Der König wollte daselbst den Kampf leiten, aber er vermochte kaum, sich im Sattel zu halten. «Thorismut», befahl er, «du hältst Taginä; Caprä wird einstweilen verloren sein. Ein Eilbote holt Hildebrands ganzen Flügel zurück hierher: es muß die Straße nach Rom um jeden Preis gehalten werden. Teja ist, wie ich erfahren, schon mit seinem Flügel im Gefecht -: Deckung des Abzugs nach Süden -: das ist die letzte Hoffnung.» Und das Bewußtsein verging ihm.
Graf Thorismut aber sprach: «Ich halte Taginä mit meinen Speerträgern bis auf den letzten Mann. Reiter kommen mir nicht herein: die Perser nicht und die Langobarden nicht: ich decke dem König Leben und Rücken, solang ich eine Hand heben mag. Schafft ihn weiter zurück -: auf die Berge dort, ins Kloster - aber rasch! -: Denn schon naht dort, aus dem Südtor von Caprä, die Entscheidung -: des Narses Fußvolk, und seht dort -: Cethegus der Präfekt mit den Isauriern. Caprä und unsere Schützen sind verloren.»
Und so war es.
Wisand hatte, dem Befehle gemäß, Caprä nicht verteidigt, sondern Cethegus und Liberius eindringen lassen: erst als sie darin waren, begann der Straßenkampf und bedrohte zugleich die Langobarden-Reiter auf der Straße, indem er eine Tausendschaft gegen sie aus dem Südtore schickte.
Aber da der Angriff der Perser auf dem Hinterhalt die Goten traf, nicht die Langobarden, da jene, Alboin und Furius vereint, die wenigen Gotenreiter vernichteten oder zerstreuten und der Angriff der Speerträger von Taginä her ausblieb, wurden die gotischen Schützen zuerst in Caprä selbst, dann auf der flaminischen Straße zwischen Caprä und Taginä von der furchtbaren Übermacht rasch erdrückt.
Verwundet entkam, wie durch ein Wunder, Wisand nach Taginä und meldete dort die Vernichtung der Seinen. Des Narses Sänfte wurde nach Caprä eingetragen: und der Sturm der
Illyrier auf Taginä begann. Graf Thorismut widerstand heldenhaft: er focht, den Goten den letzten Ausweg zu decken.
Bald wurde er durch Tausendschaften von Hildebrands in Eile herangezogenem Flügel verstärkt, während den größten Teil seiner Truppen der alte Waffenmeister südlich hinter Taginä herum auf die Straße nach Rom führte.
Eben als der Sturm auf Taginä beginnen sollte, traf Cethegus auf Furius und Alboin, die sich von ihren Stößen erholt hatten. Cethegus hatte das allentscheidende Eingreifen des Korsen erfahren. Er schüttelte ihm die Hand.
«Siehe da, Freund Furius: endlich doch auf der rechten Seite -gegen den Barbarenkönig.»
«Er darf nicht lebend entkommen», knirschte der Korse.
«Was? Wie? Er lebt noch? Ich denke - er fiel?» forschte Cethegus hastig.
«Nein, sie haben ihn noch herausgehauen, den Wunden.»
«Er darf nicht leben», rief Cethegus, «du hast recht! Das ist wichtiger, als Taginä erobern. Diese Heldentat kann Narses von der Sänfte aus vollbringen. Sie sind siebzig gegen sieben. Auf, Furius: wozu stehen deine Reiter hier müßig?»
«Die Gäule können nicht die Mauern hinaufreiten.»
«Nein, aber schwimmen können sie. Auf, nimm du dreihundert, gib mir dreihundert. Zwei Wege führen links und rechts vom Städtlein über - nein! die Brücken haben sie abgebrochen - also: durch den Clasius und durch die Sibola - laß ihn uns verfolgen. - Gewiß ist der wunde König... - kann er noch kämpfen?»
«Schwerlich.»
«Dann ist er über Taginä geflüchtet worden - nach Rom oder -
»
«Nein, zu seiner Braut!» rief Furius: «Gewiß zu Valeria ins Kloster. Ha, in ihren Armen will ich ihn erdolchen! Auf, ihr
Perser, folgt mir. Dank, Präfekt! Nimm Reiter, soviel du willst. Und reite du rechts. Ich reite links um die Stadt: denn zwei Wege führen nach dem Kloster.» Und schon war er, links abschwenkend, verschwunden.
Cethegus redete den Rest der Reiter persisch an und befahl ihnen, ihm zu folgen. Dann ritt er zu Liberius heran und sprach: «Ich fange den Gotenkönig.» - «Wie? Er lebt noch? Dann eile.»
«Nimm du einstweilen dies Taginä», fuhr Cethegus fort: «ich lasse dir meine Isaurier.» Und er sprengte mit Syphax und dreihundert Persern, rechts umschwenkend, davon.
Einstweilen hatten den wunden König die Freunde durch Taginä hinaus in ein kleines Piniengehölz an der Straße gebracht, wo er aus einer Quelle trank und sich etwas erholte. «Julius», mahnte er, «reite hinauf zu Valeria. Sag' ihr, diese Schlacht sei verloren: aber nicht das Reich, nicht ich, nicht die Hoffnung. Ich reite, sowie ich mich gekräftigt, hinauf nach der Spes bonorum: in jene feste hohe Stellung habe ich Teja und Hildebrand beschieden nach Lösung ihrer Aufgaben. Geh, ich bitte, tröste die Geliebte und bringe sie selbst aus dem Kloster dorthin. Du willst nicht? Dann reit' ich selbst den steilen Weg ins Kloster: nimm mir das doch ab.»
Nicht gern schied Julius von dem Wunden.
«O hebe mir Helm und Mantel ab: sie sind so schwer», bat dieser, Julius löste ihm beide.
Achtunddreißigstes Kapitel
Da durchzuckte den Mönch ein Gedanke: hatten sie nicht schon einmal die Gewande getauscht, die Dioskuren? Und hatte er nicht schon einmal den Mordstahl dadurch von Totila auf sich gezogen? Und nun kam ihm blitzschnell: - wenn sie verfolgt wurden? - denn ihm war, als höre er Rosse eilend nahen, und Aligern - Adalgoth hielt des Königs Haupt in seinem Schoß -war an den Waldeingang geeilt, zu spähen. «Ja: sie sind's», rief dieser jetzt zurück: «persische Reiter nahen von zwei Seiten dem Wald.»
«Dann eile, Julius», bat Totila, «rette Valeria auf das feste Grab zu Teja.»
«Ja, ich eile, mein Freund! Auf Wiedersehn!» Und er drückte ihm nochmal die Hand. Dann bestieg er den Rappen Pluto: - er wählte das verwundete Roß, dem Freund das eigne, noch unversehrte überlassend. Rasch setzte er, ungesehen von Totila, den Schwanenhelm aufs Haupt, warf den weißen, blutbespritzten Mantel um und sprengte aus dem Walde gegen die Klosterhöhe. «Dieser Weg», sagte er sich, «ist ganz offen und ungedeckt, dagegen der des Königs nach dem Grab geht durch Wald und Weinberge. Vielleicht gelingt es, die Verfolgung auf mich und von ihm abzuziehen.»
Und in der Tat, kaum war er aus dem Gehölz ins Freie gelangt und begann, bergan zu reiten, als er sah, wie die Reiter, die um Taginä herumgeschwenkt waren, ihm eifrig folgten. Um so lang als möglich die Verfolger von dem König abzulenken, so spät als möglich erst die Erkennung des Irrtums herbeizuführen, trieb er sein Roß zu höchster Eile. Aber der Rappe war wund: und es ging sehr steil einen steinigen Hang hinan. Näher und näher brausten die Verfolger.
«Ist er's?» - «Ja, er ist's.» - «Nein, er ist's nicht. Er ist zu klein», sagte der Führer, der als der vorderste ritt. «Und sollte er ganz allein fliehen?» - «Das wäre freilich das klügste, was er tun könnte, zu entkommen», meinte der Führer. «Freilich ist er's, der
Вы читаете Ein Kampf um Rom