Schiffe Stellung oder wollten sie eine Zeitlang auf dem Lande bleiben? Jedenfalls schien es, als ob gerade die beiden genannten sich nicht von einander trennen könnten, denn stets sah man sie zusammen durch die Straßen schlendern. Karl und Pieter Kip hatten aber nicht bemerkt, daß die beiden ihnen unausgesetzt bei ihrer Aufsuchung eines Unterkommens nachfolgten.
Offenbar interessierte diese Frage die beiden Matrosen nicht wenig, und die Gebrüder Kip hätten daran gar nicht zweifeln können, wenn sie die Worte gehört hätten, die zwischen jenen wiederholt gewechselt wurden.
»Sie kommen aber auch niemals damit zu Ende. scheinen sehr anspruchsvoll in der Wahl eines Hotels zu sein, meinte Vin Mod.
- Und haben doch nichts oder nur blutwenig in der Tasche, bemerkte Bryce.
- Wenigstens wenn nicht der Kerl von Reeder - den der Kuckuck holen möge - sie ihnen frisch gefüllt.
- Oder ihnen nicht gar angeboten hat, in seinem Hause zu wohnen, fiel Bryce ein.
- Nein, davon ist keine Rede! rief Vin Mod. Ich wäre lieber erbötig, für sie, wo es immer sei, ein hübsches Zimmer mit zehn Schilling täglich zu bezahlen!«
Aus diesem Zwiegespäch Vin Mods und Bryces geht zweierlei hervor: erstens, daß ihnen viel daran lag, zu wissen, wo die Gebrüder Kip nach der Abtakelung der Brigg wohnen würden, und zweitens, daß es ihre Pläne arg durchkreuzen würde, wenn Hawkins ihnen Unterkunft in seinem eigenen Hause anböte.
Ihre Pläne?. Welche?. Offenbar hatten sie gegen Karl und Pieter Kip einen Schurkenstreich im Sinne, zu dessen Ausführung es nötig war, bei den Brüdern einzudringen.
War das im Notfalle möglich, wenn diese in einem Hotel wohnten, so erschien es kaum möglich, wenn Hawkins sie in seinem Hause aufnahm und sie bis zur Abreise daselbst blieben.
Das war also der Grund ihrer unausgesetzten Beobachtung der beiden Brüder, wobei sie sich kaum darum bekümmerten, gesehen zu werden oder nicht. Am 8. Januar sollten sie endlich ihre Wißbegier befriedigt sehen.
Am Morgen dieses Tages begleitete der Matrose Burnes, beladen mit dem vom Wrack der »Wilhelmina« geretteten
Reisesack, der alle Habseligkeiten Karl und Pieter Kips enthielt, die beiden Holländer nach einer Straße in der Nähe des Hafens.
Hier hatten diese, nicht in einem Hotel, sondern in einem sehr bescheidenen, doch sauber aussehenden Gasthofe ein einziges Zimmer im ersten Stockwerke als Wohnung gewählt.
Vin Mod konnte sich gleich danach darüber Gewißheit verschaffen, und als er mit Bryce, der ihn auf dem Kai erwartete, wieder zusammentraf, sagte er:
»Fleet street, Gasthof zum Great Old Man. nun haben wir sie!«
Zweites Kapitel.
Zukunftspläne
Das Unglück, das die Familie Gibson so grausam heimgesucht hatte, bewirkte zunächst, daß Hawkins seine früher entworfenen Pläne änderte.
Wie wir wissen, hatte sich der Reeder in der Absicht, seinen Geschäftskreis zu erweitern, nach Neuseeland begeben, um hier mit Herrn Balfour, einem in Wellington hochgeachteten Kaufmanne, noch ein neues Kontor zu begründen. Nat Gibson, der ihn auf dieser Reise begleitete, sollte neben Balfour als Teilhaber eintreten. In der nächsten Zeit gedachte man dann die Handelsbeziehungen des Hauses, besonders im BismarckArchipel, weiter auszudehnen und zu vermehren. Herr Zieger, der bei dem Aufenthalte des »James-Cook« in Tombara darum befragt worden war, wünschte nichts mehr, als mit dem neuen Kontor in Verkehr zu treten, und sicherte diesem auch laufende und umfangreiche Geschäfte zu. Eines der Schiffe der Firma Hawkins sollte dann ausschließlich zur Großen Küstenfahrt zwischen Wellington und Port-Praslin Verwendung finden.
In Wellington war es ja auch gewesen wo Harry Gibson seinen Sohn und Herrn Hawkins abgeholt hatte, um sie nach Vervollständigung seiner Fracht im Bismarck-Archipel nach Hobart- Town zurückzubringen. Nach seiner Rückkehr von Tasmanien sollte Nat Gibson dann in der Hauptstadt Neuseelands seine dauernde Stellung antreten.
Jetzt, wo der Kapitän Gibson in der geschilderten, geheimnisvollen Weise umgekommen war, konnte von der
Ausführung dieses Planes nicht mehr die Rede sein; Frau Gibson hätte sich nicht mit dem Gedanken befreunden können, von ihrem Sohne getrennt zu sein, und auch Nat Gibson hätte nicht zugestimmt, von seiner Mutter fortzugehen und sie allein in dem verwaisten Vaterhause zurückzulassen. Alle Freundschaft, alle Ergebenheit des Herrn und der Frau Hawkins hätten der trostlosen Witwe keinen genügenden Ersatz geboten. Jedenfalls mußte ihr Sohn bei ihr bleiben, damit sie sich an dessen Liebe und an der Muttersorge für ihn wieder aufrichten lernte. Der Reeder war der erste, der das einsah. Er wollte sich mit Herrn Balfour ins Einvernehmen setzen und für diesen einen anderen Geschäftsteilhaber suchen, während Nat Gibson ihn im Kontore von Hobart-Town unterstützen sollte.
»Lieber Nat, sagte er zu diesem, ich habe dich von jeher fast als eigenes Kind betrachtet, und jetzt wünsche ich, daß du das noch mehr seiest als früher. - O. ich werde meinen unglücklichen Freund niemals vergessen.
- Meinen Vater, meinen armen Vater! murmelte der junge Mann. Und nicht einmal die zu kennen, die ihn getötet haben!.«
Durch seinen Schmerz und sein Schluchzen brach immer der Durst nach Vergeltung hervor, die er nicht hatte üben können.
»Die Elenden! rief er. Man soll also niemals erfahren, wer sie sind, und der abscheuliche Meuchelmord soll voraussichtlich ungesühnt bleiben!
- Warten wir erst die nächste Post von Port-Praslin ab, antwortete Hawkins beruhigend. Vielleicht führen die Nachforschungen der Herren Hamburg und Zieger doch zu einem nichtigen Ergebnisse. Vielleicht haben sie neue Spuren und Anzeichen gefunden. Nein, ich kann nicht glauben, daß das Verbrechen unbestraft bleiben sollte.
- Und wenn die Mörder entdeckt sind, rief Nat Gibson, dann begeb' ich mich dorthin. ja, ich gehe bestimmt. und ich.«
Er konnte vor zornigem Zittern der Stimme den Satz nicht vollenden.
Bevor diese Freveltat jedoch zur Aburteilung kam - wenn das überhaupt der Fall war - mußte vor dem Seegerichte eine andere Angelegenheit - der Prozeß gegen die Meuterer vom »James-Cook« - verhandelt werden.
In seiner Eigenschaft als Kapitän der Brigg hatte Karl Kip der zuständigen Behörde seinen Bericht überliefert. Flig Balt als Rädelsführer und Len Cannon als Mittäter wurden jedenfalls zu sehr schwerer Strafe verurteilt, denn die englischen Gesetze sind ungemein streng bezüglich der Fälle dieser Art und überhaupt aller der, die die Disziplin an Bord der Handelsmarine betreffen.
Seit ihrer Einsperrung hatten die Verhafteten mit ihren Genossen keinerlei Verbindung mehr gehabt. Sexton, Kyle und Bryce sollten bei dem Strafverfahren nur als Zeugen vernommen
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