Herrn Hamburg ein, wo halb sieben Uhr gegessen werden sollte. Der Kapitän, der noch mit Erledigung der letzten Formalitäten an Bord zurückgeblieben war, konnte sich vor diesem Zeitpunkte nicht einstellen. Er brachte dann den Betrag von zweitausend Goldplastern mit, um die Rechnung für das nun im Raum des »James-Cook« verladene Frachtgut zu begleichen.

In der Zwischenzeit besichtigten die Gäste des Gouverneurs dessen sorgsam unterhaltene Besitzung, die wohl eine der schönsten auf Kerawara war. Nat Gibson machte einige photographische Aufnahmen von der Wohnung und ihrer terrassenförmigen Umgebung. Über das Waldesdickicht hinaus reichte der Blick von hier aus bis zum Meere. Im Nordwesten erhob sich das äußerste Vorgebirge der großen Insel Ulu, im Westen der letzte Landvorsprung der kleinen Insel Kabokon, jenseit der die Sonne hinter dem mit Purpurwolken gesäumten Horizonte herabsank.

Als es halb sieben Uhr geworden war, war der Kapitän noch nicht erschienen.

In Erwartung seines Eintreffens verweilten Herr Hamburg und seine Gäste noch im Garten.

Der Abend war herrlich und die Luft erfrischend abgekühlt durch den Wind, der sich gegen die Nacht hin immer zu erheben pflegte. Alle atmeten mit Wollust den köstlichen Duft der Orangen im Garten des Hauses.

Inzwischen verstrich die Zeit. Auch um sieben Uhr hatte sich Gibson noch nicht eingefunden.

»Mein Vater wird im letzten Augenblick noch aufgehalten worden sein, meinte Nat Gibson. Anders kann ich mir sein Ausbleiben nicht erklären.

- Sollte er sich nicht erst noch nach Ihrem Kontor begeben haben, Herr Hamburg? fragte der Reeder.

- Jawohl, doch nur, um seine Schiffspapiere in Empfang zu nehmen.

- Das hat doch einige Zeit beanspruchen können.

- Nur Geduld, meine Herren, es sind kaum dreißig Minuten über die verabredete Zeit.«

Als aber eine Stunde verflossen war, wurden Hawkins, Zieger und Nat Gibson doch allmählich unruhig.

»Sollte sich Gibson, bemerkte Zieger, auf dem Wege verirrt haben?

- Das ist fast unmöglich, antwortete Hamburg. Der Fußpfad verläuft ganz gerade, und er kennt ihn, denn er ist schon mehrmals in meiner Wohnung gewesen.

- Was meinen Sie: wenn wir nun meinem Vater entgegengingen? schlug Nat Gibson vor.

- Ja, das wollen wir tun,« sagte Hawkins.

Herr Hamburg rief einen Diener herbei, der eine Laterne mitnahm, und begleitet von seinen Gästen machte er sich nach dem Walde zu auf den Weg.

Unter dem dichten Laube, das ein völliges Dach über dem Pfade bildete, herrschte bereits tiefe Dunkelheit.

Alle lauschten, ob sich vom Hafen her Schritte vernehmen ließen.

Nichts. gar nichts war zu hören.

Man rief laut.

Keine Antwort.

Dieser Teil des Waldes schien gänzlich vereinsamt zu sein. Nach Zurücklegung einer halben Seemeile gelangten alle auf den Hauptplatz von Kerawara.

Aus der erleuchteten, großen Schenke schallte das Gröhlen übermütiger Trinkgenossen heraus. War ein Teil der Mannschaft der Brigg auch schon an Bord der Brigg zurückgekehrt, so saßen doch noch einige der Matrosen an einem Tische der Taverne, darunter Len Cannon mit seinen Kameraden.

Pieter und Karl Kip hatten nach der Heimkehr von ihrem Spaziergange auf dem Hinterdeck des »James-Cook« Platz genommen.

Kurz vor ihnen hatten sich auch schon Flig Balt und Vin Mod nach kaum einstündiger Abwesenheit an Bord zurückbegeben.

Am Kai angelangt, rief Nat Gibson mit ängstlicher Stimme:

»Wo ist denn der Kapitän?.

- Der Kapitän, Herr Gibson? antwortete Vin Mod. Ist er denn nicht bei Herrn Hamburg?

- Nein, erwiderte der Gouverneur.

- Er verließ aber die Brigg, um sich zu Ihnen zu begeben, erklärte der Matrose Burnes.

- Und ich habe ihn den Weg dahin einschlagen sehen setzte Hobbes hinzu.

- Seit wann ist er denn fortgegangen? fragte Herr Zieger.

- Etwa seit einer Stunde, antwortete Vin Mod.

- Sollte ihm ein Unfall zugestoßen sein?« rief Hawkins erregt.

Darauf zerstreuten sich seine Gefährten und er in den Straßen des Hafenortes, gingen von Kontor zu Kontor, suchten alle Gasthäuser ab.

Nirgends hörte man, daß der Kapitän dagewesen sei.

Jetzt galt es, den Weg durch den Wald in seiner Umgebung zu durchsuchen.

Vielleicht war Gibson jetzt doch auf einem Umwege nach der Wohnstätte des Gouverneurs gekommen.

Die Mühe erwies sich vergeblich. Nach mehreren Stunden mußten Hamburg, Zieger, Hawkins, Nat Gibson und die Gebrüder Kip, die sich auch bei der Nachsuchung beteiligt hatten, unverrichteter Sache an Bord zurückkehren.

Mit welcher Herzensangst verbrachten alle diese Nacht! Der Kapitän erschien nicht wieder. Der Pfad zwischen dem Hafen und der Wohnung des Herrn Hamburg wurde noch mehrmals mit Laternen und Fackeln abgeleuchtet. von Harry Gibson fand sich keine Spur.

Nat Gibson war eine Beute der Verzweiflung, und Hawkins, dem die Sache ebenso nahe ging, vermochte es nicht, den jungen Mann zu beruhigen, der seinen Vater niemals wiederzusehen befürchtete.

Diese Ahnung täuschte ihn nicht.

Bei Tagesanbruch verbreitete sich wie ein Lauffeuer die Meldung, daß der Leichnam des Kapitän Gibson eine halbe Seemeile vom Hafen im Walde gefunden worden sei.

Dreizehntes Kapitel.

Der Mord

Über das Ereignis verlautete das folgende:

Sobald der Kapitän Gibson die letzten Anordnungen getroffen hatte, damit der »James-Cook« am nächsten Morgen frühzeitig zur Abfahrt bereit wäre, hatte er das Schiff verlassen und sich nach dem Kontore begeben.

Eine kleine Ledertasche, die er bei sich trug, enthielt in Goldstücken die zweitausend Piaster, die er an Herrn Hamburg auszahlen wollte.

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