transportieren, ware nicht ratsam gewesen.«

»Aber unsere Abmachung!«

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