Helm und Mantel hatte liegen sehen. Sie hüllte sich rasch in diese Verkleidung, schloß das Visier, barg ihr Frauengewand in dem langen, gelben Mantel und eilte an einigen der berauschten Gäste, unerkannt, vorüber, geradewegs zu mir in die Werkstätte, - denn im Frauenhause waren nun alle Sklaven und Sklavinnen wach von dort aus mit uns zu fliehen. Und ihr letztes Wort war ein Segenswunsch für mich gewesen.

Sie mußten mich halten -, ich wollte mich ins Meer werfen. Ich verfiel in ein hitziges, schweres Fieber. Ich erwachte erst an Bord eines gotischen Kriegsschiffes, unter Herzog Thulun, das uns bei Kreta aufnahm.

Da entdeckte Aligern plötzlich, daß uns die Triere des Lykos, die entflohenen Sklaven verfolgend, nachgesetzt war und eben um die Spitze von Kydonia bog, als wir an Bord des Kriegsschiffes waren. Sofort setzte der Grieche alle Leinwand auf, zu entkommen, als er die gotische Kriegsflagge erkannte: aber Herzog Thulun und Aligern jagten nach, holten den Griechen ein, enterten und erschlugen Lykos, Dresos und die dreißig Mann des Schiffsvolks.

Ich aber war, da ich erwachte, der Teja, der ich bin.

Und glaubte nicht mehr an den Gott der Gnade und Liebe: und wie ein Hohn auf Myrtia klingt jedes Wort, das davon faselt. Was hatte sie, was hatte ich verschuldet? Weshalb ließ Gott, wenn er lebt, dies Grauenhafte zu?»

Fünfunddreißigstes Kapitel

«Und weil diese eine Rose geknickt, leugnest du den Sommer und den Sonnenschein?» fragte Totila, «und glaubst, ein blindes Ungefähr beherrscht die Welt?»

«Das glaub' ich nicht. Ewige Notwendigkeit seh' ich im Gang der Sterne da oben; und das gleiche, ewige Gesetz lenkt unsre Erde und die Geschicke des Menschen.»

«Aber dies Gesetz ist ohne Sinn?» fragte Julius.

«Nicht ohne Sinn, nur hat es nicht den Sinn und Zweck unsres Glückes. Sich selbst zu erfüllen ist sein einziger, hoher, geheimnisvoller Zweck. Und wehe den Toren, die da wähnen, ihre Tränen werden gezählt jenseits der Wolken. Oder auch vielleicht wohl ihnen - : ihr Wahn beglückt sie!»

«Und dein Denken», sprach Julius, «beglückt nicht. Ich sehe nicht ein, wofür, wozu du lebst, bei solcher Anschauung.»

«Das will ich dir sagen, Christ. Das Rechte tun, was Pflicht und Ehre heischen, ohne dabei auf tausendfache Verzinsung jeder Edeltat im Jenseits hinüber zu schielen: Volk und Vaterland, die Freunde männlich lieben und solche Liebe mit dem Blut besiegeln. Das Schlechte in den Staub treten, wo du es findest: - denn daß es schlecht sein muß, macht es nicht minder häßlich. Du tilgst auch Natter und Nessel, obwohl sie nicht dafür können, daß sie nicht Nachtigall und Rose - und dabei allem Glück entsagen, nur jenen tiefen Frieden suchen, der da unendlich ernst und hoch ist wie der prächtige Himmel, und wie leuchtende Sterne gehen darin auf und nieder traurige, stolze Gedanken -, und dem Pulsschlag des Weltgesetzes lauschen, der in der eignen Brust wie in dem Sterngetriebe geht, - auch das, Christ, ist ein Leben - des Lebens wert.»

«Aber schwer», seufzte Totila, «unendlich schwer; zu schwer für Menschenkraft. Nein, Teja, und kann ich nicht mit meinem frommen Freund in allen Stücken des Glaubens teilen, der die Zeit beherrscht, das ist doch ewig wahr, weil es meine Seele nicht entbehren kann; es lebt ein güt'ger Gott, der das Gute beschirmt und das Böse bestraft. In dieses gerechten Gottes Hand befehl' ich auch mich und unsres Volkes gerechte Sache. Und in diesem Glauben seh' ch morgen unsrem Sieg getrost entgegen. Das Recht ist mit mir -, das Recht kann nicht erliegen.»

«Das Recht erliegt oft vor dem Unrecht: Witichis vor

Cethegus!»

«Ja, auf Erden», fiel Julius ein: «denn nicht hier ist unsre Heimat. Es gibt ein Jenseits, in welchem alles sich gerecht erfüllt.»

«Das müßte sein, und klug ist die Vertröstung», sprach Teja, sich erhebend, einen bittern Zug um den schön und edel geschnittenen Mund. «Nur kann man das nicht denken - nur träumen. Und ich für mein Teil, ich habe genug. Ich wünsche nicht zu erwachen zu neuem Leben, wann mir dereinst der Speer im Herzen steckt.»

Da trat Graf Thorismut, von seinem Ritt zurückgekehrt, ins Gemach und sprach: «Getrost, Herr König, ich habe selbst noch einmal nachgesehen. Die Reiter des Korsen stehen auf dem rechten Fleck bereit. Schon sind auch die ersten seiner nachrückenden Hunderte eingetroffen. Aber dreihundert der Tapfersten erwartet er noch; du mögest morgen den Angriff der Langobarden hinhalten, bis er ihr Eintreffen dir melden lasse: <Sie sind die grimmigstem, sprach Furius, <sie dürfen mir nicht fehlen>.»

«Wohlan», rief heiter lächelnd Totila, den Goldpokal erhebend, «das will ich wohl durch Reiterkunst erreichen; und nun den letzten Becher! Suchen wir das Lager. Willst du, Teja? Die Schlacht von Taginä morgen entscheide unsern Streit. Ein wahres Gottesurteil! Ein Urteil Gottes selber, ob er lebt! Ich sage: es lebt ein Gott - drum siegt die gute Sache.»

«Haltet ein», rief Julius bewegt, «ihr sollt nicht Gott versuchen!»

«Siehst du», sagte Teja aufstehend und den Schild auf den Rücken werfend - «ihm bangt für seinen Gott.»

Sechsunddreißigstes Kapitel

Leuchtend stieg am andern Morgen die Sonne am Himmel empor, und ihre ersten Strahlen fanden das Lager der Goten schon in kriegerischer Bewegung.

Als der König aus seinem Hause auf den Marktplatz von Taginä trat, eilten ihm Herzog Adalgoth, Graf Thorismut und Phaza, der Arsakide, der treu ergebene Gefangene von Neapolis, entgegen: «Heil, Herr, und Sieg. Hier sendet dir deine Braut dein milchweißes Schlachtroß und deine Waffen, reich geschmückt zum Siege.»

Und der König setzte auf das lang wallende Goldhaar den blitzenden, offenen, visierlosen Helm mit dem hoch ragenden Silberschwan, um dessen Hals und gewölbte Flügel Valeria ein Geflecht von roten Rosen gewunden. Und er streichelte Hveitfulas glänzenden Bug, dem Valeria Mähne und Schweif mit hochroten Bändern und goldenen Borten durchflochten hatte.

Klirrend schwang er sich in den Sattel.

Ein Mariskalk führte noch zwei Ersatzpferde für den König: darunter Pluto, des Präfekten unwillig schnaubenden Rappen.

Von seinen Schultern floß der weit wehende weiße Mantel, von einer breiten, schweren, mit Edelsteinen besetzten Riegelspange unter der Kehle zusammengehalten. Sein Panzer war von glänzendem Silber, reich mit Gold eingelegt, den fliegenden Schwan darstellend; die Enden des Harnisches, an den Armen, dem Halse und um den Gürtel, waren mit Purpurseide eingefaßt. Die Arme und Beine zeigten den Wappenrock von silberweißer Seide, der auch die Hüften bedeckte. Breite, goldne Ringe und Kampfhandschuhe schützten die Arme, Beinschienen die Knie und die Vorderseite der Füße. Der schmale, zierlich geschweifte, längliche Schild zeigte in drei Feldern Silber, Gold, Purpur und den fliegenden Schwan von weißer Lasur in dem Goldfeld. Purpurfarben und mit Silber besetzt waren Behäng und Riemenzeug des Rosses. In der Rechten schwang er den Speer, an dessen Spitze Valeria vier langflatternde Wimpel von purpurnen und weißen Bändern angebracht hatte, - fröhlich flatterten sie im Morgenwind.

So geschmückt und schimmerstrahlend ritt der König durch die

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