machen, was du getan hast, und wieder das aus der Familie machen, was sie vor dir war. Das, was sie sein soll.«
»Menschen werden sterben, Martha.«
»Sollen sie doch! Sollen sie den Preis fur ihre Treulosigkeit zahlen!«
Penny trat vor; sie wirkte tatsachlich schockiert. »Aber … Matriarchin? Was ist mit
»Lasst mich allein!«, sagte Martha Drood. »Ich bin mude.«
Penny und ich gingen zuruck durch das Vorzimmer, Seite an Seite. Die wartenden Leute schienen verblufft, uns beide zusammen zu sehen, hatten aber genug Verstand, um nichts zu sagen. Diejenigen, die ich aus dem Schlafzimmer geschmissen hatte, hatten nichts Eiligeres zu tun, als an mir vorbeizusturzen, begierig darauf, die Matriarchin zu fragen, was gerade vorgefallen war. Ich fragte mich, wie viel sie ihnen wohl erzahlen wurde. Wieder auf dem Gang, schloss ich die Tur zur Suite fest hinter mir und setzte an, mit Penny zu sprechen, hielt dann aber inne und fuhrte sie ein Stuck weiter den Korridor hinunter. Nur fur den Fall, das jemand das Ohr an die Tur gedruckt haben sollte. Ich hatte es ihnen zugetraut - ich an ihrer Stelle hatte es auch getan.
»Penny«, begann ich, »du siehst ja, wie die Dinge liegen. Ich brauche deine Hilfe. Ich bitte dich aus demselben Grund darum, aus dem ich die Matriarchin gebeten habe: weil ich das nicht allein machen kann. Hilf mir, die Angelegenheiten zu fuhren - um der Familie willen!«
Penny betrachtete mich nachdenklich, und ihr kuhler Blick war so unleserlich wie immer. »Was genau hast du dir da vorgestellt? Soll ich deine Sekretarin sein?«
»Tritt meinem Inneren Zirkel bei! Hilf, die Politik zu bestimmen! Hilf, Entscheidungen zu treffen, auf die es ankommt!«
Einen Moment lang wirkte sie richtig schockiert, und ich musste lacheln. Was sie auch zu horen erwartet hatte - das war es nicht gewesen. Eine Zugehorigkeit zum Inneren Zirkel wurde ihr wirkliche Macht innerhalb der Familie geben und eine echte Chance, mich zu beeinflussen. Sie holte tief Luft, was interessante Sachen mit ihrem engen wei?en Pullover anstellte, und war sofort wieder ihr altes, kuhles und beherrschtes Selbst.
»Warum zum Teufel solltest du jemand wie mich wollen, eine Hardliner-Traditionalistin?«
»Um dafur zu sorgen, dass ich redlich bleibe«, sagte ich. »Um mir die Dinge zu erzahlen, die ich wissen muss, ob ich sie horen will oder nicht. Um mich im Zaum zu halten, wenn ich zu weit gehe; wenn ich versuche, Anderungen zu rasch durchzusetzen. Oder um mich anzuspornen, wenn ich anfange zu zweifeln. Du warst immer die Vernunftige, Penny. Das hort sich schrecklich an, ich wei?, aber Fakten sind Fakten. Wenn ich dich nicht davon uberzeugen kann, dass etwas richtig oder notwendig ist, dann ist es das moglicherweise nicht. Und … du wei?t verdammt viel mehr uber das Fuhren solcher Angelegenheiten und die Organisation von Menschen als ich.«
»So ziemlich jeder wei? mehr uber diese Dinge als du«, bemerkte Penny. »Ich musste Stunden damit zubringen, deine Missionsberichte in Ordnung zu bringen, bevor ich sie weiterleiten konnte.«
»Also, was sagst du? Bist du dabei?«
»Hatte ich einen offiziellen Titel? Ich wollte schon immer einen offiziellen Titel!«
»Wie ware es mit
»Ja«, meinte Penny, »damit konnte ich leben.«
»Aber zuerst«, fuhr ich fort, »muss ich dich etwas fragen, Penny: Warst du ein Teil der Null-Toleranz- Fraktion?«
»Nein«, antwortete Penny sofort. »Sie hatten ein paar gute Ideen, aber ich halte nichts von Splittergruppen innerhalb der Familie.«
»Noch ein guter Grund, weshalb ich dich auf meiner Seite haben will.«
»Was fuhrt dich zu der Annahme, dass ich auf deiner Seite bin?«
Jetzt war die Reihe an mir, sie nachdenklich zu betrachten. »Du bist jahrelang meine Kontaktperson gewesen«, sagte ich endlich. »Du kennst mich besser als die meisten. Du kennst die Dinge, die ich fur die Familie gemacht habe; die Auftrage, die sie mir gegeben haben, weil sie zu gefahrlich oder zu schmutzig fur jemand anders waren. Du wei?t, dass ich immer an das geglaubt habe, wofur diese Familie ursprunglich stehen sollte. Ich will die Familie nach ihrem eigenen Leitbild wiederaufbauen, nicht nach meinem.«
»Wider bessere Einsicht denke ich, dass ich dir das glaube«, sagte Penny. »Ich bin mir aber nicht sicher, dass ich an
»Naturlich nicht!«, sagte ich. »Du kennst mich besser als die meisten.«
Wir rangen uns beide ein schwaches Lacheln ab. Ich sah auf die Uhr und zuckte zusammen.
»Der Innere Zirkel wartet im Sanktum schon auf mich«, sagte ich. »Komm mit, und ich werde dich einfuhren.«
»Da gibt es einen anderen Ort, wo wir zuerst hinmussen«, erklarte Penny bestimmt. »Vertrau mir, Eddie; du musst unbedingt sehen, was unten im Lageraum vor sich geht.«
»Oh, verflucht!«, sagte ich. »Das wird wieder einer von diesen Tagen, stimmt's?«
Also gingen wir nach unten in den Lageraum. Was so viel hie? wie, die ganze Strecke bis zum Nordflugel zu gehen, dann unter die Erde und an den ganzen Sicherheitsvorkehrungen und den Goblinwachhunden vorbei und schlie?lich in den gewaltigen, mit Stahl ausgekleideten Steinsaal zu gelangen, in dem der Lageraum der Familie untergebracht ist. Es ist jedes Mal ein Anblick, der einen fast aus den Latschen kippen lasst: das Nervenzentrum all unserer geheimen Kriege und der unsichtbaren Armeen, die am Tag und in der Nacht zusammenprallen. Riesige Bildschirme bedeckten die Wande und zeigten jedes Land und jede gro?ere Stadt auf der Welt, dazu einen ganzen Haufen Orte, deren Wichtigkeit nur Leuten wie uns bekannt ist. Helle bunte Lichter zeigten Personen an, die wir beobachteten, und aktuelle Probleme, fur die wir uns interessierten.
In langen Reihen sa?en Familienmitglieder an ihren Bildschirmarbeitsplatzen und konzentrierten sich auf ihre Tatigkeit, um mich nicht ansehen zu mussen. Hellseher beobachteten potenzielle Unruheherde mit ihren Gedanken, wahrend Techniker an Computern, die mehr als nur dem neuesten technischen Standard entsprachen, fur den hypermodernen Nachrichtendienst arbeiteten. Die meisten unserer geheimen Kriege werden in diesem Raum aufgrund unserer uberlegenen Planung und Kenntnisse gewonnen, bevor auch nur ein einziger Schuss abgegeben wird. Und dennoch war etwas entschieden nicht in Ordnung im Lageraum. Ich ging langsam um die Arbeitsplatze herum, guckte den Leuten uber die Schulter und betrachtete mit finsterer Miene die Bildschirme an den Wanden. Penny schlenderte neben mir einher und sagte nichts, sondern lie? es mich selbst herausfinden.
»Es ist nichts los!«, stellte ich schlie?lich fest. »Die Karten an den Wanden mussten strahlen wie die Weihnachtsbaume und am Operationsplanungstisch musste es summen wie in einem Bienenstock, aber es ist nichts los! Das … hat es noch nie gegeben!«
»Weshalb ich wollte, dass du es mit eigenen Augen siehst«, sagte Penny. »Damit du eine Vorstellung davon bekommst, wie die Welt zurechtkommt, wenn die Familie ihr nicht uber die Schulter guckt. Die Monitore sind dunkel, weil alle zu verwirrt und zu verangstigt sind, um etwas zu unternehmen: Sie wissen nicht, wieso wir so ruhig geworden und wieso so viele unserer Frontagenten plotzlich von der Bildflache verschwunden sind. Haben wir Schaden genommen, sind wir schwach - oder fuhren wir blo? eine unserer teuflisch komplizierten und ausgeklugelten Operationen durch, die dazu gedacht sind, die Leute hinters Licht zu fuhren und dann hart gegen sie vorzugehen, sobald sie torichterweise den Koder geschluckt haben? Es ware schlie?lich nicht das erste Mal. Aber schau dich mal um, Eddie; siehst du, wie angespannt alle sind?«
»Ich dachte, das lage nur an meiner Anwesenheit.«
»Ach, bild dir nur nichts ein! Hier stehen alle unter hei?em Tee und Adrenalin und warten darauf, dass die Bombe platzt. Sie warten ab, welches Land oder welche Organisation oder welches Individuum endlich etwas anfangt, einfach nur um herauszufinden, wie viel man sich erlauben kann.«
»Keins der Lichter zeigt Agenten im Au?eneinsatz!«, bemerkte ich plotzlich. »Keine laufenden Operationen.«
»Weil es keine gibt«, erklarte Penny. »Nachdem du der Familie die goldenen Torques weggenommen hattest, blieb den Agenten im Au?endienst nichts anderes ubrig, als unterzutauchen; andernfalls waren sie ohne ihre Rustung hilflos und verwundbar zuruckgeblieben. Wir konnen uns nicht leisten, dass irgendeiner unserer Feinde davon Wind bekommt. Noch nicht. Bisher ist noch keiner getotet worden, aber es ist nur eine Frage der