sucht. Er wei? Dinge, die sonst niemand wei?. Und er steht in Kontakt mit allen moglichen machtigen Gruppen und Individuen, die nicht mal im Traum daran denken wurden, direkt mit uns zu reden. Wir brauchen den Maulwurf und seine Quellen.«

»Nun, unglucklicherweise weigert sich der Maulwurf, seine Hohle zu verlassen«, sagte Penny. »Auch wenn wir alles getan haben, um ihn von seiner Sicherheit hier zu uberzeugen. Er hat sehr deutlich gesagt, dass er sein Refugium auf keinen Fall verlassen wird. Aber du musst ihn beeindruckt haben, weil er sich einverstanden erklart hat, mit uns Informationen daruber zu suchen, was die Abscheulichen vorhaben und uber die moglichen Standorte anderer Nester. Gerade jetzt ist er in einer Telefonkonferenz mit ein paar unserer besten Technogeeks und zweifellos bringt er ihnen alle moglichen ublen Tricks bei.«

Ich nickte und ging ein wenig langsamer. Penny hatte angefangen zu keuchen. »Das ist das Beste, was wir beim Maulwurf erreichen konnen«, sagte ich. »Ich werde spater mit ihm reden. Sind noch mehr Vogelfreie aufgetaucht?«

»Wir haben allen die Nachricht zukommen lassen. Aber es liegt an ihnen, uns zu kontaktieren. Und viele von ihnen haben einen guten Grund, vorsichtig zu sein. Also, das ist alles an Neuigkeiten, was ich auf Lager hatte. Ich bin dann mal weg. Ich habe noch einiges vor.«

»Jemand Bestimmtes?«, fragte ich. Es musste etwas in meiner Stimme gelegen haben, denn sie bedachte mich mit einem stechenden Blick.

»Nicht, dass es dich etwas anginge, aber ja. Ich treffe mich mit Mr. Stich.«

»Du willst doch nicht wirklich mit ihm reden«, sagte ich. Ich hielt an und sie mit mir. Ich sah sie nachdenklich an. Sie hatte einen grimmigen, trotzigen Gesichtsausdruck, also wahlte ich meine Worte sorgfaltig.

»Du wei?t nicht, was er ist, Penny. Ich habe einige seiner Opfer gesehen. Oder was von ihnen ubrig war; aufgeschnitten, ausgeweidet. Ich habe einmal in einem seiner Verstecke seine alten Opfer gesehen, sie sa?en arrangiert um einen Tisch herum, ausgestopft und mumifiziert, damit er ihren Tod wieder erleben und sich daran weiden konnte. Er konservierte ihren Schrecken und ihre Schreie. Er ist nicht menschlich, Penny. Nicht mehr. Er hat sich damals, 1888, zu etwas ganz anderem gemacht.«

»Du kennst ihn nicht so wie ich«, sagte Penny. »Du hast dir nie die Zeit genommen, mit ihm zu reden und ihm zuzuhoren, so wie ich. In ihm steckt mehr, als du denkst. Er braucht Hilfe, jemand, dem es wichtig genug ist, dass er sich andert. Jeder kann gelautert werden, Eddie.«

Ich suchte immer noch nach etwas, was ich ihr sagen konnte, als sie sich auf dem Absatz umdrehte und davonging. Ich hatte ihr nachgehen konnen, doch ich tat es nicht. Es hatte nichts genutzt. Einige Leute wollten nicht belehrt werden. Sie mussten es selbst erfahren, manchmal auf die brutale Art. Und welcher Mann verstand schon, was eine Frau in einem anderen Mann sah? Vielleicht konnte Mr. Stich ja gerettet werden. Molly glaubte an ihn. Ich … nicht. Das war Mr. Stich: Ein Morder und Killer von Frauen seit uber einem Jahrhundert. Ein Jahrhundert des Metzelns, von Frauen, die vielleicht ebenso geglaubt hatten, ihn zu verstehen, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er das Messer zog. Also ging ich und suchte mir eine stille Ecke, verriegelte die Tur und befahl Merlins Spiegel, mir zu zeigen, was Penny und Mr. Stich so vorhatten.

Du benutzt den Spiegel zu oft, hatte Molly gesagt. Du wirst davon abhangig. Aber ich tat nur, was ich tun musste. Fur die Familie.

Penny und Mr. Stich spazierten durch den Park hinunter zum See. Der Himmel war sehr blau, die Baume wiegten sich in einer starken Sommerbrise hin und her und schneewei?e Schwane segelten majestatisch uber das Wasser des Sees. Penny schnalzte mit der Zunge, um sie anzulocken, aber keiner von ihnen kam naher, solange sie Mr. Stich bei sich hatte. Die beiden gingen nebeneinander her, lachelten und sprachen miteinander wie alte Freunde.

»Also«, meinte Penny. »Gefiel es Ihnen, all die Abscheulichen zu toten?«

»Nicht wirklich«, erwiderte Mr. Stich. »Sie sind nicht gestorben wie normale Leute. Es gab kein wirkliches Leiden, keinen Schrecken in ihren Augen und das ist nun einmal das A und O fur mich.«

»War das Ganze so ein Desaster, wie Harry die ganze Zeit behauptet?«

»Nein«, sagte Mr. Stich nach einer nachdenklichen Pause. »Wir haben die Abscheulichen davor zuruckgehalten, ihren unheiligen Meister von der Anderen Seite herzuholen. Ihren Turm zerstort, die meisten von ihnen getotet und die anderen zerschlagen. Edwin hat den Plan entwickelt, der das moglich gemacht hat. Wenn er das nicht getan hatte, wenn dieses Wesen durchgekommen ware, dann ware das eine Katastrophe gewesen, und die ganze Welt hatte dafur gezahlt. Die Menschheit selbst ware vielleicht ausgeloscht worden … Vielleicht sogar ich. Es war ein interessantes Ereignis, mich von Angesicht zu Angesicht einer Kreatur gegenuber zu finden, die noch bosartiger ist als ich.«

»Fuhlen Sie immer noch den Drang zu toten?«, fragte Penny plotzlich. »Oder sind Sie nun befriedigt?«

»Ich fuhle den Drang immer noch«, meinte Mr. Stich. »Ich fuhle ihn immer.« Er sah sie offen an. »Warum suchen Sie mich auf, Penny? Sie wissen, was ich bin. Was ich Frauen antue. Wollen Sie, dass ich es Ihnen antue?«

»Naturlich nicht!«

»Also warum, Penny?«

»Niemand ist je so schlimm, wie von ihm gesagt wird«, antwortete sie nach einer Weile.

»Ich bin es.«

»Vielleicht. Ich habe alle Geschichten gehort. Aber ich wollte den Mann hinter den Geschichten kennenlernen. Etwas zieht mich zu Ihnen hin.« Penny sah in sein Gesicht und hielt seinem kalten Blick unbeirrt stand. »Jeder kann gerettet werden. Jeder kann wieder ins Licht gebracht werden. Ich habe immer daran geglaubt.«

»Was, wenn man nicht gerettet werden will?«

»Wenn das wahr ware«, sagte Penny, »dann hatten Sie Ihr Wort Molly gegenuber bereits gebrochen. Sie leben hier mit uns, umgeben von Versuchung, aber Sie tun nichts. Molly sagte, Sie seien ein guter Freund von ihr.«

»Molly glaubt, was sie glauben will.«

»Das tue ich auch«, sagte Penny. »Und jetzt genug geredet uber dunkle und unerfreuliche Dinge! Ich werde Sie fur eine Weile davon ablenken.«

Mr. Stich nickte langsam. »Ja. Sie waren vielleicht dazu in der Lage.«

»Ich dachte, ein Picknick ware nett«, sagte Penny frohlich. »Ich habe einen Korb mit allem gepackt, was man dazu braucht, in dem kleinen Waldchen da druben. Sollen wir?«

»Warum nicht?«, sagte Mr. Stich. »Es ist lange her, dass ich etwas so … Zivilisiertes getan habe.«

»Wir mussen uns einfach besser kennenlernen«, sagte Penny. »Wie lange ist es her, dass Sie mit jemandem vollig frei haben reden konnen? Wie lange ist es her, dass einfach jemand dasa? und Ihnen zugehort hat?«

»Lange«, meinte Mr. Stich. »Ich bin seit einer sehr langen Zeit allein.«

»Ich kann Sie nicht immer Mr. Stich nennen. Haben Sie keinen Vornamen?«

Er lachelte. »Nennen Sie mich Jack.«

»Ach, Sie!«

Und sie gingen Arm in Arm zusammen davon.

Ich steckte Merlins Spiegel weg und rannte mit Hochstgeschwindigeit zum Haupteingang. Ich wollte nicht, dass Penny mit Mr. Stich alleine war, weit weg von jeder Hilfe. Ich glaubte zwar nicht, dass er eine Drood direkt vor Drood Hall angreifen wurde, aber … Ich lief durch die Hallen und Verbindungsraume und alle Familienmitglieder wichen zuruck und machten mir gro?zugig Platz. Einige warfen mir bose Blicke zu, einige murmelten etwas vor sich hin, aber keiner hatte mir etwas zu sagen. Auch gut. Ich hatte ihnen auch nichts zu sagen. Als ich endlich zum Haupteingang kam, wartete Molly dort auf mich, zusammen mit einem Bekannten und einem Fremden. Sie hatte sie beide geradezu gemein an den Ohren gepackt und ubte gerade genug Druck aus, um sie beide still zu halten. Sie warfen ihr wutende Grimassen zu.

»Schau mal, wen ich gefunden habe!«, sagte sie frohlich. »Die haben hier im Park herumgeschnuffelt.«

»Wir haben nicht geschnuffelt!«, protestierte das Gesicht, das mir bekannt vorkam, mit so viel Wurde, wie man aufbringen konnte, wenn einem jemand das Ohr in einen fiesen Knoten dreht. »Wir haben uns nur Zeit gelassen, entdeckt zu werden.«

Вы читаете Krieg der Wachter
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату