Der beste Tadler Justinians wird sein bester Lobredner werden. Deine Strafe für dein Buch über Justinians Kriegswerke sei - ein Buch über Justinians Friedenswerke.

Du schreibst im kaiserlichen Auftrag ein Buch über des Kaisers Bauwerke. Du kannst nicht leugnen, daß er darin Großartiges geleistet hat. Wärest du ein besserer Jurist, als dich dein Lagerleben bei dem großen Belisar hat leider werden lassen, - du müßtest sein großartigstes Mosaikbauwerk, seine Pandekten, schildern. Aber dazu reicht deine Rechtsausbildung nicht aus, tapfrer Schildknappe Belisars. (Und sie hatte recht, der schöne Dämon!) Du wirst also die Bauwerke Justinians schreiben, du selbst ein lebend Denkmal seiner Großmut. Denn du wirst gestehn, für viel gelindre Dinge hat unter früheren Kaisern mancher Schriftsteller Augen, Nase und anderes verloren, was nicht angenehm zu entbehren ist. Solche Dinge hat sich noch kein Imperator sagen lassen und den Freimut obenein durch neue Aufträge belohnt. Sollten dir aber freilich die <Bauwerke Justinians) nicht gefallen, so würdest du diese Geschmacklosigkeit nicht lange überleben, besorge ich - die Heiligen würden solchen Undank durch raschen Tod bestrafen. Sieh, diese Belohnung habe ich dir ausgewirkt, Justinian wollte dich nur zum Senator ernennen - damit du doch recht behältst mit deiner Behauptung von Theodoras verderblichem und allbeherrschendem Einfluß.)

Und nochmals ein Kuß ihres Fußes, wobei sie mir, mutwillig schäkernd, den kleinen, goldnen Schuh auf den Mund schlug. -Ich hatte vor der Audienz mein Testament gemacht. Nun siehst du also, wie dieser Dämon in Weibergestalt sich an mir rächt!

Man kann ja wirklich die Bauten Justinians nicht schelten: man kann sie nur verschweigen oder - loben.

Schweige ich, kostet's mein Leben. Rede ich und lobe ich nicht, kostet's mein Leben und meine Wahrhaftigkeit. Ich muß also loben oder sterben. Und so schwach bin ich», seufzte der Hausherr, «daß ich lieber lobe und lebe.»

«Soviel Thukydides und Tacitus genossen - trocken und flüssig» sprach der Gast und schenkte beide Becher voll - «und doch kein Thukydides oder Tacitus geworden.»

«Ich ließe mir lieber die linke Hand auch noch abhauen von meinem langnamigen Freund, als diese Bauwerke damit zu schreiben!»

«Behalte die Hand! Und schreibe mit derselben, nach der offnen Lobschrift der Bauwerke: eine Geheimschrift der Schandwerke Justinians und Theodoras.»

Prokopius sprang auf. «Das ist teuflisch! Aber groß! Der Rat ist deiner würdig, Freund. Dafür schenke ich dir eine der neun Musen des Herodot in meinem Keller - mein ältester, lauterster, edelster Trank. - Oh, man soll staunen über diese Geheimschrift. Das Unglück ist nur: ich kann das Äußerste von Mord und Schmutz gar nicht erzählen. Der Ekel brächte mich um. Und man wird schon das, was ich erzählen kann, für maßlos übertrieben halten. Und was wird die Nachwelt sagen von Prokopius, der ihr einen Panegyrikus, eine Kritik, und eine Klagschrift über Justinian überliefert?»

«Sie wird sagen: er war der größte Geschichtsschreiber, aber auch der Sohn und das Opfer des Kaiserreichs Byzanz. Räche dich, sie ließ dir deinen gescheiten Kopf und deine linke Hand: wohlan, deine Linke soll ja nicht wissen, was vordem deine Rechte schrieb. Zeichne das Bild dieser Kaiserin und ihres Gatten für alle kommenden Geschlechter auf! Dann haben nicht sie gesiegt mit ihren Bauwerken, sondern du mit deiner Geheimgeschichte. Den maßvollen Freimut wollte sie strafen: nun strafe du sie durch maßlose Enthüllung der Wahrheit. Jeder rächt sich durch seine Waffe: der Stier durch das Horn, der Krieger durch das Schwert, der Schriftsteller durch die Feder.»

«Zumal», sprach Prokop, «wenn ihm nur die Linke blieb. Ich danke und folge deinem Rat. Cethegus: ich werde als Rache für die Bauwerke die <Geheimgeschichte> schreiben. Aber nun ist das Erzählen an dir. Ich weiß den Gang der Dinge durch Briefe und mündlichen Bericht der aus Rom Entflohenen oder von Totila freigegebenen Legionäre bis zu der Stunde, da du zuletzt in deinem Hause gesehen, ja, wie man sagt, in deinem Hause gehört wardst. Erzähle nun, du Stadtpräfekt ohne Stadt.»

«Sogleich», sprach Cethegus. «Sage mir nur noch: wie ging es mit Belisarius weiter in dem letzten Perserfeldzug?»

«Nun, wie gewöhnlich. Das solltest du gar nicht mehr fragen müssen! Belisar hatte die Feinde wirklich geschlagen und war eben daran, den Perserkönig Chosroes, des Kabades Sohn, zu dauerndem Frieden zu nötigen. Da erschien in seinem Lager Areobindos, der Schneckenprinz, mit einem hinter Belisars Rücken zu Byzanz bewilligten Waffenstillstand auf ein halbes Jahr. Justinian hatte längst Verhandlungen mit Chosroes angeknüpft. Er brauchte gerade Geld; er stellte sich wieder, als ob er Belisarius nicht traue, und ließ für fünfhundert Zentner Gold den Perserkönig entschlüpfen, als wir eben das Netz über ihn zusammenschlagen wollten.

Narses war klüger. Als der Schneckenprinz zu ihm kam, auf den sarazenischen Teil des Kriegsschauplatzes, erklärte er: der Bote müsse ein Fälscher oder verrückt sein, nahm ihn gefangen und führte den Krieg fort, bis er die Sarazenen völlig geschlagen hatte. Dann schickte er den kaiserlichen Boten mit einer Entschuldigung nach Byzanz. Die beste Entschuldigung aber waren die Schlüssel und Schätze von siebzig Burgen und Städten, die er dem Feind während des von Belisar befolgten Waffenstillstands entrissen hatte.»

«Dieser Narses ist... -»

«Der größte Mensch der Zeit», sagte Prokop. «Auch den Präfekten von Rom nicht ausgenommen. Denn er will nicht, wie dieser, das Unmögliche. - Wir aber, das heißt Belisar und der Krüppel Prokop, wir kehrten, immer grollend und scheltend und immer pudeltreu und nie gewitzigt, den Waffenstillstand mit Zähneknirschen einhaltend, nach Byzanz zurück. Und harren nun hier neuer Aufträge, Lorbeern und Fußtritte. Glücklicherweise hat Antonina ihre Neigungen für Blumen und Verse anderer Männer aufgegeben, und so lebt denn das Ehepaar, der Löwe und die Taube, ganz glücklich hier in Byzanz. Belisar natürlich Tag und Nacht nur sinnend, wann er wieder seinem Kaiserlichen Herrn seine Treue und Heldenschaft bewähren darf - Justinian ist seine Torheit wie die meine Belisar. Nun aber endlich erzähle du.»

Siebentes Kapitel

Cethegus tat einen tiefen Zug aus dem vor ihm stehenden Becher, der in getriebenem Golde einen Turm darstellte.

Er war wesentlich verändert seit jener Nacht zu Rom.

Schärfer waren die Furchen an den Schläfen, noch fester geschlossen der Mund, die Unterlippe herb emporgehoben, seltener spielte jenes ironische Lächeln um die Mundwinkel, das ihn verjüngte und verschönte. Die Augen waren nun gewöhnlich halb geschlossen.

Nur manchmal öffneten sie sich voll, den gefürchteten Blick zu sprühen, der noch grimmiger durchbohrend traf.

Nicht älter, aber eiserner, schärfer, schonungsloser noch schien er geworden.

«Du kennst», hob er an, «den Lauf der Dinge bis zum Fall von Rom. Ich sah in jener Nacht fallen die Stadt, das Kapitol, mein Haus, meinen Cäsar. Der krachende Sturz dieses Bildes schmerzte brennender als die Pfeile der Goten und selbst der Römer.

Die Sinne schwanden mir vor Schmerz und Zorn, als ich den Mörder meines Cäsar strafen wollte. Ich brach in der Bibliothek an der Statue des Zeus zusammen.

Ich erwachte wieder durch den kühlen Hauch der Nachtluft und des Tiberstromes, der schon einmal, - vor zwanzig Jahren! -den Todwunden neu belebt.»

Eine finstre Wolke zog über die mächtige Stirn.

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