sei: aber schilt nicht den Mann, der, den Blick erwidernd, spricht: <Es ist kein Gott> und würd' er drob zu Stein.
Ja, das Lächeln und das Weinen sind zwei holde Genüsse. Prometheus aber hat nicht gelächelt, als ihm Pandora die betörende Büchse bot. Aber er hat auch nicht geweint, als ihm Gewalt und Kraft die Glieder an die Felsen schmiedeten. Und an den Geier, der ihm das Herz zerfleischt - nun, an den Geier - hat er sich gewöhnt. Und eher ermüdete das Schicksal, den Titanen zu quälen, als daß sich der Titane gebeugt.»
«Cethegus», flehte Julius, «sprich nicht so! Ich sage dir: es ist ein Gott.»
«So? wo war er denn, als man Manilia mit Gewalt zu verhaßter Ehe zwang, als man für ewig des Cethegus Herz vergiftete? Wo war er denn, als ihr der blinde Zufall einen Frankenpfeil in das Herz gejagt?
Ha, auch ich habe an ihn geglaubt: genauso lang war ich der Spielball der andern.
Später aber hab' ich gehandelt unter der Voraussetzung, die mich mein eignes Schicksal gelehrt: <Es ist kein Gott>. Und siehe da: seither treffen alle meine Schlüsse zu!
Wo war er denn, dein gerechter, allmächtiger, allweiser, allgütiger Gott, als die schuldlose Kamilla den nicht für sie gemischten Becher trank? Wo blieben da seine Wunder und Engel? Als Calpurnius den Knaben des Witichis von den Felsen warf, warum haben die Engel Gottes nicht das Kind aufgefangen - fällt ja doch kein Sperling vom Dache ohne Gottes Wille! -und den Mörder zerrissen? Wo war er denn, dein rettender Gott, als ich den Massagetenpfeil auf jene wackre Rauthgundis entsandte? Ha, lebte ein Gott im Himmel: - rückprallen mußte der Pfeil von dem treuen Weibe und des Cethegus Brust durchbohren! Aber der Pfeil war scharf und gut gezielt: und darum starb Rauthgundis, wie wenn sie die Möwe des Padus gewesen. Drum rede mir nicht vom lebendigen Gott, du lallender Knabe.»
«Cethegus!» sprach Julius, «mir graut. Das ist die furchtbarste Gotteslästerung, die ich je gehört.»
Totila wandte sich schaudernd ab und warf das Schwert in die Scheide.
«Wer so denkt», rief er, «ist genug bestraft. Doch, Präfekt von Rom: - du kennst noch das Ende deiner Taten nicht. Erwarte es: vielleicht glaubst du dann an den rächenden Gott.»
«Das Ende meiner Taten», lachte Cethegus, «ist mein Tod. Das weiß ich längst. Ob ich ihn nun finde auf dem Throne nur des Okzidents oder des Weltkreises, ob in verlorner, ob in siegreicher Schlacht, ob durch Beil oder Schwert: - das ist für unsre Gottesfrage gleich. Und wenn es eine Hölle gäbe -wohlan: auch an den Kaukasus geschmiedet blieb Prometheus er selbst. Aber genug der Worte und übergenug. Hierher zu mir, an meine Brust, Julius, denn du bist mein.»
«Ich bin Gottes des Herrn, nicht dein!» sprach Julius, bekreuzigte sich und trat einen Schritt von ihm zurück.
«Du bist mein Sohn - gehorche mir.»
«Du aber bist Gottes Sohn gleich mir. Du verleugnest - ich bekenne unsern Vater. Für immer sag' ich mich los von dir.
Denn wenn, wie unser Glaube lehrt, ein Luzifer lebt, der Dämonen Oberster, der lichte Morgenstern, der stärkste, der herrlichste der Geister Gottes, der aus Stolz und Gottesleugnung herabgesunken ist zur Hölle - dann bist du es, entsetzlicher
Mann.»
«Ha, aber Luzifer ward aus einem Diener des Himmels ein Kaiser: ob zwar ein Kaiser der Hölle. Lieber als im Himmel der Zweite, in der Hölle der Erste. Folge mir.» Und hingerissen von Leidenschaft, zog er den Mönch am Arm auf seine Seite herüber.
Da blitzten zum drittenmal Totilas Schwert und das Schwert des Präfekten.
Und diesmal ward es Ernst: nicht gelang es Julius mehr, die Grimmen zu scheiden.
Totila schlug gegen des Präfekten Stirn: der Hieb war zu stark, ganz abgewehrt zu werden: der Helm flog dem Römer rücklings vom Haupt und Blut schoß aus seiner Wange.
Der Gegenstoß des Präfekten drang durch Totilas Mantel: zwar hielt der Ringpanzer die Spitze auf, aber von der Kraft des Stoßes flog Totila einen halben Schritt zurück.
Tödlich drohte der nächste Zusammenstoß zu werden: -Schilde fehlten ja beiden.
Und nochmals prallten sie zusammen: ein Weheschrei des Mönches, der sich zwischen sie warf, hätte sie kaum noch getrennt - des Präfekten Schwert hatte ihm die hemmende linke Hand gestreift -: aber nun wurden beide Kämpfer auseinandergerissen von Männern, die, unbeachtet von den drei im leidenschaftlichen Ringen Wogenden, die Tempelstufen in den letzten Augenblicken emporgeeilt waren.
Totila von Thorismut und Wisand, Cethegus von Licinius und Syphax.
«Die Verstärkungen sind da und wichtige Kunde aus dem Süden», rief Graf Thorismut. «Graf Wisand kam als Bote von Guntharis. Komm rasch zurück: die Schlacht steht bevor.»
«Komm rasch zurück ins Lager!» rief Licinius Cethegus zu, «das <zweite Heer> ist da.»
«Mit Areobindos?»
«Nein, Herr», rief Syphax: «die Kaiserin Theodora ist plötzlich gestorben: Narses ist der gesendete Feldherr: und er kommt mit hunderttausend Mann.»
«Narses?» frug Cethegus erbleichend, «ich komme! Auf Wiedersehn, Julius, mein Sohn!»
«Ich bin Gottes Sohn!»
«Er ist mein!» rief Totila, ihn umschlingend.
«Wohlan: der Kampf um Rom wird auch diesen Kampf entscheiden. Aus der Barbaren Lager hol' ich dich heraus.»
Und er eilte die Stufen hinab.
Gleich darauf sprengte Cethegus mit den Seinen nach Norden, Totila und Julius mit den Ihrigen nach Süden in ihre Lager.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Der Präfekt fand in seinen Zelten noch nicht Narses selbst, auch keine Boten dieses Feldherrn, was ihn erstaunte: Piso und Salvius Julianus, die er mit dringender Mahnung an Areobindos nach Ancona entsendet hatte, waren schon bei Cale auf die Vorhut des Narses - germanische Reiter, wie sie sagten - gestoßen und hatten von diesen und einem byzantinischen Archon Basiliskos Dinge erfahren, die sie zur schleunigsten Umkehr bewogen, Cethegus zu warnen.
«Ja, er hat mich offenbar überraschen wollen», sprach Cethegus nachsinnend: «aber warte nur, Narses», schloß er grimmig. «Auch Belisar stand mit Übermacht bei Capua: und ich hab' ihn doch gemeistert, solang er im Lande war und zuletzt hinausgeschoben aus meinem Italien. Laß sehn, ob der Krüppel stärker ist als der löwenherzige Held.»
«Sei vorsichtig, mein Feldherr», warnte Piso. «Es liegen schlimme Dinge in der Luft: - es wird schwül über deinem
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