Fernsehturm stand jetzt mitten im Zimmer. Sie suchten nach einer Antennensteckdose, fanden auch schließlich eine und steckten den Apparat ein. Dann schoben sie die beiden Stühle mit dem Gerät so lange durch das Zimmer, bis die Schnur straff gespannt war.

Als Ben sich hinkniete, um den Stecker einzustecken, verlangte Harry plötzlich: »Wecken Sie das Mädchen auf. Falls die etwas in der Glotze sagen, dann ist es besser, wenn sie auch weiß, woran sie ist. Ich möchte für sie nicht verantwortlich sein.«

»Harry, hör endlich auf, dich wie ein Kind zu benehmen«, platzte Helen erbittert heraus.

Ben stand auf. Seine Augen verrieten Verärgerung. »Von Ihnen will ich jetzt keinen Ton mehr hören, Mister. Wenn Sie hier oben bleiben wollen, dann nehmen Sie von mir Anweisungen entgegen - und dazu gehört auch, daß Sie das Mädchen in Ruhe lassen. Sie braucht Ruhe, sie ist im Moment nicht ganz bei sich. Wir lassen sie so lange schlafen, bis es ihr wieder bessergeht. Und niemand wird sie auch nur anrühren, es sei denn, ich ordne das an.«

Ben schaute Harry einen Augenblick lang an, bis er sich sicher war, daß der wenigstens für die nächste Zeit den Mund hielt, dann fuhr seine Hand schnell zum Fernsehapparat hinüber. Als er ihn eingeschaltet hatte, kamen auch die anderen näher, um sich davorzusetzen. Ein paar unendlich lange Sekunden herrschte Stille, während sie warteten, bis das Gerät endlich warm wurde. Alle Augenpaare waren auf den Fernseher gerichtet. Zuerst war allerdings nur ein Zischen zu hören, das allmählich anschwoll. Ben drehte die Lautstärke voll auf. Dann tauchte ein helles Band auf und wurde so breit, daß es schließlich den ganzen Bildschirm einnahm.

»Er ist an! Er ist an!« rief Helen.

Aufgeregt und erwartungsvoll murmelten sie vor sich hin -aber auf dem Bildschirm war nichts zu sehen. Kein Bild, kein Ton. Nur der helle Bildschirm und das Rauschen des Apparates. Ben fummelte hektisch am Knopf für die einzelnen Programme herum.

Harry sprang auf und zappelte herum. »Nehmen Sie doch die Zimmerantenne. Dann kriegen wir bestimmt was rein.«

Ben spielte an den beiden Antennenarmen und drehte an den Reglern für die Helligkeit und den Kontrast herum. Auf einem Kanal erwischte er schließlich ein Geräusch und drehte daraufhin die Lautstärke höher. Das Bild war zuerst kaum erkennbar, aber er fummelte weiter an dem Knopf herum, bis er endlich den Sender eingestellt bekam. Ein Berichterstatter nahm den ganzen Bildschirm ein. Er war offenbar gerade mitten in seiner Durchsage.

Schweigend lehnten sich die Menschen in dem Raum zurück, schauten auf den Bildschirm und lauschten.

»... VERLEIHEN DER THEORIE WENIG GLAUBWÜRDIGKEIT, DASS DIESE ATTACKE DAS

ERGEBNIS EINER MASSENHYSTERIE IST...«

»Massenhysterie!« fauchte Harry. »Was glauben die denn! Daß wir uns das alles einbilden?«

»Halten Sie die Klappe!« bellte Ben. »Ich will hören, was die sagen!«

»... BEHÖRDEN RATEN ZU ÄUSSERSTER VORSICHT, BIS DIE SITUATION UNTER KONTROLLE IST. AUGENZEUGENBERICHTE SIND UNTERSUCHT UND DOKUMENTIERT WORDEN. DIE LEICHEN VON ÜBERWÄLTIGTEN AGGRESSOREN WERDEN ZUR STUNDE VON PATHOLOGEN UNTERSUCHT, ABER DIE ERGEBNISSE DER AUTOPSIEN WERDEN DURCH DEN VERWESUNGSZUSTAND DER LEICHEN ERSCHWERT. ZU DEN SICHERHEITSMASSNAHMEN IN DEN GROSSSTÄDTEN GEHÖREN EINE STRIKTE AUSGANGSSPERRE UND BEWAFFNETE

SICHERHEITSPATROUILLEN. DIE BÜRGER SIND ANGEHALTEN, IN IHREN HÄUSERN ZU BLEIBEN. WER AUCH IMMER SICH DIESER WARNUNG WIDERSETZT, BEGIBT SICH IN ÄUSSERSTE GEFAHR - DIE VON DEN AGGRESSOREN SELBST UND AUCH VON DER BEWAFFNETEN BÜRGERWEHR AUSGEHT, DIE MÖGLICHERWEISE ZUERST SCHIESST UND DANN ERST FRAGEN STELLT. LÄNDLICHE ODER SONSTIGE SIEDLUNGEN, DIE ABSEITS LIEGEN, SIND ZUNEHMEND MEHR DAS ANGRIFFSZIEL DER KONZERTIERTEN ANGRIFFE DER AGGRESSOREN GEWESEN. BESONDERS ISOLIERTE FAMILIEN SIND IN GEFAHR. FLUCHTVERSUCHE SOLLTEN NUR IN SCHWERBEWAFFNETEN GRUPPEN UNTERNOMMEN WERDEN UND AUCH NUR MIT EINEM WAGEN. SCHÄTZEN SIE IHRE SITUATION VORSICHTIG AB, BEVOR SIE SICH FÜR EINE FLUCHTTAKTIK ENTSCHEIDEN. FEUER HAT SICH ALS EINE EFFEKTIVE

WAFFE ERWIESEN. DIESE WESEN SIND SCHNELL ENTFLAMMBAR. FLÜCHTLINGS GRUPPEN SOLLTEN DIE NÄCHSTE STÄDTISCHE SIEDLUNG ANPEILEN. BEMANNTE VERTEIDIGUNGSPOSTEN SIND IN DEN EINZELNEN GEMEINDEN AN ALLEN HAUPTSTRASSEN ERRICHTET WORDEN. DIESE POSTEN SIND DAHINGEHEND AUSGERÜSTET WORDEN, DASS SIE FLÜCHTLINGE VERTEIDIGEN UND IHNEN MEDIZINISCHE VERSORGUNG GEWÄHRLEISTEN KÖNNEN. DIE POLIZEI UND

BÜRGERWEHRPATROUILLEN SIND GERADE DABEI, ABGELEGENE GEBIETE ZU DURCHKÄMMEN, DIE AGGRESSOREN DORT AUFZUSPÜREN UND ZU VERNICHTEN. DIESE GRUPPEN BEMÜHEN SICH DARUM, ISOLIERTE FAMILIEN ZU EVAKUIEREN. DOCH DIE RETTUNGSBEMÜHUNGEN KOMMEN AUFGRUND DER ERHÖHTEN GEFAHR BEI NACHT UND DER VIELZAHL DER EINSATZORTE NUR LANGSAM VORAN. DIE RETTUNG ISOLIERTER MENSCHEN IST EXTREM SCHWIERIG. SIE SOLLTEN SICH NICHT DARAUF VERLASSEN, VON EINEM RETTUNGSTRUPP ABGEHOLT ZU WERDEN, ES SEI DENN, SIE HABEN KEINE FLUCHTMÖGLICHKEIT. WENN SIE NUR WENIGE SIND UND ES MIT VIELEN AGGRESSOREN AUFNEHMEN MÜSSEN, DANN WERDEN SIE HÖCHSTWAHRSCHEINLICH ÜBERWÄLTIGT WERDEN, WENN SIE BLEIBEN, WO SIE SIND. DIE AGGRESSOREN VERHALTEN SICH IRRATIONAL UND SIND ZURÜCKGEBLIEBEN. IHR HAUPTINTERESSE GILT MENSCHLICHEM FLEISCH. SHERIFF CONAN W. MCCLELLAN VOM DEPARTMENT FÜR ZIVILE VERTEIDIGUNG WURDE, NUR WENIGE MINUTEN NACHDEM ER UND SEINE BÜRGERWEHRTRUPPE MEHRERE DER AGGRESSOREN ÜBERWÄLTIGT

HATTEN, IN EINEM INTERVIEW BEFRAGT. GENAU DIESES INTERVIEW BRINGEN WIR IHNEN JETZT...«

Auf dem Fernsehbildschirm wurde das Bild des Kommentators durch Aufnahmen ersetzt, die offensichtlich ein paar Stunden zuvor gemacht worden waren. Man konnte einen dichten Wald sehen, eine unbefestigte Straße, Suchscheinwerfer, deren Strahlen zwischen den Bäumen tanzten, während Männer systematisch das Dunkel durchkämmten und sich Informationen zuriefen. Hin und wieder übertönten Schüsse die Geräusche im Wald. Dann wurden Bilder von Wachen gezeigt, die am Rand einer kleinen Lichtung stationiert waren. Immer noch konnte man aus der Ferne Schüsse hören. Einige der Männer rauchten, andere tranken Kaffee aus Pappbechern oder unterhielten sich in kleinen Gruppen. Das ganze Gebiet wurde vom Schein eines großen Lagerfeuers erhellt. Schließlich gab es eine Nahaufnahme von Sheriff McClellan, der Hauptfigur dieser Aktion, der brüllend Befehle ausgab, die Verteidigungsmaßnahmen überwachte und gleichzeitig versuchte, die Fragen des Reporters zu beantworten, während er auf und ab lief. Sein Bewegungsradius war durch das Kabel und das Mikrofon eingeschränkt, das an seinem Hals hing.

McClellan war ein großer, barscher Mann, der es offensichtlich gewohnt war, Männern Befehle zu erteilen und sie dazu zu bringen, daß sie das taten, was zu tun war, und zwar in etwa in der Reihenfolge, wie es sein sollte. Er trug keine Uniform, hatte aber ein großkalibriges Gewehr mit passendem Patronengurt dabei.

In diesem Augenblick ließ er gerade ein paar seiner Männer Leichen zu dem Lagerfeuer schleppen, die dort verbrannt wurden. Das Zischen des Feuers, die Rufe und anderen Geräusche, die von der Vielzahl der Tätigkeiten seiner Männer herrührten, bildeten eine konstante Geräuschkulisse für McClellans Kommentar. Der Sheriff beantwortete alle Fragen so gut wie möglich - aber natürlich konzentrierte er sich weitaus mehr auf die Kontrolle seiner Suchtrupps und ihr Vorgehen gegen die Aggressoren.

»Hier läuft es nicht allzu schlecht«, sagte McClellan. »Die Männer werden ziemlich gut mit der Situation fertig. Gerade erst haben wir neunzehn von diesen Zombies vernichtet, direkt hier in dieser Gegend. Die letzten drei, die wir aufgespürt haben, versuchten in einen Minenschacht zu

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