Haupte. Dieser Basiliskos, des Narses Vertrauter - ich kenne ihn von Byzanz her - war mir höchst unheimlich.» -

«Ja», fügte Salvius Julianus bei, «er war so einsilbig: nichts war aus ihm herauszuforschen, als was er selbst mitzuteilen wünschte.» - «Mehr, als wir von ihm, erkundeten unsere Sklaven von den seinen.» - «Aber als der Führer der Germanenreiter dazukam, wie sie plauderten, schlug er einen Diener des Basiliskos tot auf dem Fleck.» - «Da wurden die Lebendigen so stumm wie ihr toter Kamerad.» -«Zusammenhanglos, widerspruchsvoll, verworren ist, was wir so erkundeten.»

«Fest steht nur: in Byzanz muß ein plötzlicher Umschwung aller Dinge eingetreten sein.» - «Und zwar noch am Tage deines Abgangs aus der Stadt.» - «Die Kaiserin, flüsterten die einen, habe sich selbst in Kohlendunst erstickt.» - «Der Prozeß gegen Belisar», schaltete der Jurist ein, «ist in ein neues Stadium getreten, auf Antrag Tribonians, sagt man, oder Prokops habe der Kaiser das Urteil des Senates vernichtet.» - «Man nannte die Namen: Narses, Antonina, Anicius, Prokopius in unklarem Zusammenhang.» - «Der Prinz Areobindos soll erkrankt und deshalb durch Narses ersetzt sein.» - «Aber ich besorge: an dieser Krankheit sterben eher andre Leute als der Statthalter über die Schnecken.»

«Und meine vierzehn Boten an das zweite Heer?» forschte Cethegus, die Stirn furchend.

«Ich glaube», argwöhnte Licinius, «Narses hat sie festnehmen lassen, sowie sie eintrafen.»

«Die Germanenreiter lachten so höhnisch, als ich nach ihnen fragte», bestätigte Julianus. «Narses ist wirklich mit einem Heere, wie es noch niemals der Kaiser des Geizes gespendet hat, aus den Toren von Byzanz gezogen.» - «Und wahr ist alles, was du als unmöglich verworfen, o Feldherr.» - «Nicht nach Epidamnus ging Narses: - die dort stehenden und die übrigen

Truppen des Areobindos, unbedeutend im Vergleich mit seinem kolossalen Heer, hat er zur See den jonischen Busen hinauf nach Pola in Istrien beordert. Er selbst zog auf dem Landweg, in Eilmärschen, in das gotische Dalmatien, rollte vor sich her, wie der Sturm die dürren Blätter, die wenigen Tausendschaften der Barbaren dort im Lande auf, nahm Salona, Scardona, Jardera.» -«Ja, und ein furchtbares System befolgt er dabei. Er läßt, wohin er kommt, nicht einen Goten: alle, auch Weiber und Kinder, läßt er greifen und zu Schiff sofort nach Byzanz in die Sklaverei führen. So geht er, wie eine zermalmende, eiserne Walze, dahin über das Gotenvolk, und wo Narses vorübergezogen, lebt kein Gote mehr in Stadt und Land.»

«Das ist gut», sagte Cethegus, «das ist groß.»

«Er hat geschworen bei dem Zepter Justinians, sagt man, nicht zu rasten, bis kein freier Gote mehr im Orbis Romanus lebt. Und in der Schlacht macht er keine Gefangenen.»

«Das ist gut», sagte Cethegus.

«In Pola mit dem <zweiten Heer> vereinigt, brach er in das gotische Venetien ein und durchzog das Land mit breitester Stirn, mit dem rechten Flügel umschwenkend - der linke diente als Drehpunkt: von der See im Süden bis an die Berge im Norden: wie eine wandelnde Mauer von Erz alles vor sich niederwerfend oder aus dem flachen Lande in die Städte drängend, die, eine nach der andern, rasch fielen.

<Denn die Belagerung versteht mein Narses wie kein andrer>, sprach Basiliskos, der diese kriegerischen Ereignisse ohne Rückhalt erzählte. <Sie sind bald auch dem Präfekten kein Geheimnis mehr>, lächelte er boshaft, <so wie meines Narses großer strategischer Gedanke. > Narses sprach: <Italien ist ein Stiefel: man muß von oben nach unten hineinfahren. Mein heftiger Kollege Belisar war so töricht, von unten, bei dem kleinen Zeh, hineinschlüpfen zu wollen. Drängt man», fuhr er fort, «die gotischen Flöhe von unten, vom Wasser her, nach

oben, nach den Bergen, ins Trockne, so sterben sie nicht.

Umgekehrt, von den Bergen, vom Trocknen, von oben her, nach unten, in das Wasser, muß man sie allmählich treiben und schieben. Und zuletzt wirft man den Rest, wo das Land schmal zu Ende läuft, alle zusammen ins Wasser, daß sie elend ersaufen.> Denn die Flotte hat er ihnen ja schon genommen -gestohlen freilich mehr als geraubt! - der vortreflliche <Magister Militum per Italiam>, so schloß Basiliskos.»

«Man flüstert», schaltete Julianus ein, «diese Würde sei schon längst wieder aufgehoben.»

«Davon müßte doch ich, dieser Würde Träger, auch wissen.»

«Wer weiß: man raunt, du seist abgesetzt. Narses habe geheime Aufträge vom Kaiser versiegelt - mitbekommen, die er erst nach Vernichtung des Königs Totila zu öffnen und zu vollziehen habe.»

«Wer sagte das?» frug Cethegus rasch. «Basiliskos selbst?»

«O nein: der spricht nur vom Krieg. Nein, der eine Sklave. Und gerade, da der Germanenführer dies vernommen, schlug er ihm mit seiner Keule den Schädel ein.»

«Das ist schade», sagte Cethegus nachsinnend, «das heißt, er schlug zu früh.»

«<Es war>, fuhr Basiliskos fort uns zu erzählen, <ein herrlich Schauspiel, dieser alles umspannende, alles erdrückende Marsch. Den linken Flügel im Süden als feststehenden Angelpunkt an das Meer gelehnt, das die starke Flotte sperrte, schwenkte der rechte, der bis an die Alpenpässe im Norden reichte und sie durch starke Wachen schloß, von rechts nach links herab nach Süden ein. Wie der Vogelsteller sein Schlagnetz zusammenschlägt ob den ängstlich hüpfenden, flatternden Vögelein, und ist kein Entrinnen vor ihm.

Nur über Tridentum und Bolzanum hinaus nach Norden und gegen die Täler der Athesis und der Passara hinaus entrannen einige Tausende der Barbaren mit Weib und Kind. Und sie schlugen, verstärkt durch die Besatzung von Castrum Teriolis bei Mansio Majä, den verfolgenden Archonten Zeuxippos, daß er schleunigst zur Hauptmacht zurückkehrte.

Aber mit Ausnahme von diesen in die Berge entkommenen Haufen und von Verona lebt kein Gote mehr hinter Narses' Rücken, soweit er bis jetzt gedrungen: Aquileja, Concordia, Forum Julii, Ceneta, Tridentum, Tarvisium, Comaclum fielen vor Narses.

Er eilte nach Ravenna. Schleunigst entwichen die gotischen Belagerer, nach Westen ausbeugend, vor der ungeheuren Übermacht solchen Entsatzheeres. In Ravenna versöhnte er sich mit dem blutigen Johannes...> -»

«Das glaub' ich nicht», unterbrach Cethegus. «Johannes ist der eifrigste Anhänger Belisars. Er haßt Narses mehr als Belisar selbst diesen anfeindet.»

«Ja, so zweifelten auch wir: <und doch hat ihn Narses gewonnen>, lächelte Basiliskos: <ihr werdet noch mehr Dinge erleben, ihr römischen Ritter und Kriegstribunen, von Narses, die ihr jetzt nicht ahnt.>

Und richtig ist, daß Johannes unter Narses dient, wie früher unter Belisar: er befehligt seine Leibwache und die Hunnen.»

Cethegus schüttelte staunend den Kopf.

«<Leider aber verunglückte> - so erzählte Basiliskos uns weiter», fuhr Piso fort - «<bald nach dem Aufbruch aus Ravenna Martinus, der Geschützmeister.>»

«Was?» frug Cethegus staunend. «Auch Martinus, das Werkzeug, das Geschöpf, der Rechenmeister Belisars diente unter Narses? - Hier liegt, ihr habt recht, ein sehr großes Geheimnis.» -

«<Nämlich hinter Ravenna>, berichtete uns Basiliskos, <stieß Narses auf den ersten starken Widerstand. Nicht durch Krieger, sondern durch Werke des Barbarenkönigs. Dieser hat, durch seinen Feldherrn Teja, ein höchst geschickt ersonnenes Verteidigungssystem herstellen lassen, das Italien gegen einen Angriff vom Norden her sichern sollte; in Ämilia ist es schon vollendet - zum

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