Und doch ist Taginä der Schlüssel der Stellung: - ohne Caprä und Taginä ist mein Lager eine Festung zwar mit Wall, aber ohne Graben: die drei Flüßchen bei Caprä und Taginä sind deren natürliche Gräben. Sofort sprengte ich selbst von Setinum aus gegen Taginä mit den sarazenischen Reitern: aber zu spät.

Graf Teja - er muß auf den Schwingen des Sturmwindes von Rom herangebraust sein! - Graf Teja hatte Taginä kurz vor mir erreicht mit einer fliegenden, dem Hauptheer vorangeworfenen Schar: und obwohl die Sarazenen sieben gegen drei waren, hat er sie mit seinen gotischen Beilreitern blutig zurückgeworfen: es war kein Halten mehr, nachdem er den Sarazenenkönig Abocharabus den Jüngeren mit dem Beil vom Turban bis zum Gurt durchspalten, heulend rissen meine Sarazenen die Renner herum und jagten davon, über Caprä zurück, mich mit fortreißend.

Heute suchte ich nun die Stärke der Besatzung von Taginä zu erkunden - denn gern möchte ich den Verhaßten erdrücken, ehe das gotische Hauptheer eintrifft - aber die Stellung von Caprä war heute schon nicht mehr zu durchdringen. Und bereits soll der Barbarenkönig selbst im Anzug sein: die Nachhut führe der Herzog Guntharis heran.

Und wo bleibt, wann kommt mein <zweites Heer>?»

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Am Tage darauf traf König Totila mit einem Teil des Heeres wirklich in Taginä ein: Valeria, die jetzt am sichersten geborgen war im Lager des Königs, begleitete ihn: auch Julius, der sich wieder in seine Klosterstiftung nach Avenio in Gallien begeben wollte, und Cassiodor, der diese prüfen sollte.

Die Hauptmacht des Heeres sollten Herzog Guntharis und Wisand, der Bandalarius, auf der flaminischen Straße von Süden

heranführen, während von Westen, von Florentia her, der alte Hildebrand im Anzug war. Erst nach dem Eintreffen dieser Truppen konnte der Angriff auf die sehr feste Stellung des Präfekten unternommen werden.

Und auch Cethegus wies das Drängen der jungen Ritter zum Angriff ab. «Ich bin nicht gekommen, Schlachten zu gewinnen, sondern Italien. Demnächst haben wir die Übermacht: - dann hat es Sinn, zu schlagen.»

Eines Morgens trat Julius in des Königs Zelt und reichte ihm schweigend einen Brief.

Totila furchte die Stirn, da er die Handschrift erkannte und las: «An Julius Manilius Cethegus, der Präfekt von Rom und Magister Militum per Italiam. Ich höre, du weilst im Lager der Barbaren. Licinius sah dich reiten neben dem Tyrannen. Soll das Unerhörte geschehen, daß Julius gegen Cethegus die Waffen führt, der Sohn gegen den Vater?

Gewähre mir heute, um Sonnenuntergang, eine Unterredung bei dem zerfallenen Tempel des Silvanus, der zwischen unsern und der Barbaren Vorposten liegt.

Der Tyrann hat mir Italien, Rom und deine Seele geraubt. Ich werde ihm alle drei wieder entreißen - und dich zuerst. Komm: ich befehle es als dein Vater und Erzieher.»

«Ich muß ihm gehorchen - ich verdanke ihm so viel.»

«Ja», sagte Totila, ihm den Brief zurückgebend.

«Aber die Stelldichein des Präfekten sind gefährlich.

Du hast mich gebeten, nie mehr über deinen <väterlichen Wohltäten mit dir zu sprechen. Ich hab' mein Wort gegeben und hab's gehalten. Aber warnen darf ich, muß ich.»

«Er wird mein Leben nicht bedrohen.»

«Aber vielleicht deine Freiheit! Nimm fünfzig Reiter mit. Ohne solches Geleit lasse ich dich nicht aus dem Lager.»

Gegen Sonnenuntergang erreichte Julius mit seiner

Bedeckung das zerfallene Gemäuer. Nur wenige Säulen des alten Fanum standen noch aufrecht, die Mehrzahl lag umgestürzt an den Seiten des Hügels, auf welchem sich der schlichte Monopteros erhob: auch das Dach des Gewölbes war zum Teil herabgestürzt. Üppig wuchernder Efeu umkleidete die Säulenschäfte, Steinbrech und allerlei Unkraut überwucherte die zahlreichen Marmorstufen, die hinanführten zu dem ringsum offnen Bau.

Diesmal hatte Totila dem Präfekten ohne Grund mißtraut. Denn als Julius am Fuße des Hügels angelangt war mit fünfzig Reitern, - fünfzig folgten auf des Königs Befehl ihm später noch aus dem Lager und näherten sich nun ebenfalls - sah man Cethegus allein in dem Innenraum des Tempels wartend auf und nieder schreiten.

Julius war vom Pferde gestiegen und schritt die Stufen hinan. Cethegus empfing ihn mit vorwurfsvollem Blick. «Du lässest dich erwarten: der Sohn vom Vater. Beim ersten Wiedersehn, nach so langer Zeit.

Ist das Mönchs-Moral? Und wohl gehütet kommst du! Wer hat dich gelehret, mir mißtrauen? Wie? Folgen uns deine Barbaren bis hierher?»

Und er wies auf einen Anführer der zuletzt gekommenen in braunem Mantel und übergeschlagner Kapuze, der, mit zwölf seiner Begleiter, vom Rosse sprang und sich mit den Seinen die Stufen herauf lagerte bis an die oberste Staffel.

Julius wollte sie entfernen, aber ein zweiter Anführer, Graf Thorismut, antwortete kurz: «Befehl des Königs!» und lagerte sich auf die zweite Stufe.

«So sprich griechisch», sagte Julius. «Das verstehn sie nicht.»

Cethegus streckte ihm beide Hände entgegen. «So sieht Odysseus, der Weitumwandernde, seinen Telemachos wieder.»

Aber Julius trat zurück von ihm. «Schwarze Gerüchte gehen über dich, Cethegus. Hat diese Hand nur im Kampfe Blut

vergossen?»

Cethegus ballte die zurückgewiesene Hand grimmig zur Faust. «Haben deines Busenfreundes Lügen mir ganz dein Herz vergiftet?»

«König Totila lügt nicht. Er hat seit Monden nicht mehr deinen Namen genannt. Ich bat ihn darum. Denn ich konnte dich nicht verteidigen gegen seine furchtbaren Anklagen. Ist es denn wahr, daß du seinen Bruder Hildebad...?»

«Ich bin nicht gekommen, Entschuldigungen zu geben, sondern sie zu heischen. Seit Jahren tobt der Kampf um Rom mit Priestern, Griechen, Barbaren. Und ich stehe allein. Müde, wund, halb verzweifelnd, von den Wogen des Geschicks bald emporgetragen, bald tief in den Abgrund geschleudert. Aber immer allein. Und wo ist Julius, mein Sohn, der Sohn meiner Seele, mich zu erquicken mit seiner Liebe? In Gallien unter den Mönchen, in Byzanz oder in Rom als Werkzeug oder als Gast des Barbarenkönigs. Fern von mir und meinem Wege.»

«Ich warnte dich vor diesem Wege: rote und schwarze Flecken liegen darauf: ich kann ihn nicht mit dir gehn.»

«Nun: und wenn du so weise bist und so eifrig im Dienste deines Glaubens - wo warst du, mich zu erleuchten und zu retten?» und nun entsandte Cethegus ein lang und sorgfältig gezieltes Geschoß der Überredung, das er bis zuletzt sich aufgespart. «Wenn meine Seele sich der Liebe, der Wärme immer mehr verschloß, wenn sie versteinte und vereiste, - wo war Julius, mich zu erweichen und zu erwärmen? Hast du deine Pflicht als Sohn, als Christ, als Priester an mir erfüllt?»

Diese Worte machten erschütternden Eindruck auf den frommen Sinn und das sanfte Gemüt des jungen Mönches. «Vergib», sagte er, «ich erkenne: ich habe gefehlt gegen

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