daraus hervor. Als sie ihn in die lodernden weißen Feuer warf, stiegen Wolken schwarzen Rauchs auf. Und die Markierung für das Portal verschwand. Swetlana hatte es nicht geschafft!
»Du lässt mir keine Wahl, Lichter…«Arina setzte ein schiefes Lächeln auf. »Hast du verstanden? Ich werde dich ermorden müssen, und deine Tochter wird niemandem mehr nützen. Was willst du mit deinem zweiten Grad schon ausrichten?«
In diesem Moment traf ein lodernder weißer Keil Arina im Rücken. Einen Moment lugte er aus ihrer Brust heraus, dann zog er sich langsam, einer unsichtbaren Hand gehorchend, zurück.
»Ah, ah, ah…«, stöhnte die Hexe, die unwillkürlich nach vorn stürzte.
Die Feuerschneide loderte im
Die Hexe schien sich bereits von dem Schlag erholt zu haben. Tänzelnd wich sie zurück, ohne Swetlana aus den Augen zu lassen. Von dem angesengten Riss in ihrem Kleid stieg Rauch auf, Blut floss jedoch nicht. In ihren Augen stand eher Respekt als Hass zu lesen.
»Ach du… Große…«Arina stieß ein krächzendes Gelächter aus. »Habe ich dich übersehen?«
Swetlana antwortete nicht. Nie hätte ich mir einen solchen Hass in ihren Augen vorstellen können: Ein Mensch wäre gestorben, wenn er sie bloß angesehen hätte. In ihrer rechten Hand hielt sie ein weißes Schwert, die Finger ihrer linken fuhrwerkten in der Luft herum, als drehten sie an einem unsichtbaren Zauberwürfel.
Das
»Aus welcher Schicht bist du gekommen, du Irrlichternde?«, fragte die Hexe fast gutmütig. »Doch wohl nicht aus der vierten? Aber die dritte habe ich abgesucht…«Ich spürte, dass ihr sehr, sehr viel an der Antwort lag. »Aus der fünften«, sagte Swetlana plötzlich.
»Das ist nicht gut…«, murmelte die Hexe. »Das schafft sie, die Wut einer Mutter…«Sie linste aus den Augenwinkeln zu mir herüber, richtete den Blick dann jedoch wieder auf Swetlana. »Behalte besser für dich, was du dort gesehen hast…»
»Spar dir deine klugen Ausführungen«, meinte Swetlana. Die Hexe nickte. Abrupt krempelte sie die Ärmel hoch und riss sich ein paar Haare aus. Ich weiß nicht, ob Swetlana damit gerechnet hatte - ich hielt es jedoch für geboten wegzuspringen. Woran ich gut tat: Um die Hexe herum toste ein schwarzer Schneesturm los, als ob sich jedes einzelne Haar in eine dünne, feine Klinge aus schwarzem Stahl verwandelt hätte. Die Hexe ging auf Swetlana zu. Diese schleuderte das weiße Schwert gegen die Hexe. Die Klingen zerstückelten es jedoch, löschten es aus. Daraufhin bildete sich vor Swetlana ein durchscheinender, durch die Luft gleitender Schild. Ich glaube, er heißt»Lushin-Verteidigung«.
Lautlos und fast unverzüglich zerbrachen die Klingen an dem Schild.
»Ach, diese Mamotschkas…«, sagte Arina kläglich. Komisch, aber ich hegte keinen Zweifel daran, dass sie das ernst meinte. Gleichzeitig war es theatralisch, für ein Publikum gedacht. In dem Fall für mich.
»Ergib dich, du Miststück«, sagte Swetlana. »Noch biete ich dir das an: dich zu ergeben!«
»Und wenn… wenn ich tatsächlich…«, meinte Arina plötzlich. »Was dann?«
Diesmal hatte sie nicht nach ihren Amuletten gelangt. Sondern nur in einer Art Singsang ihre Knittelverse vorgetragen.
Von Arina hatte ich alles Mögliche erwartet. Aber nicht das.
Selbst bei den Dunklen trifft man nur selten echte Nekromanten an.
Langsam stiegen die Toten aus der Erde!
Die deutschen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg zogen abermals in den Kampf!
Vier in Lumpen gehüllte Skelette. Zwischen den Knochen klebte Erde, das Fleisch war längst zerfallen. Sie stellten sich im Kreis um Arina herum auf. Einer torkelte blind auf mich zu, fuchtelte ungeschickt mit den fingerlosen Händen; die Fingerknochen waren vollständig verrottet. Bei Jedem Schritt des plumpen Zombies fielen Erdklumpen herunter. Die drei andern unglückseligen Monster bewegten sich auf Swetlana zu. Einer von ihnen hielt sogar eine schwarze Maschinenpistole in den Händen, deren Magazin jedoch fehlte.
»Kannst du die Rote Armee auferstehen lassen?«, schrie Arina keck.
Das hätte sie besser nicht getan. Swetlana schien zu versteinern. »Mein Großvater hat den Krieg mitgemacht«, presste sie zwischen den Zähnen hervor. »Glaubst du, du kannst mir damit Angst einjagen?«
Was sie tat, kriegte ich nicht mit. Ich hätte die»graue Andacht«eingesetzt, doch sie griff auf höhere Magie zurück, die mir verschlossen war. Die Zombies zerfielen zu Staub. Swetlana und Arina starrten sich feindselig an. Der Spaß hatte ein Ende.
Jetzt würden die Zauberin und die Hexe ihre Kräfte in einem offenen Zweikampf messen.
Ich nutzte die kurze Pause, um ebenfalls Kraft zu sammeln. Sollte Swetlana überraschend ins Hintertreffen geraten, würde ich zuschlagen… Doch es war Arina, die das Nachsehen hatte.
Als Erstes fiel ihr das Gewand vom Körper. Einen Mann hätte das sicher demoralisiert.
Dann fing die Hexe an, mit ungeheurem Tempo zu altern. Das prächtige schwarze Haar verwandelte sich in einen erbärmlichen weißgrauen Mopp. Die Brüste fielen ein, Arme und Beine trockneten aus. Sie sah aus wie die Hexe Gingema aus den Märchen von Wolkow, wie die Gagool von Rider Haggard.
Schluss mit den schönen Effekten. »Name!«, schrie Swetlana. Arina zögerte nur kurz.
Der zahnlose Mund bewegte sich. »Arina…«, nuschelte sie. »Ich bin in deiner Macht, Zaubermeisterin…«
Erst jetzt entspannte sich Swetlana - und schien förmlich in sich zusammenzusacken. Ich ging um die ruhig gestellte Arina herum, um meine Frau zu stützen.
»Schon gut… ich halte mich.«Swetlana lächelte. »Es hat geklappt.«
Die Alte - meine Zunge weigerte sich, sie Arina zu nennen - sah uns traurig an.
»Erlaubst du ihr, ihr bisheriges Aussehen wieder anzunehmen?«, fragte ich.
»War das etwa ansprechender?«, versuchte Swetlana zu scher zen.
»Sie kann jeden Augenblick an Altersschwäche sterben«, sagte ich. »Schließlich ist sie über zweihundert Jahre alt…«
»Soll sie doch verrecken…«, murmelte Swetlana. Von unten herauf sah Swetlana Arina an. »Hexe! Ich erlaube dir, jünger zu werden!«
Zügig richtete sich Arinas Körper auf, strömte Leben in ihn. Gierig rang die Hexe nach Luft. Sie sah mich an. »Danke, Zauberkundiger…«, sagte sie.
»Gehen wir hier raus«, befahl Swetlana. »Und keine Dummheiten… Ich habe dir nur das Recht eingeräumt, das
Die ganze Kraft der Hexe - jener Teil, der nicht mit der Kleidung und den Amuletten verschwunden war - unterlag jetzt der uneingeschränkten Kontrolle Swetlanas. Bildlich gesprochen hatte sie die Hand am Hebel.
»Zauberkundiger…«, brachte Arina heraus, ohne den Blick von mir zu wenden. »Nimm als Erstes die Schilde von deiner Tochter. Unter ihr liegt eine Granate mit herausgezogenem Sicherungssplint. Die kann jede