Brigg kleben zu bleiben?. Ohne ihn wäre der »James-Cook« jetzt seines Kapitäns und seiner Mannschaft entledigt, und heute steuerte er schon lustig aufs Meer nach Osten hinaus. hinaus mit einer guten Ladung für die Tonga- oder die Fidschiinseln.
- Ach, das sind ja alles nur leere Worte! bemerkte Flig Balt.
- Nun ja, man erleichtert sich das Herz doch so gut man kann, antwortete Vin Mod.
- Vor allem haben wir zu überlegen, erwiderte der Bootsmann, ob die Anwesenheit des Reeders und Nat Gibsons uns nicht zwingt, auf unser Vorhaben zu verzichten.
- Nimmermehr! rief Vin Mod. Eine solche Melodie pfeifen die anderen nicht mit! Len Cannon und seinen Kameraden wäre es in Wellington recht gut möglich gewesen, zu desertieren, wenn sie geglaubt hätten, daß die Brigg ruhig nach Hobart-Town zurückkommen sollte. Sie wollen unbedingt nur noch für eigene Rechnung, nicht für die des Reeders Hawkins fahren!
- Das sind alles nur leere Worte, wiederhol' ich dir, sagte Flig Balt, mit den Achseln zuckend. Können wir denn hoffen, daß sich noch eine passende Gelegenheit finden wird?.
- Natürlich. natürlich! erklärte Vin Mod, der schon hitzig wurde, als er die Entmutigung des Bootsmannes sah, natürlich, und die soll nicht unbenützt bleiben. Ist es nicht heute, nun dann morgen. oder noch später. in den Gewässern von Papuasien. dort, zwischen den Inselgruppen, wo uns keine Polizei auf den Fersen sitzt! Denke dir doch einfach: der
Reeder und ein paar andere erscheinen eines Morgens nicht wieder an Bord. kein Mensch weiß, was aus ihnen geworden ist. die Brigg segelt ab. fertig! Nicht wahr?«
Vin Mod, der mit gedämpfter Stimme sprach, zischte sozusagen diese verbrecherischen Pläne Flig Balt ins Ohr. Entschlossen, dabei zu verharren und es aufs äußerste ankommen zu lassen, konnte er einen schrecklichen Fluch nicht unterdrücken, als der Bootsmann ihm zum dritten Male die wenig ermutigende Antwort gab:
»Leere Worte. alles nur leere Worte!«
Vin Mod schleuderte ihm dafür nochmals einen greulichen Fluch ins Gesicht, der diesmal aber auch im Inneren des Deckhauses gehört wurde. Gibson erhob sich vom Tische und erschien in der nach dem Hinterdeck führenden Tür.
»Was gibt es denn hier?
- Ach nichts, Herr Gibson, antwortete Flig Balt, Vin Mod wäre nur durch eine stärkere Schwankung des Schiffes beinahe zu Boden geworfen worden.
- Ich glaubte schon, über die Reling hinauszufliegen, setzte der Matrose hinzu.
- Nun ja, bei dem starken Winde steht eine grobe See, sagte Gibson, nachdem er mit flüchtigem Blicke die Besegelung der Brigg gemustert hatte.
- Die Brise läuft mehr nach Osten um, bemerkte Flig Balt.
- Jawohl, halten Sie etwas ab, Vin Mod. Wir können uns ohne Gefahr dem Lande etwas mehr nähern.«
Nach Ausführung dieses Befehles begab sich Gibson ins Deckhaus zurück.
»Ah, murmelte Vin Mod, wenn du jetzt den 'James-Cook' kommandiertest, würden wir eher anluven, statt abzuhalten.
- Ja, ich bin aber einmal nicht der Kapitän, antwortete Flig Balt und wendete sich dem Vorderdeck zu.
- Er wird's aber noch werden, sagte Vin Mod für sich, er muß es später sein und sollte ich deswegen gehängt werden!«
Im Laufe dieses Tages zeigten sich weniger Walfische als am Tage vorher, womit sich wohl auch die geringe Zahl der Walfänger in der hiesigen Gegend erklärte. Jetzt stellt man den Tieren mehr längs der Ostküste nach, vorzüglich bei Akaroa und seewärts von der Bai der Inseln von Tawai-Pounamou. Das Meer war aber keineswegs ganz verlassen. Unter dem Schutze des Landes segelte eine Anzahl Küstenfahrer durch die Taranakibai oder mehr draußen davon hin.
Am Nachmittage kam der »James-Cook«, noch immer von recht steifer Brise getrieben und nachdem er den zweitausend Fuß hohen Gipfel des Whare-Orino, der bis ans Meer heranreicht, aus dem Gesicht verloren hatte, vor den Häfen von Kawhia und Aotea vorüber, in die eben eine Flottille von Fischerfahrzeugen einsegelten, da sie sich bei dem starken Seegange draußen nicht mehr halten konnten.
Gibson mußte auch in die Focksegel Reffe einziehen lassen und behielt nur das Fock- und das Großsegel, sowie ein Klüversegel bei. Wurde das Meer noch aufgeregter und verwandelte sich der Wind zum Sturm, so konnte er für die Nacht noch immer Schutz suchen, da sich das Schiff gegen sechs Uhr Abends vor der Einfahrt nach Auckland befinden mußte. Er zog es also vor, jetzt nicht aus seinem Kurse abzuweichen.
Mußte der »James-Cook« wirklich vor dem gar zu groben Seegange Zuflucht suchen, so fand er sie leicht bei Auckland. Die Bai, deren Hintergrund die Stadt einnimmt, ist eine der sichersten in dieser Gegend des Großen Ozeans. Hat ein Schiff hier einmal den etwas beschränkten Eingang zwischen den Klippen von Parera und dem sogenannten »Manukanhasen« hinter sich, so schwimmt es im Innern einer von allen Seiten trefflich geschützten Reede. In den eigentlichen Hafen braucht es da gar nicht einzulaufen; diese Reede genügt, und darauf liegen auch häufig zahlreiche Fahrzeuge ganz sicher vor Anker.
Bei den vielen Vorteilen, die die Stadt dem Handelsverkehr bietet, ist es nicht zu verwundern, daß sie sich in kurzer Zeit zu großer Bedeutung aufgeschwungen hat. Mit Einschluß ihrer angrenzenden Vororte zählt sie schon fast sechzigtausend Seelen. Ihre Lage - sie steigt auf den Hügeln der Südseite der Bai empor - ist überraschend schön. Durchsetzt von schönen Squares und Gärten mit den Kindern der Tropenflora, mit ihren breiten, sauberen Straßen, die mit Hotels und Läden vielfach besetzt sind, könnte sie den Neid Dunedins und Wellingtons herausfordern.
Hätte sich Gibson jetzt in ihren Hafen geflüchtet, so würde er hunderten von ein- und auslaufenden Schiffen begegnet sein. Hier im nördlichen Teile Neuseelands machte sich der Zug nach den Goldgruben weniger bemerkbar als im mittleren Teile von Ika-na-Maoui und vorzüglich in den Bezirken von Tawai-Pounamou. Hier hätte sich die Brigg auch leicht der in Dunedin angemusterten Leute entledigen und sie durch vier oder fünf Matrosen ersetzen können, da hier solche immer infolge des Aufliegens mancher Schiffe zu finden sind. Es war auch kaum zweifelhaft, daß der Kapitän, der Len Cannon und dessen Kameraden nur sehr gering schätzte, das tun würde, natürlich zum großen Bedauern Flig Balts und Vin Mods, wenn die Brigg überhaupt bei Auckland vor Anker ging. Zur Vermeidung jedes neuen Zeitverlustes hielt es Gibson jedoch für richtiger, die Nacht über bei verkleinerter Segelfläche weiter zu fahren. Zuweilen ließ er sogar soweit beidrehen, daß er den aus Westen heranstürmenden Wellen gerade entgegen lag und sich damit etwas von der Küste entfernte, deren Leuchtfeuer ihm zu nahe an Steuerbord zu sein schienen.
Kurz, der »James-Cook« hielt sich vorzüglich, dank dem geschickten Seemanne, der ihn führte. Weder am Rumpfe noch am Mastwerk erlitt er irgend eine ernsthaftere Beschädigung.
Am nächsten Tage, am 2. November, wo der Wind mäßiger und das Meer etwas ruhiger wurde, kam die Brigg ziemlich weit draußen vor einer anderen Reede vorüber, die noch größer als die von Auckland war: an der Reede von Kaipara, in deren Hintergrunde der Port Albert angelegt ist.
Nach weiteren vierundzwanzig Stunden war die Brigg - der Wind war inzwischen fast gänzlich abgeflaut - an den Höhen des Manganni-Bluff, der Hokiangabucht, an der Beefspitze und dem Kap Van Diemen nach einer Fahrt von siebzig bis achtzig Seemeilen vorübergekommen. Von hier aus
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