Glückwünschen des Reeders nur aufrichtig anschließen. Er hatte seine Stellung als Teilhaber des Handelshauses jetzt schon angetreten; trotz seiner Beschäftigung mit den Angelegenheiten der Firma und trotz seines unermüdlichen Fleißes konnte er die traurige Erinnerung an die Vergangenheit aber nicht überwinden. Immer stand ihm das Bild seines Vaters vor Augen, und er kam niemals nach Hause, ohne diesen mit seiner unglücklichen Mutter zu beweinen. Zu seinem Kummer kam noch der tiefe Abscheu gegen die Mörder, die niemand kannte und die wahrscheinlich nicht entdeckt würden und damit ihrer Bestrafung entgingen.

Noch am nämlichen Tage meldete sich Karl Kip, den sein Bruder begleitet hatte, zur Übernahme seiner Obliegenheiten als Obersteuermann an Bord des »Skydnam«, wo der Kapitän Fork beide aufs freundlichste empfing.

Der »Skydnam«, ein Dampfer von zwölfhundert Tonnen, machte regelmäßige Reisen zwischen Hamburg und verschiedenen Häfen der australischen Küste, wobei er Steinkohle brachte und als Rückfracht Getreide einnahm. Seine Ladung war jetzt schon seit einigen Tagen gelöscht. Vorläufig wurden mehrere kleine Ausbesserungen und Einrichtungen im Frachtraume und an dem Deckhause ausgeführt, woneben man die Kessel und die Maschine reinigte und einige Havarien an der Takelage ersetzte.

»Gewiß wird alles, versicherte der Kapitän Fork, zu Ende dieser Woche fertig sein, so daß wir dann mit der Übernahme der Fracht beginnen können. Das wird Sie schon etwas in Anspruch nehmen, Herr Kip.

- Ich werde keine Stunde, keine Minute verlieren, Herr Kapitän, antwortete der neue Obersteuermann, ich bedauere nur, meine Kabine nicht sofort beziehen zu können.

- Das begreif ich, meinte Fork. Sie sehen aber, daß wir jetzt den Handwerkern, den Tischlern und Malern, den Platz räumen müssen, und gegen zehn Tage brauchen die Leute bestimmt, ihre Arbeit zu vollenden. Vorläufig ist weder Ihre noch meine Kabine imstande uns aufzunehmen.

- Nun, das tut nichts, Herr Kapitän, erklärte Karl Kip. Ich werde mit Sonnenaufgang an Bord eintreffen und bis zum Abend dableiben. An mir soll es nicht liegen, daß der 'Skydnam' am vierundzwanzigsten oder fünfundzwanzigsten noch nicht zum Auslaufen bereit wäre.

- Ja ja, das glaub' ich, Herr Kip, sagte der Kapitän Fork. Ich überlasse das Schiff also Ihrer Obhut, und sollten Sie meiner bedürfen, so finden Sie mich meist in den Bureaux der Firma Arnemniden.«

Dieser Vereinbarung nach sollte Karl Kip also alle Tagesstunden an Bord des Dampfers zubringen.

Pieter Kip bemühte sich anderseits, in Hobart-Town Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. Er nahm sich vor, gestützt auf die Empfehlungen des Herrn Hawkins die größten Kaufleute der Stadt aufzusuchen. Eine gute Aussaat, die für die Zukunft reiche Ernte versprach.

Die Sache wegen der Meuterer vom »James-Cook« ging inzwischen ihren Gang. Der Referendar des Gerichtes bearbeitete sie nach den besonderen Vorschriften des Seegesetzbuches.

Im Hafengefängnis mit Len Cannon eingeschlossen, wurde Flig Balt doch nicht in Einzelhaft gehalten, er verkehrte vielmehr frei mit den anderen Insassen der Anstalt. Diese diente eigentlich bloß zur Unterbringung von Matrosen, die sich Vergehen gegen die Disziplin oder gegen das gemeine Recht hatten zu schulden kommen lassen, doch wurden dahin für eine Nacht auch betrunkene Seeleute eingeliefert, ebenso wie Raufbolde, die in den Straßen oder Schankstätten dieses Stadtviertels aufgegriffen worden waren, wo es nicht minder lärmend und streitsüchtig zuging als in Dunedin, wo Vin Mod Len Cannon und dessen Genossen angeworben hatte.

Sexton, Kyle und Bryce hatten, so sehr sie es auch wünschten, Hobart-Town noch nicht verlassen. Es widerstrebte ihnen aber, Len Cannon unter einer schweren Anschuldigung der Hand der Justiz ausgeliefert zu wissen. Außerdem aber waren sie in der Angelegenheit des »James-Cook« als Zeugen vorgeladen, und Vin Mod beabsichtigte, ihnen noch im letzten Augenblicke eine möglichst entlastende Aussage in den Mund zu legen. Er traf sie alle Tage, denn sie hatten auch in den Fresh-Fishs, einer elenden Spelunke, Unterkommen gesucht, wo sich Vin Mod, wie wir wissen, unter seinem richtigen Namen eingemietet hatte. Sobald die drei Matrosen den nach der Ankunft der Brigg bezogenen Lohn verzehrt, in der Hauptsache vertrunken hatten, wollte Vin Mod ihnen helfend beispringen und sie aus der Verlegenheit reißen, wie er ja schon dem Wirt des Gasthauses für sie gut gesagt hatte. Sexton, Bryce und Kyle bemühten sich deshalb auch gar nicht, wieder Heuer auf einem Schiffe zu bekommen.

»Wartet nur. geduldet euch nur! hatte Vin Mod ihnen wiederholt zugeredet. Das eilt ja nicht. Was zum Teufel. Freund Balt wird euch ja als Zeugen aufrufen, und dann werden wir denen schon den Schnabel stopfen, die ihn anklagen wollen, ihn und euern Kameraden Len Cannon!. War es denn nicht unser Recht, den verwünschten Holländer als Passagier in seine Kabine zu weisen, die Führung der Brigg wieder dem braven Engländer in die Hand zu geben, der doch einmal der Kapitän des Schiffes war?. Hab' ich recht?. Nicht wahr? Nun, gerade das hat Flig Balt tun wollen, und deshalb sollte man ihn verurteilen? Dasselbe hat Len Cannon beabsichtigt, und ganz dasselbe wir andern! Glaubt mir nur, liebe Freunde, unser früherer Bootsmann wird freigesprochen und Len Cannon verläßt gleichzeitig mit ihm das Gefängnis!

- Droht uns aber, wendete Bryce ein, nicht auch nach die Gefahr, verhaftet und in dasselbe Loch wie Len Cannon eingesperrt zu werden?

- Nein, versicherte Vin Mod, ihr habt ja als Zeugen aufzutreten. nur als Zeugen. und wenn Len Cannon wieder zu Schiffe geht, um nach Neuseeland oder anderswohin zurückzukehren, so werdet ihr euch ihm anschließen. Für ein Schiff, und zwar ein gutes, sorge ich im Verein mit Freund Balt, und dann haben wir vielleicht mehr Glück, als mit dem 'James-Cook'!«

Mit solchen Reden wußte Vin Mod die Kameraden Len Cannons in Hobart- Town zurückzuhalten, vielleicht auch mit dem Hintergedanken, daß sie in der bevorstehenden

Gerichtsverhandlung eine Rolle spielen sollten, die ihm helfen sollte, für den Bootsmann eine Freisprechung zu erzielen.

Und während er unheimliche Pläne schmiedete, die im Fall des Gelingens die Gebrüder Kip ins Unglück stürzen müßten, ahnten die beiden, von ihren Geschäften in Anspruch genommenen Holländer nicht das geringste von dem, was ihnen drohte.

Unter der Leitung Karl Kips ging die Befrachtung des »Skydnam« in regelrechter Weise vor sich, die Reparaturen wurden mit Unterstützung von Handwerkern des Hafenortes vorschriftsmäßig ausgeführt, so daß die Abfahrt voraussichtlich an dem dafür angesetzten Tage stattfinden konnte.

Die Firma Arnemniden erkannte sehr bald den Pflichteifer und die Intelligenz des von ihr erwählten Schiffsoffiziers. Auch der Kapitän Fork sparte nicht mit seinem Lobe, da er sah, daß Karl Kip mit allen Arbeiten, die dem Obersteuermann auf einem Schiffe zufallen, aufs beste vertraut war. Hawkins erntete deshalb so manchen Glückwunsch und herzlichen Dank von dem Handelshause.

»Wenn Ihr Schützling sich in der Schiffsführung ebenso geschickt erweist, sagte eines Tages der Kapitän Fork, so erkläre ich ihn für einen vollendeten Seemann!

- Zweifeln Sie daran nicht, erwiderte der Reeder, nein. zweifeln Sie nicht! Wir haben das ja an Bord des 'James-Cook' beobachten können. Hat er dafür nicht vollgültige Beweise geliefert, als er da aus eigenem Antriebe, wie instinktmäßig, die Führung unseres Schiffes in die Hand nahm? Ich habe es keinen Augenblick zu bereuen gehabt, daß ich ihn an die Stelle des elenden Flig Balt setzte, der uns dem Untergange nahe gebracht hatte. Ja gewiß, Karl Kip ist ein richtiger, zuverlässiger Seemann!

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