Händen hatte er gespendet. Seine aus Kleinlichem und Großartigem seltsam gemischte Natur schien für dies Unternehmen das Kleinliche völlig abgestreift zu haben. Die großen Erschütterungen in der Hauptstadt, an seinem Hofe, hatten ihn wachgerüttelt. Klar hatte sein heller, diplomatischer Kopf, viel mehr für die äußere Politik als für die Verwaltung angelegt, die ganze Bedeutung der gotischen Gefahr erkannt. Der Vorwurf, daß er durch unnötige Angriffe diese brennende Gefahr erst heraufbeschworen, machte ihm die Unterdrückung zur Pflicht.

«Er haßte den Namen der Goten und gelobte, sie auszutilgen aus dem Reich», schrieb damals Prokop.

In schonungslosen herben Worten hatte ihm Narses diese Pflicht eingeschärft, und zugleich die klügsten Ratschläge zu ihrer Erfüllung beigefügt. «Nur Germanen schlagen diese Germanen», hatte er gerufen. «Ich brauche zu den Söldnern aus Asien die germanische Waldeskraft, die Goten zu brechen. Lange hab' ich gewarnt, diese friedlichen Männer aufzustören, die uns nicht bedrohten: die Perser, die wahrhaft gefährlichen abzuwehren. Du hast nicht gehört. Jetzt, da sie zum Angriff übergegangen, jetzt sind sie die gefährlichsten: - gefährlicher als die Perser, mit welchen sie übrigens schon im Bunde stehen. Jetzt müssen sie vernichtet werden um jeden Preis, denn sie haben die Schwäche deines Reiches entdeckt. Jetzt also: Germanenkraft herbei, Germanenkraft zu brechen. Ich habe ein tapfres Volk an der Hand mit einem Königssohn, heißhungrig der Eroberung.»

«Wer ist's?»

«Das ist mein Geheimnis. Wildkühne Scharen aus ihnen werb' ich selbst als meine Leibwächter. Aber das reicht nicht. Franken, Heruler, Gepiden müssen helfen. Den Franken bestätigst du, was du ihnen doch nicht entreißen kannst: ihre neuen Erwerbungen in Südgallien, Massilia und Arelate.»

«Ich gebe ihnen dazu das Recht, Geldmünzen mit dem Bilde ihrer Könige zu schlagen, das schmeichelt ihrer kindischen Eitelkeit: der Fürsten und des Volks. König Theudebert zu Mettis, den, wie Childebert von Paris, dieser Totila gewonnen, ist gestorben: sein junger Erbe Theudebald bedarf unserer Gnade.»

«Den Herulern, diesen immer hungrigen Soldläufern, gib ein Stück Dacien bei Singidunum: haufenweise schicken sie dir dafür ihre bösen Buben zu. Mit den Gepiden, so viele ihrer die Langobarden noch übriggelassen, schließe Frieden. Gib ihnen Sirmium zurück, dann helfen sie dir schon aus altem Haß gegen die Landsleute von Theoderich und Witichis.»

«So viele Zugeständnisse... -»

«Wir nehmen ihnen ja bald alles wieder ab, unsern Hunden, mit denen wir den gotischen Löwen jagen: aber erst muß er nieder mit ihrer Hilfe.»

Und er hatte den Beherrscher der Romäer vollständig gewonnen und überzeugt.

Alle Mittel des kaiserlichen Thesaurus, den der kaiserliche Geizhals immer, jammernd, als völlig leer hingestellt hatte, wurden verschwenderisch an Narses gespendet. Und dieser nicht bescheidne Heischer staunte nun selbst über die Fülle der bisher sorgfältig geheimgehaltnen Schätze.

Der große Krieg mit Persien, der kleine mit allen Nachbarvölkern wurde sofort, mit Opfern, beendet. Die erprobten Veteranen, die seit Jahrzehnten unter Belisar und Narses in Asien und Europa gedient, wurden so verfügbar gege n die Goten.

Und die nämlichen Feinde, die sie bis dahin bekämpft: Perser, Sarazenen, Mauren, Hunnen, Sclavenen, Gepiden, Heruler, Franken, Bulgaren, Awaren, stellten plötzlich Söldner gegen hohe Jahrgelder.

Aus Thrakien und Illyrien wurden alle Waffenfähigen ausgehoben: dreitausend herulische Reiter unter Vulkaris und Wilmuth, siebentausend Perser, eine Gefolgschaft erlesenster Gepiden hundertundfünfzig wilde Abenteurer unter Asbad, -wurden geworben, zehntausend Mann Fußvolk aus allen Provinzen des fränkischen Reichs, Franken, Burgunden, Alamannen, stellten die Merowinger von Parissi, Mettis und Aurelianum.

Ferner konnte Narses, außer seinen eignen vorzüglich von ihm geschulten Unterfeldherren, diesmal auch die besten Heerführer Belisars verwenden, die früher nie unter Narses gedient: die rätselhafte Aussöhnung der beiden großen Nebenbuhler und der an allen Grenzen gesicherte Friede machte die Vereinigung wie der besten Truppen so der erfahrensten Führer in Italien möglich.

So befehligten unter Narses die beiden ausgezeichneten und innig befreundeten Archonten Orestes und Liberius, die man in Byzanz wegen dieser zärtlichen Freundschaft Orestes und Pylades zu nennen pflegte, ihr eifriges Zusammenwirken in allen Aufgaben machte die Freundschaft auch militärisch wichtig: - aber freilich, in der Schlacht von Taginä sollte sich diese Liebe einmal als übelwirkend erweisen.

Ferner Cabades, des vorletzten gleichnamigen Perserkönigs Neffe, der längst mit vielen Persern sich dem Kaiser unterworfen, Johannes, Basiliskos, Valerianus, Vitalianus, Justinus, Paulus, Dagisthäos, Anzalas der Armenier: - lauter hervorragende Führer. Das vor Portus kreuzende, Rom beobachtende Geschwader und Heer führte Armatus, das zwischen Sizilien und Neapolis wachende Dorotheos.

So waren es hunderttausend Mann, die unter Narses und Cethegus bei Caprä den Goten gegenüberstanden, während Rom und Neapolis durch weitere zwanzigtausend bedroht wurden.

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Diesen Zahlen aber hatte König Totila entfernt nicht mehr die Streitkräfte entgegenzustellen, die dereinst Witichis, im ganzen hundertundsechzig Tausendschaften, aufgebracht.

Die Lücken, die der Krieg, die großen allein siebzig Tausendschaften betragenden Verluste vor Rom, dann die Seuchen, der Hunger, die Gefangennehmungen zu Ravenna und zu Senogallia in das gotische Volksheer gerissen hatten, waren nicht wieder ersetzt worden durch die italischen Colonen, die Totila nur dann einreihte, wenn sie es forderten.

So betrug die ganze Macht des Königs etwa siebzig Tausendschaften, von welchen zehn unterhalb Roms zur Abwehr der beiden drohenden Landungen belassen werden mußten unter Herzog Guntharis und Graf Grippa: ungefähr zehn andre Tausendschaften aber wurden durch die verlornen -Besatzungen in Griechenland und auf den Inseln sowie in den Städten und Burgen Italiens und Dalmatiens abgezogen, die zum Teil schon in des Narses Hand gefallen, getötet oder außer Land geschafft waren.

Es waren also nicht mehr als etwa fünfzig Tausendschaften, die König Totila der doppelt starken Macht der Feinde bei Taginä entgegenführte.

Als Cethegus dies Zahlenverhältnis dem Oberfeldherrn verrechnete, sagte dieser: «Mein großer Freund Belisar hat oft mit der Minderzahl gesiegt, ist aber noch öfter von der Mehrzahl - wie billig - geschlagen worden. Ich, Narses, habe meinen Ruhm nur darin gesucht, jedesmal zu siegen, obzwar nicht mit der Minderzahl. Und diesen bescheidneren, aber zweckmäßigeren Ruhm hab' ich erreicht. Er wird mir auch diesmal nicht entgehn.»

Auch in dem Lager der Goten erkannte man die Überlegenheit der Byzantiner: es fehlte nicht an Stimmen in des Königs

Kriegsrat, welche die offne Feldschlacht zu vermeiden und den Rückzug in die noch von den Goten besetzten Städte, ein Hinschleppen des Kampfes durch zähe Verteidigung rieten. Aber der König verwarf diesen Rat aus guten Gründen und beschloß, bei Taginä zu

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