- Verstanden.
- Und ihr?.
- Von Amboine in den Molukken.
- Gute Reise gehabt?
- Sehr gute, doch eine Mitteilung: In Amboine ist man sehr beunruhigt wegen der Goelette 'Wilhelmina' aus Rotterdam, die, von Auckland ausgesegelt, schon seit einem Monate angekommen sein müßte. Ihr habt wohl nichts von ihr gehört?
- Nein. gar nichts.
- Ich bin ziemlich westlich durch das Korallenmeer gefahren, meldete der Kapitän Foucault weiter, bin ihr da aber nicht begegnet, und ihr habt sie doch wohl auch nicht gesehen?
- Nein, antwortete Gibson.
- Wollt ihr mit östlichem Kurse nach Neuirland segeln?
- Das ist unsere Absicht.
- Möglicherweise ist die 'Wilhelmina' nur durch einen Sturm weit aus ihrem Kurs verschlagen worden.
- Das könnte wohl sein.
- Wir ersuchen euch also, bei der weiteren Fahrt etwas acht darauf zu haben.
- Daran soll's nicht fehlen.
- Und nun, glückliche Reise, Kapitän Gibson.
- Glückliche Reise, Kapitän Foucault.«
Eine Stunde später steuerte der »James-Cook«, der den Dampfer aus dem Gesicht verloren hatte, nach Nordnordwesten auf die Insel Norfolk zu.
Sechstes Kapitel.
In Sicht der Insel Norfolk
Ein auf drei Seiten fast regelmäßiges Viereck, dessen Küste an der vierten sich abrundet, aufsteigt und nach Nordwesten zu diese Regelmäßigkeit unterbricht; an den Ecken die Howes-, Nord-Est-, Rocs- und die Rockyspitze, mehr auf einer Seite einen Pik, den Pitt-Mount, dessen Gipfel etwa in elfhundert Fuß Höhe liegt: das ist die geometrische Gestalt der Insel Norfolk, die in dieser Gegend des Großen Ozeans unter 29°2' südlicher Breite und 168° östlicher Länge von Greenwich zu suchen ist.
Die Insel hat nur einen Umfang von sechs Lieues (etwas über dreiundzwanzig Kilometer) und ist, wie alle ihresgleichen in diesem weiten Meeresteile, mit einem Korallenring umgeben, der sie ebenso wie eine Mauer eine Festung schützt. Die Wogen des Meeres werden niemals ihre aus gelblicher Kreide bestehende Unterlage abnagen, die schon eine leichte Brandung allmählich zerstören müßte, denn auch der schwerste Seegang bricht sich an den Korallenfelsen, ohne die Insel zu erreichen. Das Anlaufen Norfolks bereitet den Schiffen auch viele Schwierigkeiten, da sie sich dazu durch enge, gefährliche Wasserstraßen fast zwängen müssen, durch Zugänge, worin es an Strömungen und Wirbeln obendrein nicht fehlt. Einen eigentlichen Hafen hat Norfolk überhaupt nicht. An seiner Südseite und der Sydneybucht waren Gefangenanstalten errichtet, und durch ihre vereinsamte Lage, die Schwierigkeit, daran zu landen, und die Schwierigkeit, daraus wegzukommen, scheint die Insel wirklich von der Natur zu einem Gefängnis bestimmt zu sein.
Hier sei auch noch bemerkt, daß die erwähnten Korallenriffe sich im Süden noch sechs bis sieben Lieues von der Küste aus nach den kleinen Inseln Nepcan und Philips zu erstrecken, die noch zur Norfolkgruppe gerechnet werden.
Trotz seiner beschränkten Ausdehnung ist Norfolk ein reiches Stückchen Land unter dem britischen Kolonialbesitze. Als Cook die Insel 1774 entdeckte, erstaunte er nicht wenig über die wunderbare Vegetation, die sich hier bei dem milden und doch warmen Tropenklima entwickelt hatte. Der Anblick erinnerte an einen Blumenkorb aus den Gefilden Neuseelands, den man, mit den dortigen
Am Nachmittage meldete ein Wachhabender eine Höhe, die im Nordosten von der Brigg sichtbar wurde. Es war das der Gipfel des Pitt-Mount, und gegen fünf Uhr lag das Schiff dem nordöstlichen Ausläufer der Insel Norfolk gegenüber.
Während der Fahrt hierher hatte Gibson diesen Teil des Großen Ozeans sorgfältig im Auge halten lassen. Auf dem Wege des »James-Cook« hatte sich aber keine Spur von Trümmern gezeigt, und das Schicksal der holländischen Goelette »Wilhelmina« blieb also nach wie vor in Dunkel gehüllt.
Je tiefer die Sonne hinter den Höhen der Insel hinabsank, desto mehr legte sich der Wind. Das Meer nahm fast ein milchiges Aussehen an und kein Streifchen zeigte sich mehr auf seiner nur von einer langen Dünung bewegten Oberfläche.
Bei Anbruch des Tages befand sich die Brigg sicherlich noch in Sicht der Insel. Sie lag jetzt nur noch zwei Seemeilen von ihr entfernt und vermied vorsichtigerweise eine weitere Annäherung, da hier gefährliche Korallenbänke an manchen Stellen sehr weit hinausreichen. Der »James-Cook« lag übrigens fast ebenso still, als wenn er von seinen Ankern gehalten wäre. Keine Strömung trug ihn weiter, und in großen Falten hingen die Segel an den Raaen. Erhob sich wieder eine Brise, so brauchte man sie nur fallen zu lassen, um Fahrt zu machen.
Gibson und seine Passagiere konnten also bei völlig dunstfreiem Himmel einen außerordentlich schönen Abend genießen.
Nach dem Essen nahmen Hawkins, der Kapitän und der junge Gibson auf dem Hinterdeck Platz.
»Da sitzen wir nun in der schönsten Windstille, sagte Gibson, und ich sehe leider auch nirgends ein Zeichen, das auf zu erwartenden Wind deutete.
- Meiner Ansicht nach wird das ja nicht lange dauern, bemerkte Hawkins.
- Und warum? fragte der Kapitän.
- Weil wir jetzt nicht mitten in der warmen Jahreszeit sind, Gibson, und der Stille (oder Große) Ozean steht nicht in dem Rufe, den Namen zu rechtfertigen, den man ihm etwas eilfertig gegeben hat.
- Das ist schon richtig, lieber Freund. Immerhin werden die Schiffe auch zur jetzigen Jahreszeit meist mehrere Tage von einer solchen Windstille zurückgehalten, und dem »JamesCook« wird es nicht besser ergehen, verlaß dich darauf.
- Zum Glück, erwiderte der Reeder, beherbergt die Insel Norfolk jetzt nicht, wie früher, eine Bevölkerung von Raubgesindel. sonst wäre es nicht gerade erwünscht, in deren Nachbarschaft zu liegen.
- Ja freilich, dann hieße es, scharf Wache halten.
- In meiner Kindheit, fuhr Hawkins fort, hab' ich von diesen Tollköpfen reden hören, die keine Strafe, keine noch so strenge Kerkerzucht zur Vernunft zu bringen vermochte, so daß die Regierung zu dem Entschlusse kam, sie nach der Insel Norfolk zu deportieren.
- Und da waren sie gut aufgehoben, fiel Nat Gibson ein, einerseits streng bewacht und andererseits verhindert, von einer Insel zu entfliehen, die von Schiffen kaum angelaufen werden konnte.
- Streng bewacht. ja, das waren sie, junger Freund, auch eine Flucht war sehr schwierig auszuführen. Solchen Verbrechern aber, die einmal vor nichts zurückschrecken, ist, wenn die Wiedererlangung ihrer Freiheit in Frage kommt, alles möglich, selbst das, was fast unmöglich erscheint.
Вы читаете Die Gebrüder Kip