durchrennend, in die Mauerbresche gesprungen war, bis man, über ihn hinweg, in die Stadt drang.»
«Wie hieß er?» forschte Cethegus eifrig, «hoffentlich Graf Teja?»
«Nein, Graf Thorismut. - Als wir halbwegs fertig waren mit der Blutarbeit und Narses sich in die Stadt tragen lassen wollte, da traf ihn, im Tore von Taginä, als Bote von unserem linken Flügel der nicht mehr besteht! - gotische Herolde ritten mit ihm - der verwundete Zeuxippos.»
«Wer hat -?»
«Er, den du vorhin nanntest: - Graf Teja! Er übersah oder erfuhr, daß der Seinen Mitteltreffen schwer bedroht, der König verwundet sei: da, erkennend wohl, daß er viel zu spät kommen würde, die Entscheidung bei Taginä zu wenden, faßte er einen kühnen, einen verzweifelten Entschluß. Er warf sich plötzlich aus seiner abwartenden Ruhe von den Bergen auf unsern linken, ihm entgegenstehenden Flügel, der langsam gegen ihn bergan rückte, schlug ihn im ersten Anlauf, verfolgte die Fliehenden ins Lager und nahm dort Zehntausend der Unsern, darunter meinen Orestes, Zeuxippos und alle Führer gefangen. Er schickte Zeuxippos, gebunden, mit gotischen Herolden, die Wahrheit zu bestätigen, und forderte sofortigen Waffenstillstand auf vierundzwanzig Stunden.»
«Unmöglich!» rief Cethegus.
«Sonst habe er geschworen, alle zehntausend Gefangenen, -samt den Feldherren! - zu töten.»
«Gleichviel», meinte der Präfekt.
«Dir mag es gleichviel sein, Römer: was liegt dir an einer Myriade unserer Truppen? Aber nicht so Narses. Die furchtbare Überraschung, die schrecklichere Notwendigkeit der Wahl erschütterte ihn bis ins Mark: ein arger Anfall seiner Krankheit warf ihn nieder, mir reichte er sinkend noch den Feldherrnstab, und ich, natürlich, nahm den Vorschlag an»
«Natürlich: Pylades muß den Orestes retten», zürnte Cethegus.
«Und zehntausend Mann des kaiserlichen Heeres.»
«Mich bindet der Vertrag nicht», rief Cethegus, «ich greife wieder an». - «Das darfst du nicht! Teja hat seine Gefangenen größtenteils und alle Feldherren als Geiseln mitgeführt: - er schlachtet sie, fliegt noch ein Pfeil.»
«Er schlachte sie! Ich greife an.»
«Sieh zu, ob dir die Byzantiner folgen. Sofort habe ich deinen Scharen des Narses Befehl mitgeteilt. Denn ich bin jetzt Narses.»
«Des Todes bist du, sowie Narses zu sich kommt.»
Aber Cethegus erkannte, daß er mit seinen Söldnern allein den Goten nichts anhaben konnte, die nun (nachdem sich Teja mit seinen Gefangenen auf den Kloster- und den Kapellenhügel und die flaminische Straße zurückgezogen und auch Hildebrands Flügel mit nicht allzu schweren Verlusten diese Straße erreicht: - anfangs hatten die beiden Flüsse, dann der verkündete Waffenstillstand die Verfolgung durch Johannes gehemmt -) die Reste ihrer Truppen, die beiden Flügel, in eine feste Stellung versammelt hatten.
Sehnsüchtig harrte Cethegus auf die Herstellung des Narses, der, so hoffte er, den von seinem Stellvertreter geschlossenen Vertrag nicht anerkennen würde.
Vierzigstes Kapitel
Inzwischen hatten Teja und Hildebrand von beiden Flügeln her den Kapellenhügel des Numa erreicht, wohin, wie ihnen gemeldet war, der verwundete König gebracht worden. Nachricht von den späteren Vorgängen hatte sie noch nicht erreicht.
Noch außerhalb der Umwallung des Kapellenbaus hatten sich beide Führer über den Plan geeinigt, den sie dem König vorschlagen wollten: gab es doch keinen andern Ausweg als schleunigen Rückzug gen Süden unter dem Schutz des Waffenstillstands.
Aber als sie nun in das Innere des ummauerten Haines traten -welcher Anblick bot sich ihnen dar!
Laut aufschluchzend eilte Adalgoth Teja entgegen und führte ihn an der Hand an den efeuumgrünten Sarkophag des Numa.
In diesem lag auf seinem Schilde König Totila: die ernste Majestät des Todes verlieh den edeln Zügen eine Weihe, die schöner war, als je der Schimmer der hellen Freude auf diesem herrlichen Antlitz gestrahlt hatte.
Links von ihm ruhte, in der längst von dem Sarkophag gelösten, gewölbten Deckelplatte, Julius: - die Ähnlichkeit der Dioskuren trat nun, unter dem gemeinsamen Schatten des Todes, wieder ergreifend hervor.
In der Mitte aber der beiden Freunde war auf des Königs blutüberströmtem weißen Mantel von Gotho und Liuta eine dritte Gestalt gebettet worden: auf einem sanft erhöhten Hügel, das edle Haupt an der Zisterne Rand gelehnt, lag Valeria, die Römerin.
Entboten von dem nahe gelegenen Kloster, den verwundeten Geliebten in Empfang zu nehmen, hatte sie sich, ohne Seufzer, ohne Wehegeschrei, über den breiten Schild geworfen, auf welchem Adalgoth und Aligern ihn langsam, feierlichen Schrittes, durch die Mauerpforte trugen.
Ehe noch einer der beiden gesprochen, rief sie: «Ich weiß es: -er ist tot.»
Sie hatte noch geholfen, die schöne Leiche in dem Sarkophag des Numa beizusetzen. Dazu hatte sie, ohne Träne, mit leiser Stimme, vor sich hingesprochen:
«Siehest du nicht, wie schön von Gestalt, wie schimmernd Achilleus? Dennoch harret auch seiner der Tod und das dunkle Verhängnis, Wenn auch ihm in des Kampfes Gewühl das Leben entschwindet, Ob ihn ein Pfeil von der Sehne dahinstreckt oder ein Wurfspeer. Doch mir sei dann vergönnt, in die Schatten zu tauchen des Todes.»
Dann zog sie ruhig, langsam, ohne Hast, den Dolch aus seinem Gürtel, und mit den Worten: «Hier, strenger Christengott, nimm meine Seele hin! So lös' ich das Gelübde», stieß sich die Römerin den scharfen Stahl ins Herz.
Cassiodor, ein kleines Kreuz von geweihtem Zedernholz in der Hand, schritt betend, tief erschüttert - Tränen rieselten über das ehrwürdige Antlitz in den weißen Bart - von einer der drei Leichen zu der andern.
Und leise stimmten die frommen Frauen des Klosters, die Valeria begleitet hatten, zu feierlicher, einfacher Weise den Choral an:
Vis ac splendor seculorum, Belli laus et flos amorum Labefacta mox marcescunt: - Dei laus et gratia sine Aevi termino vel fine In eternum perflorescunt.
(Bald in Asche muß vergehen, Was wir stark, was lieblich sehen, Aller Stolz und Schmuck der Zeit: - Gottes Gnade sonder Wanken, Gottes Liebe sonder Schranken Walten fort in Ewigkeit.)
Allmählich hatte sich der Hain mit Kriegern gefüllt, die den Führern, darunter den Grafen Wisand und Markja, vermöge der Waffenruhe unbehindert, gefolgt waren.
Schweigend hatte Teja des weinenden Adalgoth Bericht mit angehört. Nun trat er an des Königs Leiche dicht heran.
Schweigend, ohne Träne, legte er die gepanzerte Rechte auf des Königs Wunde, beugte sich über ihn und flüsterte dem Toten zu: «Ich will's vollenden.»
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