der Zombies, die jetzt abwartend und beobachtend draußen standen, aus dem Haus geschleppt worden. Vermutlich war die tote Frau im Korridor die Großmutter des Jungen gewesen.
Bei diesem Gedanken wuchs in Ben wieder die Furcht davor, was hier vor sich ging. Nur wenn er hart arbeitete, war er in der Lage, diese Gedanken zu unterdrücken. Das war ihm gelungen, als er all die Verteidigungsmaßnahmen ausgeführt und sich auf sein Überleben konzentriert hatte. Seine eigenen Kinder fielen ihm ein - zwei Jungen, der eine neun, der andere dreizehn Jahre alt. Seine Frau lebte nicht mehr. Vor einigen Jahren war sie gestorben und hatte ihn allein mit der Aufgabe zurückgelassen, die Kinder großzuziehen. Das war nicht einfach. Er liebte die beiden, aber seine Arbeit brachte es mit sich, daß er oft nicht in der Stadt war, und einen Großteil der Zeit mußte er sie der Obhut ihrer Großmutter überlassen, während er umherreiste und versuchte, genug Geld zu verdienen, um sie alle zu ernähren. Er war auf dem Heimweg gewesen, aber durch den Ausfall aller Kommunikationssysteme während des gegenwärtigen Chaos hatte sein Zug nicht weiterfahren können, und er hatte beschlossen zu trampen, weil er um jeden Preis nach Hause wollte. Niemand hatte angehalten, um ihn mitzunehmen. Und so wanderte er gerade durch die Außenbezirke der Stadt, als er den ersten Anzeichen der Zerstörung und des Mordens begegnete. Zuerst war er verwirrt. Er bekam es mit der Angst zu tun. Dann hörte er in einem Restaurant die Nachrichten und wußte, daß er auf der Stelle zu seiner Familie mußte. Einen Bus oder ein Taxi bekam er nicht. Er versuchte sogar, einen Wagen zu mieten oder einfach jemanden zu bezahlen, damit er ihn dorthin fuhr, wohin er wollte. Schließlich versuchte er wieder zu trampen, und diesmal hielt ein Bauer an und nahm ihn ein gutes Stück weit mit, aber dann setzte er ihn mitten auf dem Land ab, mitten im Nirgendwo, so hatte es zumindest den Anschein. Ben hatte sich den Transporter einfach genommen, als er ihn auf dem Rasen vor einem Haus fand. Der Besitzer war tot - der Mann war aus dem Wagen gerissen und am Rand eines Schotterweges umgebracht worden. Ben hatte beim Fahren das Radio eingeschaltet und die Nachrichtenmeldungen verfolgt. Und so wußte er über das, was geschah, genausoviel wie alle anderen auch - und das war sehr wenig. Aber er wußte, daß er überleben und zu seinen Jungen und ihrer Großmutter gelangen wollte, obwohl ihm sein Verstand sagte, daß sie in der jetzigen Situation wahrscheinlich viel besser dran waren als er selbst. Zumindest waren sie in einer Stadt, wo es Menschen, Polizeischutz, Lebensmittel und medizinische Versorgung gab, falls sie benötigt wurde. Und ihre Großmutter war eine resolute Person. Den Jungen ging es wahrscheinlich ganz gut. Ben versuchte, sich das immer und immer wieder selbst zu versichern, während er die blutverschmierten Bettlaken und die Matratze des kleinen Jungen betrachtete, der wahrscheinlich erst vor kurzem getötet worden war. Dies alte Bauernhaus war für das Mädchen und ihn mehr ein Gefängnis als eine Zuflucht. Nicht einmal ihren Namen kannte er, und er konnte ihr, wie es schien, auch nicht helfen, und sie selbst war entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage, sich selbst zu helfen.
Ben verließ das Kinderzimmer und öffnete die letzte Tür, die noch geschlossen war. Das Schlafzimmer der alten Dame. Zuerst schaltete er das Licht nicht ein. Sein Blick fiel auf ein Bett mit weißen Leintüchern, und er konnte gut genug sehen, um die verschiedenen großen Möbelstücke in dem Raum erkennen zu können. Schließlich kippte er den Lichtschalter doch um, und im Lichtschein der Lampe war nichts zu sehen, das ungewöhnlich wäre - es gab nur ein Bett und ein paar Schränke. Eine Decke lag zusammengelegt auf den Laken, aber das Bett sah nicht so aus, als ob jemand darin geschlafen hätte. Wahrscheinlich hatte die alte Frau den Jungen gerade zu Bett gebracht und sich selbst gerade fertiggemacht, als sie angegriffen wurden.
Ben trat in das Zimmer und fing an, Möbelstücke auf den Flur hinauszuschieben. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, alle Dinge, die ihm möglicherweise von Nutzen sein konnten, aus dem Zimmer des Jungen und aus dem Schlafzimmer der alten Dame zu holen. Und dann wollte er die Türen verbarrikadieren.
Er wußte nicht, ob die Zombies klettern konnten oder nicht oder ob sie denken konnten oder nicht oder ob sie irgendeine Möglichkeit hatten, über die Fenster im ersten Stock in das Haus zu gelangen. Aber er war auf keinen Fall bereit, auch nur das kleinste Risiko einzugehen. Außerdem, wenn er arbeitete, dann hatte er das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, und dann machte er sich nicht allzu große Sorgen und versank auch nicht in Selbstmitleid.
Er hörte, wie alle Geräusche, die er bei seiner Arbeit machte, in dem alten Haus widerhallten.
4. KAPITEL
Im Erdgeschoß saß Barbara immer noch geistesabwesend auf dem Sofa.
Die Flammen des Kaminfeuers spiegelten sich auf ihrem Gesicht wider, und das brennende Holz knackte hin und wieder laut, aber all das schien sie nicht wahrzunehmen. Die Gegenstände im Zimmer warfen Schatten an die Wände, und die Atmosphäre war bedrückend, aber wenn Barbara zuvor in dieser Umgebung noch Angst verspürt hatte, so scherte sie sich jetzt nicht mehr darum. Sie hatte vollständig jede Fähigkeit, auf irgend etwas zu reagieren, verloren. Sie war ebenfalls ein Opfer der Zombies, denn die hatten sie in einen Schockzustand versetzt - sie hatte jede Fähigkeit, zu fühlen oder zu denken, verloren.
»... SENDELEISTUNG KANN VORÜBERGEHEND NICHT GEWÄHRLEISTET WERDEN. BLEIBEN SIE AUF DIESER WELLENLÄNGE...«
Das Radiogerät dröhnte plötzlich, und dann war nur noch ein Knacken zu hören. Doch bald darauf gab es ein Wirrwarr von Geräuschen, wie sie in einem Redaktionszimmer üblich sind (so wie die, die Barbaras Bruder Johnny zuvor über ihr Autoradio empfangen hatte), und langsam kamen die Geräusche immer deutlicher herein: Schreibmaschine, Fernschreiber, leise Stimmen, die sich im Hintergrund unterhielten.
Barbara rührte sich nicht. Anscheinend nahm sie den Unterschied nicht wahr, obwohl die sich endlos wiederholende Nachricht der Zivilen Verteidigung verstummt war und ganz offensichtlich irgend etwas passieren würde.
»...ÄH... MEINE DAMEN UND HERREN... WAS?... JA, JA... HA... JA, DAS HABE ICH... WAS?... EINE ANDERE... STELL SIE AUF DIE ZENTRALE... OKAY, CHARLIE, ICH
BIN JETZT AUF SENDUNG... JA. MEINE DAMEN UND HERREN, HÖREN SIE JETZT BITTE AUFMERKSAM ZU. WIR HABEN JETZT DIE NEUESTEN BULLETINS VON DER NOTSTANDSZENTRALE ERHALTEN...«
Die Stimme des Nachrichtensprechers klang müde. Er fing an, seinen Bericht nüchtern und unbeteiligt zu verlesen, im Tonfall eines professionellen Kommentators, der seit achtundvierzig Stunden über ein großes Ereignis berichtet und den die letzten Entwicklungen nicht mehr sonderlich beeindrucken.
»... NEUESTEN MELDUNGEN INFORMIEREN UNS, DASS DIE... BELAGERUNG... DIE ZUERST IM BEREICH DES MITTELWESTENS REGISTRIERT WURDE, SICH TATSÄCHLICH ÜBER DAS GANZE LAND AUSGEBREITET HAT, JA AUF DER GANZEN WELT STATTFINDET. MEDIZINISCHE UND
WISSENSCHAFTLICHE BERATER SIND IM WEISSEN HAUS ZUSAMMENGETRETEN, UND DIE REPORTER AUS WASHINGTON BERICHTEN UNS, DASS DER PRÄSIDENT VORHAT, DIE ERGEBNISSE DIESER KONFERENZ IN EINER ANSPRACHE AN DIE NATION ÜBER DIE NOTSTANDSRADIOSTATION DER ZIVILEN VERTEIDIGUNG BEKANNTZUGEBEN...«
Keine der Neuigkeiten brachte Barbara dazu, irgendwie zu reagieren. Sie rührte sich nicht. Sie stand nicht einmal auf, um Ben zu rufen, für den Fall, daß er etwas hören könnte, das für die Anstrengungen wichtig war, die er unternahm, um sie beide zu schützen.
»... DIE SELTSAMEN... WESEN... DIE IN WEITEN TEILEN DES LANDES AUFGETAUCHT SIND, SCHEINEN EINIGE EINHEITLICHE VERHALTENSMUSTER AUFZUWEISEN. IN DEN STUNDEN NACH DEN ERSTEN BERICHTEN ÜBER GEWALTTÄTIGKEITEN, MORDE UND OFFENSICHTLICH WAHNSINNIGE ANGRIFFE AUF
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